Noch zwei Siege bis zur Unsterblichkeit

Brett Favre läuft weiter auf dem Weg zur Unsterblichkeit. Dem ruhmreichen Abschluss einer beispiellosen Karriere ist Quarterback Brett Favre ein gehöriges Stück näher gekommen. Mit vier Touchdown-Pässen hatte der 40-Jährige einen großen Anteil daran, dass die Vikings die Gäste aus Dallas mit 34:3 besiegten und nunmehr gegen die New Orleans Saints im NFC Championship um den Einzug ins Finale spielen.

Der Kantersieg der Vikings setzte ein Ausrufezeichen hinter eine Saison, in der die Vikings alle acht Heimspiele für sich entschieden, und hinter ein Playoff-Spiel, das endgültig den Unterschied zur Vorsaison markierte. Schließlich war Brett Favre verpflichtet worden, um das Playoff-Gespenst zu vertreiben: Auch in der Vorsaison war es Minnesota gelungen, die Playoffs zu erreichen, doch dort war man dann zu Hause ausgeschieden, in einer Art und Weise, die Head Coach Brad Childress daran zweifeln ließ, Quarterback Tarvaris Jackson könnte der richtige Mann dafür sein, die Vikings ins Endspiel zu führen.

Der Gegner damals hieß Philadelphia. Eben jene Eagles, die nun von den Cowboys überrannt worden waren am vergangenen Wochenende. Passend dazu hatten die Vikings-Verteidiger spöttisch auf die Frage geantwortet, wie denn der schier überragende Laufangriff der Cowboys zu stoppen wäre, die Vikings seien eben die Vikings. Und sie spielten sie auch. Der Laufangriff der Gäste kam nicht zur Entfaltung, sondern zum Erliegen. Und dass Running Back Felix Jones – nach Raumgewinn erfolgreichster Läufer seines Teams, wenn man von Erfolg überhaupt reden konnte – 69 Raumgewinn verzeichnen konnte, verzerrte das Bild ein wenig. Denn Jones verbuchte zum Schluss der Partie, als schon alles gelaufen war, noch etliche Yards, die zwar seine Statistik schönten, am katastrophalen Ausgang aus Sicht der Gäste jedoch nichts zu ändern vermochten.

Die wie entfesselt aufspielende Defense, angetrieben von den heimischen Fans und an gute, alte Zeiten im vergangenen November anknüpfend, als hätte es den Durchhänger im Dezember nie gegeben, und das Tandem Favre und Wide Receiver Sidney Rice, sie sorgten für die Schlagzeilen in einer Partie, die reich war an persönlichen Rekorden und Höhepunkten.

Zunächst war da die Serie der Vikings. Als einzige Defense der Liga hatte es Minnesota vermocht, den ersten Angriffsbemühungen des Gegners erfolgreich zu trotzen. Keinem einzigen Team war es gegen die Vikings gelungen, im ersten Drive des Spiels einen Touchdown zu erzielen. Das galt auch für die Cowboys. Das Kuriose daran: Die Abwehr der Vikings schien übermächtig zu sein, nur nicht in den ersten beiden Angriffsserien des Spiels. Dass die Gäste daraus kein Kapital schlugen, war einer der Schlüssel zum klaren Erfolg der Hausherren.

In der ersten Angriffsserie hatten die Cowboys zunächst eine ansprechende Serie vorgelegt, doch irgendwann wurde der Druck der Defensive Line der Vikings zu groß. Defensive End Ray Edwards riss Gäste-Quarterback Tony Romo den Ball aus den Armen, und die Vikings kamen in Ballbesitz.

Bei der zweiten Angriffsserie marschierten die Cowboys abermals scheinbar unwiderstehlich über das Feld, sahen sich dann aber um den Lohn ihrer Mühen gebracht, als Romo den Ball verlor. Die Cowboys blieben zwar in Ballbesitz, mussten sich jedoch mit einem Field-Goal-Versuch begnügen, der missglückte.

Insgesamt beförderten die Vikings-Verteidiger Romo sechs Mal hinter der eigenen Angriffslinie, die den Verlust von Tackle Flozell Adams zu keiner Phase des Spiels kompensieren konnte, unsanft zu Boden. Tight End Jason Witten, nicht gerade klein und schmächtig, war gegen die Attacken von Edwards, der allein drei Sacks verbuchte, und seinen Mitstreitern machtlos.

Dreimal verlor Romo den Ball, zweimal kamen die Vikings dadurch in Ballbesitz. Zudem zwang der kontinuierliche Druck der Vikings, der in seiner Wucht und Unnachgiebigkeit an die Vorstellung der Cowboys vor einer Woche gegen die Eagles erinnerte, Romo zu einer Interception, die die Gastgeber im dritten Viertel zu einem Field Goal ummünzen konnten.

Symptomatisch für die Situation von Romo war eine Szene Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit, als die Cowboys noch einmal vergeblich versuchten, wenigstens annähernd in Endzonen-Nähe zu kommen. Romo nahm den Ball und suchte krampfhaft nach einer Anspielstation, von einer Meute von Vikings-Verteidigern gehetzt. Er schlug mehrere Haken, fand keinen freien Mann und auch keinen anderen Ausweg, als sich auf den Boden zu werfen, um Schlimmeres für seine Gesundheit zu verhindern, nachdem ihn die Verteidiger gestellt hatten. Romo schlug mit Ball und Faust auf den Boden, und diese Szene war ebenso bezeichnend wie sein versteinertes Gesicht in der zweiten Halbzeit, Ausdruck der Frustration und der Einsicht, dass an diesem Tag gegen die Vikings ein Sieg unmöglich schien.

Das lag zum Großteil auch an Brett Favre, der eines seiner besten Spiele zeigte, was angesichts seiner langen Karriere und der stattlichen Zahl von 23 Begegnungen nach der regulären Saison, der so genannten Postseason, umso erstaunlicher war. Nie zuvor hatte ein derart alter Quarterback – Favre ist 40 – ein Playoff-Spiel bestritten, geschweige denn gewonnen. „Junge Hüpfer“ wie Fran Tarkenton und Johnny Unitas, beide 38-jährig, und Phil Simms, mit 39 Jahren, waren allesamt gescheitert bei dem Versuch, in einem für NFL-Akteure fortgeschrittenen Alter noch erfolgreich zu sein.

Favre war es – und wie: Nicht nur, dass er sich schnell vom Ball zu trennen verstand und die richtigen Entscheidungen traf. Er beeindruckte sowohl durch die Stärke seines Wurfarms, an der es noch zu Saisonbeginn gehörige Zweifel gegeben hatte – kurioserweise auch von Favre selbst –, als auch durch seine Fähigkeit, Verteidiger auszutanzen und dadurch sich und seinen Anspielstationen mehr Zeit zu verschaffen.

Im ersten Viertel stand er stark unter Druck und kurz davor, zu Boden gerissen zu werden, was ihn jedoch nicht daran hinderte, ein Geschoss über das Feld zu schicken, das an der linken Schulter des ahnungslosen Gerald Sensabaugh vorbeizischte und auf ebenso wundersame wie akrobatische Weise von Wide Receiver Sidney Rice mit einer Hand aus der Luft gefischt wurde. Ehe der Cowboys-Safety begriff, der Rice eigentlich mustergültig abgeschirmt hatte, was da gerade an seinem Ohr vorbeigesaust war, hatte Rice seinen ersten Touchdown erzielt.

Beim zweiten Touchdown von Rice hatte Favre Zeit gewonnen, indem er einen Wurf antäuschte und den heranstürmenden Verteidiger damit narrte und zögern ließ. Dies wiederum nutzte Rice, der zuvor noch Outside Linebacker DeMarcus Ware mit einem Block erfolgreich von den Beinen geholt hatte, um sich aufzurappeln und sich als Anspielstation für den in Bedrängnis geratenen Favre anzubieten. Favre lud ab, und die Vikings führten 14:3.

Favres vierter und letzter Touchdown-Pass, nie zuvor waren ihm in den Playoffs vier Touchdown-Pässe gelungen, kam kurz vor Schluss zu Stande. Überraschend hatten sich die Vikings dagegen entschieden, ein Field Goal zu versuchen. Drei Yards fehlten ihnen im vierten Versuch, um neue vier Versuche zu erreichen. Favre täuschte eine Ballübergabe an und warf dann abermals einen perfekten Pass in das linke Ende der Endzone, wo ihn nur Tight End Visanthe Shiancoe mittels Hechtsprung fangen konnte.

Für Favre war es die Krönung einer makellosen Vorstellung, die ihn nach dem Spiel auch entsprechend berührt in das Interview auf dem Spielfeld gehen ließ.
Berührt auf seine Weise, nämlich stinksauer, war hingegen Linebacker Keith Brooking, der emotionale Anführer der Cowboys. Während Favre und Verteidiger Jared Allen sich gegenseitig beglückwünschten an der Vikings-Seitenlinie, machte Brooking keinen Hehl daraus, was er davon hielt, dass die Vikings kurz vor Schluss das Ergebnis noch in die Höhe trieben, obwohl die Entscheidung längst gefallen war. Ein Schiedsrichter musste den geifernden Brooking schließlich an seine Seitenlinie geleiten – dort, wo ein versteinerter Romo saß.

Ladwig - 18.01.2010

Brett Favre läuft weiter auf dem Weg zur Unsterblichkeit.

Brett Favre läuft weiter auf dem Weg zur Unsterblichkeit. (© Getty Images)

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