Kampf um die Westküste
Noch während der Zweite Weltkrieg voll im Gange war, begann Arch Ward seine Planungen für eine zweite landesweite Profi-Liga. Dem Sportredakteur der Chicago Tribune, bekannt auch als Initiator des College All-Star Games, schwebte eine Liga mit Teams verstreut über das gesamte Land vor – und somit auch an der Westküste, die bislang von der NFL stiefmütterlich behandelt worden war. Am 3. Juni 1944 traf sich Ward mit Vertretern aus Buffalo, Chicago, Los Angeles, New York und San Francisco. Aus Cleveland hatte er bereits eine Zusage bekommen. Vervollständigt wurde die Liga durch Teams in Brooklyn und Miami. Unterstrichen wurden die ambitionierten Pläne durch die Namensgebung: Die Liga wurde "All-America Football Conference" getauft.
Als der Zweite Weltkrieg mit dem Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki und der anschließenden Kapitulation Japans am 9. August 1945 zu Ende ging, stand auch dem Startschuss der Liga, der ursprünglich bereits für 1945 geplant gewesen war, nichts mehr im Wege. Nun wurde langsam auch die NFL nervös: Um die Westküste nicht kampflos der AAFC mit ihren beiden Teams in Los Angeles und San Francisco zu überlassen, bewilligte die NFL schließlich im Januar 1946 den Umzug der Cleveland Rams nach Los Angeles, wenn auch zähneknirschend, denn Veränderungen jeglicher Art stand man in NFL-Kreisen grundsätzlich alles andere als aufgeschlossen gegenüber. Damit gingen die beiden Ligen in drei Städten auf direkten Konfrontationskurs: Chicago, New York und Los Angeles.
Rückhalt für seine AAFC bekam Ward nicht nur von wohlhabenden Investoren wie Tony Morabito (San Francisco 49ers) oder Arthur "Mickey" McBride (Cleveland Browns), sondern auch von einiger Prominenz: Hollywood-Schauspieler Don Ameche, Sänger Bing Crosby und Entertainer Bob Hope engagierten sich für das Team in Los Angeles, die Witwe von Baseball-Legende Lou Gehrig wurde Schatzmeisterin der Liga und der ehemalige Schwergewichtsweltmeister im Boxen Gene Tunney machte sich stark für eine Franchise in Baltimore (die erst 1947 realisiert wurde). Mit Dan Topping konnte sogar ein NFL-Teambesitzer abgeworben werden, einer der wohlhabendsten wohlgemerkt. "Alle Clubs werden finanziert von Männern mit Millioneneinkommen, die bereit sind, falls es nötig sein sollte, sich auf einen Kampf der Dollars mit der National Football League einzulassen", lautete Wards Kampfansage. Als Commissioner konnte bereits im November 1944 Jim Crowley gewonnen werden, einer der "Four Horsemen" von Notre Dame. Die Wahl war bewusst auf Crowley gefallen, da auch sein Gegenspieler bei der NFL, Commissioner Elmer Layden, aus demselben legendärem Backfield-Quartett stammte. Crowley war dort als Left Halfback im Einsatz gewesen, Layden hatte bei Notre Dame als Fullback agiert.
Eben jener war es dann auch, welcher der AAFC ungewollt den ersten PR-Coup bescherte. Im August 1945 veröffentlichte er eine Presseerklärung, in welcher er der AAFC vorschlug, sich zunächst einmal einen Ball zu besorgen. Mit dieser abfälligen Bemerkung katapultierte Layden, der kurz darauf seinen Hut nehmen musste, die AAFC erstmals landesweit in die Schlagzeilen aller großen Tageszeitungen. Dass dies innerhalb der AAFC zusätzlichen Ehrgeiz entfachte, es der NFL jetzt aber wirklich zu zeigen, war ein weiterer Effekt. Doch Layden hatte damit auch klargestellt, dass aus der anvisierten "World Series of Football" erstmal nichts werden würde: Ward & Co. hatten darauf spekuliert, dass die Meister aus AAFC und NFL, ähnlich wie später im Super Bowl, am Saisonende ihre Kräfte messen könnten.
Der Text stammt aus dem Buch "Von AFL bis NFL Europe" von Stefan Thoben - 292 Seiten - 29,90 Euro.
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