Stärken und Schwächen der Option Offense

Die große Stärke bezieht die "Option" aus ihrer Unberechenbarkeit. Bei jedem Spielzug gibt es permanent drei Angriffspunkte ("Triple Option"), wobei weder die Offense noch die Defense vor Beginn des Spielzuges wissen, an welchem Punkt die Attacke letztendlich erfolgen wird. Eine solche Vorgehensweise setzt die Defense extrem stark unter Druck. Jeder Abwehrspieler erhält eine genaue und präzise beschriebene, aber stark eingegrenzte Aufgabe, um die erwartete Option zu stoppen.

Dies widerspricht aber dem Naturell der Abwehrspieler, die es gewohnt sind, sich meistens auf Biegen und Brechen zum Ballträger vorzuarbeiten und diesen zu stoppen. Solche Reaktionen führen gegen eine "Option Offense" aber zum Desaster. Die Abwehrspieler müssen also kontrolliert und überlegt vorgehen, quasi mit angezogener Handbremse spielen, und dies ist nicht jedermanns Sache. Sehr oft sieht man deshalb von einer "Option Offense" viele Läufe mit nur wenig oder minimalem Raumgewinn und dann einige wenige, mit denen die Running Backs plötzlich bis zur Endzone durchbrechen. In solchen Fällen hat meistens ein Abwehrspieler die Kontrolle verloren und nicht entsprechend seiner strengen Vorgabe reagiert.

Darüber hinaus bietet diese Form des Footballs die Möglichkeit, auch mit weniger talentierten Spielern erfolgreich zu sein, ganz so wie es DeBerry beschrieben hat. Eine körperliche Dominanz an der Line of Scrimmage gegenüber dem Gegner ist nicht erforderlich. Kleinere, aber dafür wendige Offensive Linemen reichen aus, um ein positives Ergebnis zu erzielen. Ein Grund, weshalb die Militärakademien, die regelmäßig nicht die größten Talente anziehen, sich für diese Offense entschieden haben. Die etwas niedrigeren geforderten Voraussetzungen gelten auch für die Running Backs, mit Ausnahme des Fullbacks. Dieser sollte über entsprechende körperliche Attribute verfügen, da er oft direkt in das Herz der Abwehr vorstoßen muss.

Auch die Anforderungen an den Quarterback sind, je nach Art der Option, sehr hoch. Vor allem sollte dieser ein reaktionsschneller und wendiger Spieler sein, wobei diese Fähigkeiten weitaus wichtiger als sein Wurftalent sind. In den heutigen "Spread Option Offenses", die einen ebenso großen Wert auf das Passspiel legen, steigen die Anforderungen noch einmal erheblich an. Hier sind die Quarterbacks oftmals die Alleinunterhalter in der Offense, da sie als Passgeber und Läufer gleichzeitig fungieren, fast so wie der "Tailback" in den Anfangszeiten der "Single Wing". Quarterbacks mit diesen Fähigkeiten sind aber rar gesät.

Die Schwächen sind allen "Option Offenses" gemein. Sie bergen, durch die häufige angetäuschte oder vollzogene Wechselei des Balles zwischen den verschiedenen Spielern, eine extrem hohe Gefahr von Ballverlusten. Deshalb ist ein hohes Maß an Ballsicherheit bei den Spielern unerlässlich. Entsprechend viel Trainingszeit muss daher auf diesen Punkt verwandt werden.

Einer der Hauptkritikpunkte an früheren "Option Offenses" war außerdem das unterentwickelte Passspiel. Nur mit dem Laufspiel allein ist auf Dauer keine Defense zu überwinden, auch wenn es 30 Jahre lang aus der "Wishbone" heraus ziemlich gut funktioniert hat. Außerdem galt es als fast unmöglich, mit dieser Angriffstaktik, einmal in Rückstand geraten, ein Spiel wieder umzubiegen. Es fehlte schlicht an der Explosivität, um schnell Punkte zu erzielen. Auch wenn die damaligen Coaches dies vehement bestreiten würden, sind dies durchaus belegbare Fakten. Die "Spread Option" kann dies zumindest teilweise ausgleichen.

Doch es ist auch schwer, geeignete Quarterback-Talente für jede Art von "Option Offense" zu finden. Viele High Schools, auf deren Abgänger die Universitäten ja angewiesen sind, bevorzugen andere taktische Varianten. Doch ohne einen besonders talentierten Quarterback sind die Aufgaben dieser Offense-Varianten nicht zu meistern.

Der Text stammt aus dem Buch "Erfolgreiche Offense" von Holger Korber - 228 Seiten - 24,90 Euro.

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