Siegeszug in den USA

Los Angeles Memorial ColiseumEin Detail am Rande zeigt, wie wenig ursprünglich über die taktischen Implikationen nachgedacht wurde, als Vorwärtspässe im American Football ab 1906 erlaubt wurden: Wurde ein solcher Pass hinter der Goal Line gefangen, war es natürlich kein Touchdown, denn es hatte ja kein Spieler mit Ball die Goal Line überquert. Stattdessen gab es einen Touchback mit Ballbesitz für den Gegner. Erst 1912 kam man auf die Idee, Endzonen einzuführen und darin gefangene Pässe als Touchdowns zu zählen.

Da Stadien und Plätze aber nicht über Nacht in neuen Größen schnell entstehen, musste dafür das Feld verkleinert werden. Die ursprünglichen 120 Yards Länge aus Walter Camps ersten Regeln waren zuvor schon auf 110 Yards verkürzt worden, nun blieben zwischen den Endzonen exakt 100 Yards Spielfeld übrig. In diesem Zug wurde die Anzahl der Downs, die ein Team bekommt, von drei auf vier erhöht, zugleich aber auch die damit zu erreichende Distanz auf mindestens zehn Yards. Die Kanadier zogen hier allerdings schon nicht mehr mit den Amerikanern mit: Im Canadian Football blieb es bei 110 Yards und drei Downs. Viele der kanadischen Universitäten waren zu jener Zeit wie die Kalifornier im Rugby aktiv und hatten Football quasi nicht mehr auf dem Radar.

Das Nachdenken über die taktischen Implikationen der Änderungen in den USA übernahmen die Coaches: Amos Alonzo Stagg erfand die geheime Vorbesprechung der Offense vor einem Spielzug als "Huddle" auf dem Spielfeld, Glenn "Pop" Warner oder Knute Rockne nutzten die 1910 eingeführten Bestimmungen zur Offensive Line mit fünf inneren Spielern ohne Passfangberechtigung zu kurzfristigen Formationsumstellungen kurz vor dem Anspiel, um die gegnerische Verteidigung zu schnellen und daher fehlerhaften Entscheidungen zu zwingen.

Sicherer wurde Football durch die neuen Regeln nur allmählich. Später wurden zunächst Lederkappen und schließlich in kommenden Jahrzehnten volle Schutzausrüstungen mit Helmen nach und nach eingeführt. Die taktischen Variationen und darunter auch der immer häufiger genutzte Vorwärtspass machten die Sportart jedoch stetig attraktiver. 1915 gab California sein Rugby-Team auf, 1917 folgte Stanford. Mit den beiden renommierten Universitäten verloren damit die letzten Rugby-Teams an amerikanischen Universitäten namhafte Spielpartner, die sich doch wieder dem Football widmeten. Auch in Kanada vollzog sich der Umschwung zurück zum Football, allerdings zur eigenen Variante Canadian Football. Vorwärtspässe gab es erst ab 1929, sechs Punkte für einen Touchdown erst ab 1956 - und die 110-Yard-Felder sowie zwölf Mann pro Team auf dem Feld hat man in Kanada beibehalten.

Zunächst Fußball und später auch Rugby wurden erst mit der einsetzenden Globalisierung Ende des 20. Jahrhunderts in den USA wieder in nennenswerter Organisationsform betrieben. Rugby ist dabei in der NCAA als offizieller Sport nur für Frauen vertreten und wird von Männern erst seit wenigen Jahrzehnten wieder - in privater Initiative einiger Universitäten - gespielt. Einzig an der Universität in Berkeley hat Rugby eine Tradition, die bis in die Ursprungszeiten Ende des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Landesweit gibt in den USA überall Football den Ton an - mit dem Erfolg der Profi-Liga NFL und dem Siegeszug des Fernsehens ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde in der Popularität auch Baseball klar überflügelt.

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Historie von American Football

Teil 1: Die Elf steht

Teil 2: Antike Gladiatoren

Teil 3: Calcio und Cuju

Teil 4: Die britisch-barbarische Variante

Teil 5: Studentische Kicks

Teil 6: Abgrenzung zum Rugby

Teil 7: Das Boston Game

Teil 8: Geburtsstunde des American Football

Teil 9: Erste Regelwerke für US-Universitäts-Teams

Teil 10: Walter Camp denkt nach

Teil 11: Die Unterschiede zu Rugby und Fußball

Teil 12: Wie viele Punkte für was?

Teil 13: Gewaltexzesse und Beinahe-Verbot

Teil 14: Siegeszug in den USA

Los Angeles Memorial Coliseum

Los Angeles Memorial Coliseum (© Getty Images)

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