Mit 28:0 Punkten rockten die Potsdam Royals im Jahr 2017 und verblüfften die Konkurrenz erheblich. In nur wenigen Jahren nach der Neugründung zogen die Brandenburger durch die Footballligen Ostdeutschlands und der GFL und landeten schließlich am Ende der Saison 2017 in der Aufstiegsrelegation zur GFL. Gegner der beiden Spiele waren keine Geringeren, als die mehrfachen Meister Berlin Adler, die allerdings eine rabenschwarze GFL-Saison erlebten und von den frechen Potsdamern zweimal eindeutig besiegt wurden. Bereits das erste Relegationsspiel wurde im Berliner Poststadion mit 55:12 gewonnen. 1105 Zuschauer besuchten das Match, um zu sehen, ob die Adler den Durchmarsch der Royals stoppen können. Was sie sahen, war ein von Beginn an höchst verunsichertes Heimteam. Es gelang so gut wie nichts, der Aufwärtstrend der letzten Wochen konnte beim besten Willen nicht fortgesetzt werden. Die mit vielen US- und anderen Importen antretenden Gäste waren in allen Belangen überlegen. Dreh- und Angelpunkt war Royals-Quarterback Jacob Tucker, der nicht nur für 230 Yards und zwei Touchdowns passte, sondern auch mit über 100 Yards erfolgreichster Ballträger war. Dabei gab die Statistik den Unterschied zwischen beiden Teams nicht annähernd wieder. "Wir waren vor dem Spiel in der Favoritenrolle, dass es jetzt so deutlich ausging, ist umso schöner.", äußerte Potsdams Head Coach Michael Vogt nach dem Spiel.
Der erste Drive der Hauptstädter dauerte ganze 90 Sekunden und die Folgen waren katastrophal. Nach drei vergeblichen Versuchen mit nur fünf Yards Raumgewinn wurde auch noch der Punt kurz vor der eigenen Endzone geblockt und vom Potsdamer David Saul in dieser gesichert. Auch die nächste Angriffsserie endete schnell. Konnte der erste vierte Versuch noch erfolgreich gestaltet werden, schlug Potsdams Michael Reynolds beim zweiten mit einem Tackle for Loss zu. Spätestens hier zeigte sich, dass die Gastgeber der physischen Präsenz des Zweitligisten, dessen Einsatz oftmals an der Grenze des Zulässigen war und einige Male diese bei weitem überschritt, nichts entgegenzusetzen hatten. Subjektiv war der Eindruck zu gewinnen, dass der Erstligist von dieser forschen Spielweise sogar überrascht war. Mit Tuckers ungehinderten Lauf aus 14 Yards zum 0:14 aus Sicht der Gastgeber war eine kleine Vorentscheidung bereits früh gefallen. Die Brandenburger konnten anschließend zunächst aus der eigenen Endzone noch herausgehalten und zu einem Field-Goal-Versuch gezwungen werden. Diesen verzog Kicker Patrick Felber zwar nach links, aber die nächsten Punkte seines Teams folgten relativ schnell. Diesen ging die erste Interception von Adler-QB Niko Fortino voraus, der ungehindert den Ball in die Arme von Reynolds warf. Tucker auf Wide Receiver Frederick Myrup-Nielsen und es waren schon drei Scores Vorsprung. Nach Fortinos nächstem Fehlwurf, diesmal war Justin Kaffenberger der Nutznießer, bediente Potsdams Receiver Enrico Stiegemann für elf Yards zum 28:0 Pausenstand. Die zweite Halbzeit begann ähnlich wie die erste. Wieder scorten die Gäste und blockten zudem einen Punt, diesmal in umgekehrter Reihenfolge. Myrup-Nielsen erzielte nach Fortinos nächster Interception durch Tuckers Pass über 17 Yards seine nächsten Punkte und RB Calvinaugh Jones brachte sich ebenfalls auf die Anzeigetafel. Die Adler wechselten nun ihren Quarterback und Paul Zimmermann bereitete mit seinen Pässen auf Nick Loss und Kevin Baumgart den Touhdownlauf von RB Emmanuel Ampofo vor. Ampofo war der dritte Ballträger, der bei den Adlern das Laufspiel nun komplett übernehmen musste, da auch der in den letzten Wochen überzeugende Darvish verletzt das Spielfeld verlassen musste. Tucker stellte im Schlussviertel den alten Punkteabstand wieder her. Die letzten Punkte in diesem einseitigen Spiel wurden wieder von den Hausherren erzielt, aber zu diesem Zeitpunkt waren die Gäste schon längst nicht mehr mit vollem Einsatz dabei.
Die Potsdam Royals gewannen natürlich auch das Relegationsrückspiel gegen die Berlin Adler und stiegen vorbehaltlich der Lizenzierung durch den AFVD zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte in die GFL auf. Über 2000 Zuschauer sahen im Potsdamer Luftschiffhafen einen jederzeit ungefährdeten 42:7 Erfolg. Die Gastgeber machten da weiter wo sie im Hinspiel aufgehört hatten. Head Coach Michael Vogt hatte zwar keinen Zweifel am sportlichen Gesamterfolg seines Teams, aber immer das große Ganze vor Augen: "Es war nicht ganz leicht nach dem Hinspielerfolg die Spannung hochzuhalten. Umso stolzer bin ich, dass es dann doch so gut geklappt hat. Für uns war es wichtig, auch dieses Spiel zu gewinnen und ungeschlagen die Saison zu beenden." Während der Noch-Zweitligist auf nahezu alle Stammkräfte zurückgreifen konnte, musste der sechsfache Deutsche Meister auf alle Ballträger verzichten und improvisieren. Kevin Baumgart, sonst ausschließlich als Wide Receiver eingesetzt, machte seine Sache dafür mehr als ordentlich. Wunderdinge waren natürlich auch von ihm nicht zu erwarten, dafür war die Offensive Line nicht immer stabil genug. Die Royals nutzten somit ihre Chancen. Bereits der erste Ballbesitz führte zu Punkten. Running Back Calvinaugh Jones und Wide Receiver Enrico Stiegemann überwanden das halbe Spielfeld und bereiteten den Touchdown-Lauf von Quarterback Jacob Tucker über 11 Yards vor. Auch den folgenden Punkten der Potsdamer zu Beginn des zweiten Spielabschnitts ging ein nicht erfolgreicher vierter Versuch der Gäste voraus. Jetzt war es David Saul, der sich mit einem Catch in die Scorerliste eintrug. Die nächste Ergebnis-Erhöhung ließ eine Weile auf sich warten. Dem dritten Turnover on Downs der schwarz-gelben folgte eine Interception durch Martin Jacob. Der Defensive Back fing einen tiefen Pass des inzwischen eingewechselten Potsdamer Quarterbacks Zachary Shaw ab. Weitere Geschenke in Form von gelben Flaggen verteilte anschließend die Defense der Gastgeber, die damit sogar ein Vordringen der Adler in die eigene Red Zone zuließ. Berlins Quarterback Fortino konnte dieses jedoch nicht nutzen und wurde bei seinem Lauf im vierten Versuch erneut gestoppt. Wie es gehen kann, zeigte anschließend Tucker, der zwei Mal nacheinander den bei den Adlern bestens bekannten Wide Receiver Daniel Voehringer mit tiefen Pässen bediente. Anschließende Strafen gegen die Gäste positionierten den Ball kurz vor die Goal Line. Shaw mit Lauf und Felber erledigten den Rest zur 21:0 Halbzeitführung. Nicht ganz bei der Sache kam der Zweitligist aus der Pause. Überraschenderweise brachte der erste und einzige Punt die Adler in Ballbesitz. Damit nicht genug. US-Boy Michael Reynolds, Defensive Lineman der Royals, wurde wegen überhartem Einsatz gegen Fortino vom Hauptschiedsrichter Mats Schwieger des Feldes verwiesen – eine Strafe, die er für sein Verständnis von Einsatz auch durchaus schon im Hinspiel verdient gehabt hätte. Sein Landsmann Justin Kaffenberger beendete mit einer Interception Fortinos nächsten Drive an der 15-Yard-Linie der Brandenburger. Damit war die letzte wirkliche Gegenwehr des Erstligisten quasi beendet. Jones und Tucker im dritten Spielabschnitt und noch einmal Jones zu Beginn des Schlussviertels ließen den Vorsprung der Royals auf 42 Punkte anwachsen. Für die einzigen Punkte der Gäste gegen die schon im Feiermodus agierenden Royals sorgte Fortinos Pass über elf Yards auf WR Paul Zimmermann. Die Schlusspunkte setzten ebenfalls die Berliner. DB Arne Gehrt beendete mit einer Interception den letzten Drive des Heimteams und Paul Zimmermanns Strafe beim finalen Turnover on Downs war das vorläufig letzte Play der Adler in der GFL. Der nach dem Spiel zu einem Ausblick befragte Potsdamer Head Coach Vogt hielt sich noch bedeckt: "Ein paar Neuigkeiten für die Saison 2018 gibt es schon, aber die behalten wir noch für uns. Ich schaue ganz positiv in die Zukunft. Die erste Liga ist aber natürlich ein ganz anderes Kaliber. Wir müssen auch erst einmal schauen, was der Etat sagt."
Weiter: Das erste Jahr in der GFL
Zurück: Jedes Jahr etwas besser
Deutscher Meister im Porträt
Teil 1: Die Welt besteht aus Kurven
Teil 2: Aufstieg und Ausstieg innerhalb einer Saison
Teil 3: Neuanfang in der fünften Liga
Teil 4: Wieder in der Regionalliga
Teil 5: Erste Erfahrungen in der GFL 2
Teil 6: Ausgeglichene Bilanz
Teil 7: Jedes Jahr etwas besser
Teil 8: Durchmarsch in die GFL
Teil 9: Das erste Jahr in der GFL
Teil 10: Die Früchte hängen höher als erwartet
Teil 11: Endlich angekommen
Teil 12: Der erste Griff nach dem Henkelpott
Teil 13: Potsdam ist Meister
QB Zachary Shaw 2017 in der GFL 2 (© Dirk Pohl)