Start der echten Action: der Kickoff Return

Der Returner ist auf dem Weg.Die "Taktik" eines erfolgreichen Kickoff Returns im American Football besteht im Grunde darin, nach dem Fang eine aussichtsreich erscheinende Richtung festzulegen und dann nach dem Motto "Augen zu und durch" geradeaus ohne Rücksicht auf Verluste loszustürmen. Für den geradezu unvermeidlich kommenden frontalen Zusammenprall mit einer Spielertraube des Gegners sowie für alle Block-Aktionen der übrigen Spieler im freien Feld verstärken die jeweils zuvor erreichten Geschwindigkeiten die Heftigkeit der Kollisionen. Neben der Gefahr von Verletzungen steigt auch das Risiko eines Fumbles, was direkt vor der eigenen Endzone stets eine Katastrophe ist.

Es gibt Return-Spezialisten, die munter mehr als 20 Yards auch aus der Endzone heraus mit einem Kickoff Return erobern. Für den eigenen Angriff ist es ein unschätzbarer Vorteil, beispielsweise im Schnitt an der eigenen 40-Yard-Linie einen Angriff beginnen zu können statt an der 20-Yard-Linie. Nicht nur wegen der kürzeren Distanz zur gegnerischen Endzone, sondern vor allem auch wegen des größeren Sicherheitspuffers zur eigenen. Hat ein Team einen Spitzen-Returner in seinen Reihen, muss das kickende Team sich etwas einfallen lassen. Eine Idee wäre es, den Ball in Richtung der Außenlinien zu kicken. Doch durch den diagonalen Weg verlängert sich so die notwendige Weite des Schusses, um den Ball in die oder in die Nähe der Endzone zu bekommen. Für den Returner ist es auch kein Problem, vor dem Fang 20 Yards seitwärts zu tänzeln, da da ja noch kein Gegenspieler in Sicht ist.

Hauptsächlich allerdings steigert dies das Risiko, dass der Ball aus dem Feld ins Aus geht. Und dies ist beim Kickoff ein Foul, das dem Gegner Ballbesitz nur 25 Yards von der Anspiellinie, also meistens an dessen 40-Yard-Linie verschafft. Warum? Ein halbwegs guter Kicker würde beim Kickoff - ohne Gegenspieler direkt vor ihm beim Schuss gegen einen ruhenden Ball - praktisch immer den Ball ziemlich dicht an der gegnerischen Endzone ins Aus bringen und damit die gegnerische Offense vor der eigenen Endzone festnageln. So viel Einfluss sollen Kicker dann doch nicht haben, deswegen wird diese Möglichkeit ausgeschlossen.

Um einen gefährlichen Returner zu bekämpfen, bleibt so im Grunde nur der "Squib Kick". Dabei wird der Ball scharf und flach nach vorn geschossen. Durch die erste Reihe der Gegenspieler (zehn Yards von der Anspielposition entfernt) muss der Ball natürlich hindurch, danach wird auf das Glück vertraut, dass er bei erst- und mehrmaligem Bodenkontakt die vollen Tücken seiner ovalen Form so richtig ausspielt. Die ihm hinterher sprintenden Spieler des Kicking Teams können ihn zumindest einen Tick leichter verfolgen, als dass der weit hinten postierte Returner oder einer seiner darauf eigentlich nicht getrimmten Mitspieler ihn sicher unter Kontrolle bringen kann.

An einen tatsächlichen Return ist kaum noch zu denken. Beim Squib Kick verzichtet das kickende Team also auf einige Extra-Yards, die ein Kick durch die Luft mehr holen würde, weil das Risiko, diese doppelt und dreifach durch den Return wieder zu verlieren, als zu hoch eingeschätzt wird. Die Sicherung des Balles wird dabei zur Hauptaufgabe der Returner, denn wenn der Ball erst einmal zehn Yards vorwärts geflogen ist, kann auch ein Spieler des kickenden Teams ihn und damit das folgende Angriffsrecht für sein Team erobern.

Möglich wird dadurch auch ein "Onside Kick", bei dem der Ball absichtlich - meist schräg zur Seitenlinie - so geschossen wird, dass er gerade diese zehn Yards Mindestdistanz überwindet. Gleichzeitig hat man zuvor auf dieser Seite natürlich die fangsichersten und ballgewandtesten Spieler des eigenen Teams postiert, in der Hoffnung, einer von denen kann den Ball aus der Luft fangen oder zumindest im entstehenden Gerangel unter sich begraben. Das Chance-Risiko-Verhältnis ist schlecht, die Feldposition für den Gegner bei einem Scheitern sehr aussichtsreich. Will man den Gegner überraschen, darf man bei der Aufstellung seines Teams eben gerade nicht die ballsichersten Spieler und dann auch noch in auffälliger Überzahl auf eine Seite bringen. Aber um einen Rückstand kurz vor Schluss aufzuholen, greift man natürlich nach jedem Strohhalm.

Alle paar Jubeljahre kann man mit einem Onside Kick auch mal ein Spiel eröffnen. In der Regel wird beim Stand von 0:0 ordentlich und brav der Ball zum Gegner geschossen. Die offizielle Spielzeit startet in dem Moment, in dem dessen Returner zum Lauf ansetzt. Kaum ist er gestoppt, haben wir auch gleich unsere erste Football-typische Unterbrechung: Denn praktisch alle Spieler werden gleich ausgewechselt, Offense- und Defense-Einheiten kommen auf das Feld.

Oft sind Returns jedoch auch Spielzüge mit Fouls. Denn dieses Geschehen im offenen Feld birgt höhere Verletzungsrisiken und findet so unter leicht verschärften Regeln statt. Gleichzeitig kommen einzelne Spieler häufiger in Situationen, in denen sie sich nicht anders zu behelfen zu wissen, als an oder über der Grenze des Erlaubten zu agieren, weil alle Mannschaftskameraden zu weit weg sind, um schnell helfend eingreifen zu können.

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Ist Football kompliziert?

Teil 1: Eigentlich ist alles einfach

Teil 2: Lauf- und Passspiel

Teil 3: Touchdowns, Field Goals und Safetys

Teil 4: Vier Downs für zehn Yards

Teil 5: Münzwurf mit Fallstricken

Teil 6: Mit dem Kickoff geht es los

Teil 7: Start der echten Action: der Kickoff Return

Teil 8: Fouls im American Football

Teil 9: 15 Yards Strafe für schwere Fouls

Teil 10: Das Holding

Teil 11: Die „technischen“ Fouls

Teil 12: Die korrekte Startformation im Angriff

Teil 13: „Free Plays“ der Offense nach Defense-Fouls

Teil 14: Linienspieler zuerst im Fokus

Teil 15: Die Offensive Linemen

Teil 16: Die Ends im Angriff

Teil 17: Die Backs der Offense

Teil 18: Grundaufstellungen der Verteidigung

Teil 19: Pass Rush

Teil 20: Mann- oder Zonendeckung gegen den Pass?

Teil 21: Einfluss der Feldposition auf die Taktik

Teil 22: Gefahr in der eigenen Red Zone

Teil 23: Alle Optionen im "Mittelfeld"

Teil 24: „Schattenboxen“ zu Beginn

Teil 25: Geduld und Strategie zählen

Teil 26: Der vierte Versuch

Teil 27: Mut zum Risiko?

Teil 28: Der Punt und andere Kicks

Teil 29: Die Macht über die Spielzeit

Teil 30: Comeback-Versuche

Teil 31: Hail Mary!

Teil 32: Die Auszeiten

Teil 33: Nur der Sieg zählt - notfalls nach Verlängerung

Teil 34: Die Mathematik der Football-Scores

Der Returner ist auf dem Weg.

Der Returner ist auf dem Weg. (© Miladinovic)

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