Pass Rush
Bei der Verteidigungsstrategie im modernen American Football gilt: Reaktion ist nicht alles, Vorwärtsverteidigung zählt! Die Pass Rusher setzen darauf, dass 60 bis 70 Prozent der Spielzüge des Gegners Pässe sein werden und noch viel mehr, wenn noch viele Yards zum First Down fehlen. Ihr Ziel ist, zum Quarterback zu kommen. Mindestens soll er ihren Atem spüren und in seinen Aktionen zur Eile und ungewünschtem Stellungswechsel getrieben werden. Mit solchen "Quarterback Hurries" sammeln Pass Rusher nadelstichartige Teilerfolge. Die Steigerung wäre der "Quarterback Hit", wenn der Körperkontakt gegen den noch balltragenden Spielmacher gelingt. Je öfter es klappt, desto ungenauer wird nicht nur der einzelne trotz Störmanöver noch abgefeuerte Pass, sondern tendenziell auch jeder noch folgende im Spiel.
Die Krönung wäre der "Quarterback Sack", wenn der Quarterback gar nicht zum Wurf kommt und mit Ball zu Boden geht - oder gar ohne Ball, weil er ihn per Fumble verliert. Aber selbst ohne Ballverlust: Die etwa fünf bis zehn Yards Raumverlust bei einem Quarterback Sack erschweren selbst nach einem ersten Down die Aufgabe, zehn Yards mit drei Versuchen zu holen, ungemein und zwingen die Angreifer förmlich, trotz des Fehlschlags nun erst recht weiter auf Pässe zu setzen - was den Pass Rushern zusätzlich in die kräftigen Arme und Hände spielt.
Falls die zu überwindende Distanz allerdings im Normalbereich liegt und die Angreifer sich auch für einen Lauf oder einen schnellen, kurzen Pass entscheiden können, hat solch ein Pass Rush seine Fallstricke. Einen oder mehrere Spieler nimmt die Defense quasi selbst für sich aus dem Spiel, sobald der Quarterback den Ball an einen Läufer weitergegeben oder gepasst hat. Umso klarer muss der Rest sehr schnell erkennen, welcher Angreifer mit dem Ball wo attackieren wird. Die Linienspieler sollten zumindest in der Feldmitte standhalten, sehen sich bei einem geplanten Lauf aber einer zahlenmäßigen Übermacht an Blockern gegenüber. Üblicherweise kommt es da dann doch darauf an, wie schnell die Linebacker aus der "zweiten Reihe" nach vorn stoßen.
So lange noch ein Pass möglich ist, müssen die Linebacker aber damit rechnen, nicht vorn, sondern hinten zur Unterstützung benötigt zu werden. Die Passverteidiger im Defensive Backfield sind am ehesten jene, die auf Bewegungen der Angreifer lediglich reagieren (aber auch Cornerbacks oder Safetys können "blitzen" und sich blitzartig vorwärts in den Pass Rush einschalten).
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Ist Football kompliziert?
Teil 1: Eigentlich ist alles einfach
Teil 2: Lauf- und Passspiel
Teil 3: Touchdowns, Field Goals und Safetys
Teil 4: Vier Downs für zehn Yards
Teil 5: Münzwurf mit Fallstricken
Teil 6: Mit dem Kickoff geht es los
Teil 7: Start der echten Action: der Kickoff Return
Teil 8: Fouls im American Football
Teil 9: 15 Yards Strafe für schwere Fouls
Teil 10: Das Holding
Teil 11: Die „technischen“ Fouls
Teil 12: Die korrekte Startformation im Angriff
Teil 13: „Free Plays“ der Offense nach Defense-Fouls
Teil 14: Linienspieler zuerst im Fokus
Teil 15: Die Offensive Linemen
Teil 16: Die Ends im Angriff
Teil 17: Die Backs der Offense
Teil 18: Grundaufstellungen der Verteidigung
Teil 19: Pass Rush
Teil 20: Mann- oder Zonendeckung gegen den Pass?
Teil 21: Einfluss der Feldposition auf die Taktik
Teil 22: Gefahr in der eigenen Red Zone
Teil 23: Alle Optionen im "Mittelfeld"
Teil 24: „Schattenboxen“ zu Beginn
Teil 25: Geduld und Strategie zählen
Teil 26: Der vierte Versuch
Teil 27: Mut zum Risiko?
Teil 28: Der Punt und andere Kicks
Teil 29: Die Macht über die Spielzeit
Teil 30: Comeback-Versuche
Teil 31: Hail Mary!
Teil 32: Die Auszeiten
Teil 33: Nur der Sieg zählt - notfalls nach Verlängerung
Teil 34: Die Mathematik der Football-Scores
Erwischt: Der Quarterback muss zu Boden. (© Getty Images)