Fusion 1970: Drei NFL-Teams für die AFC
Der wahre "gordische Knoten" war Mitte der 60er Jahre bereits geknüpft. Cowboys-Manager Tex Schramm und AFL-Meinungsmacher Lamar Hunt hatten ihren Geheimplan einer Fusion ausgehandelt, NFL Commissioner Pete Rozelle die Idee adaptiert, und ab der Saison 1966 trafen als Vorstufe die beiden Meister von NFL und AFL zum Abschluss aufeinander. Das "World Championship Game" wurde bald in Super Bowl umgetauft. Für 1970 war nun die Verzahnung mit einem gemeinsamen Spielplan in der Hauptrunde vorgesehen. Lange herrschte unter den (meist alteingesessenen) Eigentümern der NFL-Teams die Vorstellung, die beiden neuen "Halb-Ligen" National Football Conference (NFC) und American Football Conference (AFC) würden ab 1970 weiter mit 16 und zehn Teams operieren, der Rest wäre dann eben einfach eine Frage geschickter Spielplangestaltung.
Einige der AFL-Eigentümer waren dieser Ansicht gar nicht einmal abgeneigt. Letztlich aber setzte sich die Angst durch, dass damit auf Jahrzehnte die (beiderseits anerkannte) sportliche Unterlegenheit der AFC zementiert würde. Selbst oder gerade eben dann, wenn man als Vision eine weitere Erweiterung vor Augen hatte, bei der alle Expansions-Teams in die AFC gekommen wären. Mit Schrecken registrierten die NFL-Eigentümer, dass drei aus ihrem Kreis würden wechseln müssen. Die Verhandlungsrunde um diese Entscheidung dauerte im Mai 1969 geschlagene 36 Stunden.
Der Glücksfall war, dass mit den Baltimore Colts gerade eines der Teams amtierender NFL-Meister war, dessen Historie noch kurz genug war, um sich nicht in der Tradition zu verheddern, und das außerdem kaum jemals "logisch" zu der Gruppe gehört hatte, in der es spielte (meist mit den Kaliforniern gemeinsam). Dass die Colts nach ihrer Gründung sofort "Verschiebemasse" gewesen waren, zahlte sich jetzt für die gesamte Liga aus. Die Colts kündigten an, einer der drei Wechsler zu werden. Ihre Bedingung - außer natürlich entsprechender finanzieller Entschädigung, aber so etwas stellte für die NFL mittlerweile wahrlich kein Hindernis mehr dar - war: Ihr Endspielgegner des Vorjahres Cleveland Browns müsste mitkommen.
Auch die Browns als Ex-AAFC-Team waren nicht zu fest irgendwo verwurzelt. Sie konnten darauf setzen, in der AFC mit Cincinnati in einer Gruppe zu einer schönen regelmäßigen "Battle of Ohio" zu kommen. So hatten sie nur eine eigene, leicht zu erfüllende Bedingung: Die Pittsburgh Steelers müssten das dritte wechselnde Team sein. Denn auf diese Rivalität mit dem seit Jahren vergeblich gegen die Browns-Bastion anrennenden Team (und die leichten Siege) wollte man nicht verzichten.
Steelers-Boss Rooney als NFL-Urgestein trieb den Preis für die Entschädigung noch ein bisschen in die Höhe, und alle standen vor einer Win-Win-Situation. Die AFL-Eigentümer frohlockten, dass die zwei stärksten NFL-Teams fortan regelmäßig ihre Stadien füllen würden. Fast alle Owner jedenfalls: Wie auf einer Elternversammlung in der Schule gibt es eben immer einen, der - auch nach 36 Stunden Verhandlungs-Marathon - noch "nur diese eine Frage, bitteschön" hat. Hier war dies Al Davis - der Eigentümer der Raiders verweigerte seine Zustimmung, ehe nicht geklärt war, welche Divisionseinteilung genau nun die übrigen 13 NFL-Teams planten.
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Die Divisionseinteilung der NFL
Teil 1: Geografie kein Kriterium?
Teil 2: Der Ursprung der Gruppeneinteilung
Teil 3: Die geschluckte Konkurrenzliga
Teil 4: Die Colts in Texas-Blau
Teil 5: Gründung der AFL
Teil 6: Plötzlich doch: die NFL-Expansion der 60er Jahre
Teil 7: Vordenker Lamar Hunt als Dealmaker
Teil 8: Fusion 1970: Drei NFL-Teams für die AFC
Teil 9: NFC-Divisionen per Losentscheid
Teil 10: Ziel: Eine NFL mit 30 Teams
Teil 11: Der Fall Cleveland
Teil 12: Das große "Realignment" von 2002
Erbitterte Rivalen: Pittsburgh und Cleveland (© Getty Images)