Ziel: Eine NFL mit 30 Teams

Ex-Owner der Jacksonville Jaguars: Wayne WeaverNach der Fusion 1970 hatten beide Halb-Ligen AFC und NFC mit je 13 Teams eine eher ungünstige Anzahl für den Modus, eine Fünfer-Gruppe stand zwei Quartetten gegenüber. Langfristig angepeilt war damals die Erweiterung auf 30 Teams insgesamt. Doch gönnte die NFL sich Zeit, zunächst einmal die Fusion zu verarbeiten. Dabei waren auch Mindestanforderungen an Stadiongröße und -ausstattung definiert worden, die noch nicht alle Teams erfüllten. So schwelte die Möglichkeit, dass Teams umziehen könnten, wenn sie in ihrer Heimatstadt keine Stadionerweiterungen durchsetzen konnten. Die Buffalo Bills standen deswegen etwa zweimal kurz vor der Umsiedlung nach Tampa.

Die immer größer werdende Auswahl an Kandidatenstädten konnte zudem den Preis für eine NFL-Lizenz ordentlich in die Höhe treiben. Tampa bekam letztlich nicht die Bills, sondern ein neues Team. Außer einem neuen Standort im Südosten der USA kam auch einer im äußersten Nordwesten in Seattle hinzu. Die Reisedistanzen, die die NFL zu Beginn lange auf die Nordost-USA begrenzt hatten, spielten kaum eine Rolle mehr. Den Clubs gestand man dennoch zu, sich langsam an diese Trips zu gewöhnen. Denn bei der Integration der Buccaneers und der Seahawks 1976 und 1977 gönnte man den beiden Newcomern mit einem Kniff ein kleines "Extra" an Anschubhilfe. Beide sollten während der ersten beiden Saisons gegen jedes andere NFL-Team mindestens einmal spielen (also jedes zweite Team mal für die Neu-Fans im eigenen Stadion zu Gast haben). Deswegen spielten die Tampa Bay Buccaneers im ersten Jahr in der AFC, die Seattle Seahawks in der NFC, und beide bekamen ebenso wie 1977 erst einmal einen besonderen Spielplan. In den Tabellen wurde Tampa 1976 in der AFC West geführt, Seattle in der NFC West.

Ab 1977 gehörte Seattle schließlich zur AFC West, was von der Geografie her logisch war. Für Tampa Bay jedoch war in der NFC East kein Platz, weil diese nach dem 1970er-Losentscheid mit St. Louis und Dallas und den drei echten Ostküsten-Teams zur Fünfer-Gruppe der NFC geworden war. Also ging das Team aus dem Sunshine State in die Wintergruppe NFC Central zu Green Bay und Co. In der NFC vermehrten sich also die geografischen Abweichungen von den Divisionsnamen weiter. Mit Atlanta, New Orleans und Tampa Bay spielten drei eigentlich unmittelbare Nachbarn in zwei regional nicht passenden Gruppen.

In diesen "Versprengten" ist leicht der Kern der heutigen NFC South zu erkennen. Doch von vier Vierer-Gruppen in jeder der Conferences war überhaupt noch nicht die Rede. Jedenfalls nicht in der Führungsetage der NFL, obwohl außerhalb auch damals schon die mathematisch-magnetische Anziehungskraft der Zahl 32 als einem Optimum für eine Sportliga diskutiert wurde. In der NFL hatte man sich aber auf die 30 festgelegt. Entsprechend teuer wurden die Bieterwettkämpfe um die mutmaßlich für lange Zeit letzten zu vergebenden NFL-Lizenzen für einen Start 1995 - fast 20 Jahre nach der letzten Expansion der Liga.

Da in beiden Conferences je eine Vierer-Gruppe übrig war (AFC Central und NFC West), stand vor der Vergabe quasi fest, in welche Divisionen die neuen Clubs kommen würden. Über die Zuteilung der Lizenz entschied aber nicht die Geografie, sondern das Marktpotenzial und die Investitionsbereitschaft der Käufer und Städte. Da hatte sich in den zweieinhalb Jahrzehnten seit der Fusion einiges getan. Auch Entwicklungen im College Football belegten, dass der Südosten der USA den Alt-Hochburgen Ohio, Michigan und Co. im Football-Bereich den Rang ablief. Gleichzeitig schlossen die tendenziell "ärmeren" Südstaaten auch in punkto Kaufkraft immer weiter zum Nordosten, zu Kalifornien oder Texas auf. Die Konsequenz waren neue NFL-Teams in Charlotte (Carolina) und Jacksonville (Florida).

Die Auswahl Jacksonvilles war eine Sensation. Die NFL mochte fast 20 Jahre mit einer Neuausgabe von Lizenzen gewartet haben. Die Zeit war jedoch nicht stehen geblieben, der Bieter-Markt um bestehende Lizenzen in Bewegung. 1984 waren die Colts aus Baltimore nach Indianapolis umgezogen, 1988 die Cardinals aus St. Louis nach Phoenix (Arizona). Die renommierten Ex-NFL-Städte Baltimore und St. Louis waren so Favoriten auf mindestens eine der neuen Franchises 1995 gewesen und allemal besser positioniert als die "blutleere" Finanz- und Bürostadt im Norden Floridas mit kleinem Einzugsgebiet.

Ein Neuzuschnitt der Divisionen war mit der Expansion nicht vorgesehen. In der AFC waren immerhin nur die Indianapolis Colts (AFC East) und die Jacksonville Jaguars (AFC Central) in regional nicht passenden Divisionen. In der NFC hätte ein Re-Alignment erhebliche Änderungen notwendig gemacht. Neben Atlanta, New Orleans (NFC West), Tampa Bay (NFC Central) und Dallas (NFC East) spielten auch die Cardinals in Arizona als NFC-East-Team sowie die neuen Carolina Panthers als NFC-West-Team in regional nicht zutreffenden Gruppen.

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Die Divisionseinteilung der NFL

Teil 1: Geografie kein Kriterium?

Teil 2: Der Ursprung der Gruppeneinteilung

Teil 3: Die geschluckte Konkurrenzliga

Teil 4: Die Colts in Texas-Blau

Teil 5: Gründung der AFL

Teil 6: Plötzlich doch: die NFL-Expansion der 60er Jahre

Teil 7: Vordenker Lamar Hunt als Dealmaker

Teil 8: Fusion 1970: Drei NFL-Teams für die AFC

Teil 9: NFC-Divisionen per Losentscheid

Teil 10: Ziel: Eine NFL mit 30 Teams

Teil 11: Der Fall Cleveland

Teil 12: Das große "Realignment" von 2002

Ex-Owner der Jacksonville Jaguars: Wayne Weaver

Ex-Owner der Jacksonville Jaguars: Wayne Weaver (© Getty Images)

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