So lange der Ball bei einem Vorwärtspass im American Football nicht in der Luft ist, kann sein "Einschlagspunkt" über die gesamte Feldbreite und fast die gesamte "Feldtiefe" auf Seiten der Verteidigung bestenfalls erraten werden. Die Receiver schlagen auf ihren Passrouten im Gebiet der Defense womöglich einen Haken nach dem anderen, kreuzen ihre Wege, drehen wieder um und sprinten zurück oder bleiben abrupt stehen...
Dagegen mit einer "Manndeckung" angehen zu wollen, die jeweils fest zugeordnete Verteidiger den Angreifern an deren Startposition gegenüber stellt, um diese nach Anspiel auf Schritt und Tritt zu verfolgen, will wohl überlegt sein. Es kann sich anbieten, wenn der Gegner einen einzelnen besonders starken Receiver hat und man einen besonders guten Cornerback auf diesen ansetzen oder ihn gar mit "Double Coverage" bedenken und damit so gut wie aus dem Spiel nehmen möchte.
Doch: Ohne den Ball kann auch der stärkste Receiver keinen Raumgewinn holen. Nur wenn Ball und Fänger im selben Augenblick an der selben Stelle des Feldes sind, droht Gefahr. Logisch, denn nur so kommt es zu einem Fang. Daraus folgt die Überlegung, dass die Receiver die Verteidiger mit Richtungswechseln zwar jederzeit vor dem Wurf an der Nase herumführen können - der einmal geworfene Ball aber nicht mehr! Denn dessen Flugbahn ändert sich (mal von seltenen Abprallern kurz vor dem Ziel abgesehen) nicht mehr. Einige Momente vor dem "Einschlag" ist also klar, wo der Passfang stattfinden soll, ganz egal wo der Receiver da noch herumläuft und versucht, mit uns "Hase und Igel" zu spielen.
Hat man das gesamte Verteidigungsgebiet zuvor in "Zonen" eingeteilt, für die jeweils ein Passverteidiger zuständig ist, konzentriert man sich in der "Zone Defense" also eher auf den Ball und ermittelt die "Zuständigkeit" für den konkreten Pass und dessen Fänger daraus, wo auf dem Feld der Fang stattfinden wird. Die "Betreuer" der benachbarten Zonen wiederum erkennen, wohin sie sich zur Unterstützung orientieren sollten. Ein Allheilmittel ist dies selbstverständlich nicht - die gedachten Zonen sind oft so groß, dass selbst der schnellste Spieler nicht rechtzeitig an jeden beliebigen Punkt kommen kann. Und wenn Quarterback und Receiver ganz "gemein" sind, planen sie den Fang möglichst da, wo sie die Grenzlinie von zwei Zonen verorten, sodass die Chance besteht, die beiden zuständigen Verteidiger verlassen sich zu sehr auf den jeweils anderen und kommen deswegen den entscheidenden Schritt zu spät.
Weiter: Einfluss der Feldposition auf die Taktik
Zurück: Pass Rush
Wie funktioniert American Football
Teil 1: Eigentlich ist alles einfach
Teil 2: Lauf- und Passspiel
Teil 3: Touchdowns, Field Goals und Safetys
Teil 4: Vier Downs für zehn Yards
Teil 5: Münzwurf mit Fallstricken
Teil 6: Mit dem Kickoff geht es los
Teil 7: Start der echten Action: der Kickoff Return
Teil 8: Fouls im American Football
Teil 9: 15 Yards Strafe für schwere Fouls
Teil 10: Das Holding
Teil 11: Die „technischen“ Fouls
Teil 12: Die korrekte Startformation im Angriff
Teil 13: „Free Plays“ der Offense nach Defense-Fouls
Teil 14: Linienspieler zuerst im Fokus
Teil 15: Die Offensive Linemen
Teil 16: Die Ends im Angriff
Teil 17: Die Backs der Offense
Teil 18: Grundaufstellungen der Verteidigung
Teil 19: Pass Rush
Teil 20: Mann- oder Zonendeckung gegen den Pass?
Teil 21: Einfluss der Feldposition auf die Taktik
Teil 22: Gefahr in der eigenen Red Zone
Teil 23: Alle Optionen im "Mittelfeld"
Teil 24: „Schattenboxen“ zu Beginn
Teil 25: Geduld und Strategie zählen
Teil 26: Der vierte Versuch
Teil 27: Mut zum Risiko?
Teil 28: Der Punt und andere Kicks
Teil 29: Die Macht über die Spielzeit
Teil 30: Comeback-Versuche
Teil 31: Hail Mary!
Teil 32: Die Auszeiten
Teil 33: Nur der Sieg zählt - notfalls nach Verlängerung
Teil 34: Die Mathematik der Football-Scores
Wenn der Ball kommt, wird es ernst für die Passverteidiger. (© Getty Images)