Grundaufstellungen der Verteidigung
Die Offense hat ihre Angriffspläne vor (fast) jedem Spielzug im geheimen Huddle abgesprochen, die Defense tappt zunächst im Dunkeln, was als nächstes kommen wird. Die Zeiten, dass Verteidiger nur reagieren, sind im modernen American Football allerdings schon lange vorbei. Die Freiheit, vor dem Anspiel beliebige Stellungswechsel vorzunehmen, "Stunts" anzudeuten oder im rechten Moment vorwärts durchzustarten, wird rege genutzt.
Die "klassische" Anfangsformation der Verteidigung, in der Defensive Line, Linebacker und Defensive Backs klar getrennte Zonen "verteidigen", findet sich fast nur noch in der schematischen Darstellung, um eine Aufstellung zu demonstrieren. Statt einen Bereich zu "verteidigen", geht es vor allem im vorderen Bereich der Defense mehr darum, an welcher Stelle "attackiert" werden könnte.
Die Aufgaben der vier oder drei Defensive Linemen vermischen sich so mit denen der drei oder vier Linebacker. Mit der Steigerung des Anteils der Pässe an den Spielzügen ist die Wichtigkeit der "Pass Rusher" gewachsen, die zum Quarterback durchkommen wollen. Ob sie dies von ihrer ursprünglichen Position als "End" oder "Tackle" als Teil der Linie oder als Linebacker tun, spielt für ihre Funktion als "Edge Rusher" weniger eine Rolle als dieses große Ziel. Generell wird eine Anfangsaufstellung einer Defense als 4-3-Formation (vier Linemen, drei Linebacker) oder 3-4-Formation (andersherum) klassifiziert. Letztlich ist nicht von ungefähr von "Front Seven" die Rede, und für den Football-Neuling ist nicht immer so klar auf Anhieb zu erkennen, auf welche Art genau die Defense versucht, gegen die blockenden Offense-Spieler eine Übermacht aufzubauen.
Außerdem ist nicht immer davon auszugehen, dass die Verteidiger sich mit dem Standard-Backfield aus zwei Cornerbacks links und rechts sowie zwei Safetys, einer eher weiter vorn ("Strong Safety"), einer eher hinten ("Free Safety"), begnügen. Ein fünfter Mann kommt auf Kosten der "Front Seven" als Passverteidiger häufiger hinzu, wenn vieles für einen Passspielzug der Angreifer spricht. Der "Fünfer" ist bei US-Cent-Münzen der "Nickel", und so wurde er zum "Nickel (Corner-)Back". Bei den Safetys ist wiederum der "Strong Safety" zwar üblicherweise einen Tick kräftiger gebaut als der Free Safety. Seine Positionsbezeichnung verdankt er jedoch dem Umstand, dass er auf der "Strong Side" der Offense postiert ist, also dort, wo doppelte Bedrohung hinsichtlich Blocks und Passfängen zu beachten ist, klassischerweise die Seite mit einem Tight End oder zumindest eben die, auf der ein Übergewicht an Passempfängern sich abzeichnet.
Auch bei den Linebackern sortieren manche Teams ihr Personal nicht nach "Left", "Middle" und "Right" Linebacker, sondern richten sich bei den äußeren nach der gegnerischen Formation. Im Experten-Slang begegnen uns dann nach den Anfangsbuchstaben von "Strong", "Middle" und "Weak" für die "Sides" der Offense "Sam, "Mike" und "Will" als Positionsbezeichnungen in Defense-Formationen, bei denen Sam und Will die Seiten tauschen, je nachdem wie der Gegner sich postiert. Üblicherweise ist der Middle Linebacker (oder einer der beiden Inside Linebacker bei 3-4-Formationen) der "Chef" der Defense, dessen schnelle Auffasungsgabe ihn wie in der Offense den Quarterback zu dem verlängerten Arm des Trainers macht, an dessen Aktionen auf dem Feld die anderen sich im laufenden Spielgeschehen orientieren können.
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Wie funktioniert American Football
Teil 1: Eigentlich ist alles einfach
Teil 2: Lauf- und Passspiel
Teil 3: Touchdowns, Field Goals und Safetys
Teil 4: Vier Downs für zehn Yards
Teil 5: Münzwurf mit Fallstricken
Teil 6: Mit dem Kickoff geht es los
Teil 7: Start der echten Action: der Kickoff Return
Teil 8: Fouls im American Football
Teil 9: 15 Yards Strafe für schwere Fouls
Teil 10: Das Holding
Teil 11: Die „technischen“ Fouls
Teil 12: Die korrekte Startformation im Angriff
Teil 13: „Free Plays“ der Offense nach Defense-Fouls
Teil 14: Linienspieler zuerst im Fokus
Teil 15: Die Offensive Linemen
Teil 16: Die Ends im Angriff
Teil 17: Die Backs der Offense
Teil 18: Grundaufstellungen der Verteidigung
Teil 19: Pass Rush
Teil 20: Mann- oder Zonendeckung gegen den Pass?
Teil 21: Einfluss der Feldposition auf die Taktik
Teil 22: Gefahr in der eigenen Red Zone
Teil 23: Alle Optionen im "Mittelfeld"
Teil 24: „Schattenboxen“ zu Beginn
Teil 25: Geduld und Strategie zählen
Teil 26: Der vierte Versuch
Teil 27: Mut zum Risiko?
Teil 28: Der Punt und andere Kicks
Teil 29: Die Macht über die Spielzeit
Teil 30: Comeback-Versuche
Teil 31: Hail Mary!
Teil 32: Die Auszeiten
Teil 33: Nur der Sieg zählt - notfalls nach Verlängerung
Teil 34: Die Mathematik der Football-Scores
Linebacker Preston Brown (Cincinnati Bengals) wartet auf die Angreifer. (© Getty Images)