Walter Camp denkt nach

Die nach Walter Camp benannte TrophyWie Goals, Touchdowns und Safetys über den Sieger eines Spieles im American Football nach merkwürdigen "Wenn-Dann-Regeln" entschieden, dies klingt alles sehr akademisch verkopft, und dies war es auch, denn die Regeln entstanden in Diskussionen unter Studenten. Maßgeblich beteiligt an den Diskussionen war als Vertreter für Yale dabei Walter Camp. 1875 war das sportliche Multitalent Zuschauer des ersten Harvard-Yale-Spiels gewesen, ab 1876 Student bei Yale. Nach Abschluss seines Studiums führte er seine Überlegungen zur Entwicklung der Sportart fort und wurde ab etwa 1880 die Autorität über die Football-Regeln. Seine Zielrichtung war zu Beginn, der technischen Komponente gegenüber der physischen zu mehr Gewicht zu verhelfen. Er selbst und das Team von Yale standen eher in der Tradition des Association Footballs. Der "Urvater" der Football-Regeln hatte als seine Vision der Zukunft ursprünglich ein eher Fußball-ähnliches Spiel im Sinn.

Gleichzeitig zielte er auf die Attraktivität des Spiels für Zuschauer, es sollte also häufiger Punkterfolge geben. Sein erster übernommener Vorschlag von 1880 war ein Beispiel dafür. Ellenlanges Gerangel um den Ball ohne große Bewegung des Spielgeschehens in die eine oder andere Richtung konnte keine Punkte produzieren und war für Zuschauer unansehnlich. Wann immer also der Ball in solchen Situationen "down" gebracht wurde, wurde das Spiel nun unterbrochen. Die Mannschaften sortierten sich neu, das Team in Ballbesitz brachte das Leder neu ins Spiel. Dieses Anspiel war ursprünglich zwingend mit dem Fuß durchzuführen. Erst später durfte der Ball dabei auch rückwärts geworfen werden.

Das Konzept dieser "Downs" allein hatte allerdings nicht den von Camp erhofften Effekt, das Spiel spritziger zu machen. Dass die "Techniker" durch das kurze Neu-Sortieren und Lösen vom Gegner mehr Freiraum bekamen, war zwar richtig. Doch es ermöglichte auch eine erfolgversprechende und zugleich die Spielidee und die Hoffung auf viele Tore völlig zerstörende Taktik: Ein Team in Ballbesitz konnte einfach den Spieler hinter dem Center anspielen, und der ließ sich um ein paar Zentimeter nach vorn fallen. Besonders erfolgreich verfolgte Princeton diese Taktik. Einmal in Ballbesitz, blieb man es für den Rest der Halbzeit und punktete kurz vor Ende (oder eben auch nicht), womit man praktisch nie verlieren konnte.

1882 wurde solchem Spuk ein Ende bereitet: Den Ballbesitz behielt man nun nur noch, wenn man mit drei solcher Downs mindestens fünf Yards zurücklegte, sonst kam der Gegner an die Reihe. Im frühen 20. Jahrhundert änderte sich dies in den USA auf vier Downs für zehn Yards, eine Regel die in Kanada nicht übernommen wurde. Das System dieser Downs war bereits der dritte wesentliche Unterschied zum Rugby, der in wenigen Jahren Einzug in den Football gefunden hatte. Nach den Vor-Blocks und Vorwärtspässen, die quasi passiv nach und nach einfach nicht mehr geahndet wurden, wurde hier aktiv eine im Rugby nicht vorhandene Regel neu erfunden.

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Historie von American Football

Teil 1: Die Elf steht

Teil 2: Antike Gladiatoren

Teil 3: Calcio und Cuju

Teil 4: Die britisch-barbarische Variante

Teil 5: Studentische Kicks

Teil 6: Abgrenzung zum Rugby

Teil 7: Das Boston Game

Teil 8: Geburtsstunde des American Football

Teil 9: Erste Regelwerke für US-Universitäts-Teams

Teil 10: Walter Camp denkt nach

Teil 11: Die Unterschiede zu Rugby und Fußball

Teil 12: Wie viele Punkte für was?

Teil 13: Gewaltexzesse und Beinahe-Verbot

Teil 14: Siegeszug in den USA

Die nach Walter Camp benannte Trophy

Die nach Walter Camp benannte Trophy (© Schlüter)

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