Vor der Saison 2023 verstärkten sich die Royals adäquat und engagierten als Quarterback keinen geringeren als den ehemaligen Boise State Spielmacher, Jaylon Henderson. Der US-Amerikaner führte Boise State 2019 als redshirted Senior mit einem 31:10 Sieg über Hawaii zur Mountain West Championship und wurde zum Offensive MVP des Spiels gewählt. 2022 spielte der 1,88 Meter große und 93 Kilo schwere Henderson in Japan für die Panasonic Impulse in der X- League, führte diese zu einer perfekten regulären Saison und in den Rice-Bowl. Head Coach Michael Vogt unterstrich noch vor dem ersten Kickoff die Wichtigkeit dieser Verpflichtung: "Mit Jaylon haben wir unseren Wunschkandidaten. Neben seinen ohne Frage hervorragenden sportlichen Qualitäten, haben vor allem auch die Gespräche mit ihm gezeigt, dass er der richtige ist, um das Team anzuführen."
Im GFL Opener in Schwäbisch Hall, also dem direkten Re-Match des Endspieles 2022, bewies Henderson seine Gefährlichkeit und Präzision. Hall wurde die erste Heimniederlage seit neun Jahren zugefügt und mit 44:30 besiegt. Potsdam schloss den ersten Drive mit einem Touchdown-Pass von Quarterback Jaylon Henderson auf Gennadiy Adams ab und fand nach dem Haller Ausgleich mit einem zehn Yard Touchdown-Pass auf Mike Gentili die richtige Gegenantwort. Eine erste Vorentscheidung fiel kurz vor der Pause. Ein Mix aus Lauf und Pass brachte die Offensive der Royals schnell in die Red Zone der Unicorns und Brandon Polk holte mit einem Lauf über 12 Yards die nächsten Punkte für sein Team und erhöhte auf 22:13. Nach der Pause gelang es Schwäbisch Hall noch einmal anzugreifen, doch beim Zwischenstand von 23:22 für Hall, zeigte die Potsdamer Defense ihr Können auf eindrucksvolle Weise. Ronaldo Tomassello fing eine Interception, es folgte ein Screenpass von Henderson auf Adams, eine weitere 2- Point- Conversion von Henderson und es hieß 30:23 für Potsdam. Anschließend schlug die Defense des Vizemeisters erneut zu. Tomassello eroberte den Ball erneut und Henderson fand per langen Pass Wide Receiver Simon Fons zum Zwischenstand 37:23. Beide Teams punkteten noch einmal, doch eine Interception von Royals Safety Peter Lundström machte dann alle Comeback Hoffnungen der Unicorns zunichte, der 44:30 Sieg der Royals wurde von Head Coach Michael Vogt ausgiebig gewürdigt: "Wir sind sehr stolz auf unsere Leistung, offensiv war das schon sehr stark. Defensiv waren noch einige Wackler drin, aber in den entscheidenden Momenten war die Defense dann hellwach. Wir haben noch ordentlich Spielraum nach oben, aber für das erste Spiel und dann noch in Schwäbisch Hall war das aber insgesamt sehr ordentlich."
Die Siegesserie der Königlichen sollte erst im Karl-Liebknecht Stadion im Match gegen Dresden enden. In einem heißumkämpften Spiel, vollgepackt mit explosiven Spielzügen, mussten sich die Royals am Ende mit 45:59 geschlagen geben. Die Führung wechselte insgesamt achtmal. Spielentscheidend mag das dritte Viertel gewesen sein. Potsdam startete mit einem Punt, die Monarchs nutzten ihre Chance. Mit einem Touchdown-Lauf von Yazan Nasser konnten sie ihre bislang knappe Führung auf 38:29 ausbauen, die Royals blieben aber dran. Tatsächlich gelang es ihnen durch einen Touchdown von Henderson und eine erfolgreiche Two-Point-Conversion von Jerome Valbon mit 37:38 wieder nah an die Dresdener zu kommen. Diese ließen aber auch nicht locker. Ihr nächster Drive endete mit einem Touchdown-Pass auf Tight End Oliver Tribler. Nach Moghadams Extrapunkt führten sie wieder mit 45:37. Mit einem Touchdown-Lauf über 54 Yards von Running Back Adams und einer Two-Point-Conversion von Quarterback Henderson konnten die Royals spät im Spiel nochmal mit 45:45 ausgleichen, Dresden besaß aber die größeren Kraftreserven. Sie punkteten zweimal hintereinander und entschieden das spannende Spiel nach großem Kampf für sich. Potsdam erholte sich aber schnell und schlug die Berlin Adler klar mit 64:17 und 40:6 im Rückspiel, sollte gegen den Rekordmeister aus Braunschweig ebenfalls zweimal triumphieren und krönte sich zum Nordmeister der GFL Nord nach einem 58:15 Sieg gegen Kiel. Mit auslaufender Uhr in der ersten Hälfte warf Henderson bereits seinen vierten Touchdown des Spiels auf Føns und wurde nach der Pause geschont, beziehungsweise von Backup Robert Patterson vertreten.
Der Sturmlauf an die Spitze hielt auch während der Playoffs an. Die Ingolstadt Dukes kamen mit 54:0 unter die Räder. Sechs Athleten sorgten für Touchdowns im Karl-Liebknecht-Stadion und sechs Touchdown-Pässe warf QB Henderson. Die ersten Punkte des Spieles erlief er noch selbst. Während des Halbfinales gegen Braunschweig stand den Gastgebern natürlich der erwartet starke Gegner gegenüber, der erneut im dritten Viertel von den Brandenburger entscheidend auf Distanz gehalten wurde. Nach der Pause erhielten zuerst die New Yorker Lions das Angriffsrecht, mussten sich aber nach nur wenigen Spielzügen schnell wieder von diesem per Punt verabschieden.
Besser lief es bei den Gastgebern. Kontinuierlich führte Henderson sein Team mit Wechsel zwischen Pässen und Läufen über das Feld und schaffte es trotz zum Teil starken Drucks der Braunschweiger Verteidigung, eine Anspielstation zu finden. Für den Ausbau der Führung auf 30:21 sorgte Running Back Gennadiy Adams, nach einem Shuffle-Pass von Henderson, mit dem das Duo nahezu die gesamte Defense der Lions austrickste. Es folgte eine weitere unglückliche Angriffsserie der New Yorker Lions, welche in einem Punt endete. Besser machten es abermals die Gastgeber, auch wenn zum Ende "nur" ein Field Goal herausspringen sollte. Von ihrer 22 Yard Linie beginnend waren es erneut Heiko Bals und Wide Receiver Richard Burton, welche ihr Team Stück für Stück voranbrachten. Die Verteidigung der Löwen stoppte zwar final den Vorwärtsdrang, dank auch eines weiteren gemeinsamen Sacks von Javier Sanz und Alan Steinohrt, doch konnten sie die Punkte zur 33:21 Vorentscheidung, durch ein 30-Yard-Field-Goal von Heiko Bals, nicht verhindern. Das Halbfinale wurde letztlich durch Hendersons 39 Yard Pass auf Richard Burton entschieden, der zum 41:28 Endstand im vierten Viertel führte und die Potsdam Royals den zweiten Einzug in ein deutschen American Football Endspiel bescherte.
Mit 34:7 gewannen die Potsdam Royals in Essen gegen die Schwäbisch Hall Unicorns ihre erste deutsche Meisterschaft. Beim GFL Bowl 2023 konnten die Brandenburger ihr Angriffskonzept mit einer dominanten Vorstellung zum Erfolg führen. Titelverteidiger Schwäbisch Hall Unicorns blieb an der Hafenstraße ebenfalls seinem Konzept treu - doch kam das Laufspiel über Mike Gentili trotz ansprechender Yard-Zahlen nicht zu entscheidender Wirkung und blieb in der Rückschau zu bieder. Die Potsdamer nutzten primär über Quarterback Jaylon Henderson etliche Lücken in der Defensive Line der Unicorns und deren wenig präzises Tackling, um quasi allein mit Laufspiel ihre Überlegenheit herzustellen. Die während der Saison so mächtige Pass-Attacke brauchte gar nicht genutzt werden, auch Running Back Gennadiy Adams, Rushing-König der GFL, musste nicht über die Maßen beansprucht werden. Letztlich genügten den Brandenburgern ihre "Basic Plays", um den Unicorns den Meisterpokal "Beule" abzunehmen. Es bleibt nur Spekulation, aber es sah so aus, als hätten die Potsdamer im Zweifel mehr als nur eine Schippe drauflegen können. Mussten sie aber nicht.
Die ersten Minuten des GFL Bowls waren geprägt von einer dominant auftretenden Potsdamer Offense, die angeführt von QB Jaylon Henderson für viel Druck sorgte. Schwäbisch Hall gewann den Münzwurf und entschied sich dafür, den Kickoff zu kicken. Dafür kamen sie im dritten Viertel zuerst in den Angriff. Henderson agierte mit Übersicht und viel Erfahrung, lief mehrfach selbst und konnte bereits in der fünften Minute mit einem Touchdown-Lauf über drei Yards das 6:0 für die Royals erzielen. Zuvor hatte seine Offensive Line das Block-Schema geändert und eine Lücke freigeblockt. Schwäbisch Hall hatte merklich größere Schwierigkeiten mit dem Geläuf und benötigte mehr Zeit und Versuche, um ersten Raumgewinn zu erkämpfen. RB Cristian Santos Insua fand trotzdem seinen Weg und konnte sich, trotz größter Bedrängnis, durchtanken. Nur wenige Sekunden später passte sich Schwäbisch Hall in die Red Zone, und die letzten Yards überbrückte Mike Gentili, um die Potsdamer Endzone nach fünf Yards zu erreichen. Der Extrapunkt wurde sicher verwandelt, und nach dem ersten Viertel führten die Unicorns knapp mit 7:6.
Dies war es aber schon für den Titelverteidiger. Gleich zu Beginn des zweiten Viertels suchte erneut QB Henderson eine erste Vorentscheidung. Vorbildliches Blocking und ein laufstarker Spielmacher bescherten den Potsdamern vorzeitig den 14:7-Zwischenstand, sodass Hall ab da einem Rückstand hinterherlaufen musste. Die Antwort der Haller folgte prompt, aber die Folgen blieben wirkungslos. Nach einem fulminanten Rush durch Tyler Rutenbeck folgte ein Unicorns-Field-Goal-Versuch, der aber links an den Torstangen vorbei segelte, so dass Potsdam wieder angreifen konnte. Henderson zeigte erneut, dass er sich nicht aufhalten lassen wollte. Mehrere Tackles verfehlten ihr Ziel, und Henderson konnte nach mehreren Drehungen entscheidende Yards zurücklegen. Sein Werk vollendete schließlich Brandon Polk und lief in der letzten Minute des zweiten Viertels in die Unicorns-Endzone zum 22:7-Pausenstand.
Die Unicorns verschossen im dritten Viertel ihren zweiten Field-Goal-Versuch. Der Ball touchierte die Spitze einer Torstange und baute damit die Potsdamer Moral auf, die Royals beherrschten weiterhin mit ihrem dominanten Laufspiel das Geschehen. Auf der anderen Seite fiel Potsdams Defense mit präzisen Tackles auf, während Schwäbisch Halls Defender zu oft ihr erstes Tackling nicht schafften und erst im zweiten und dritten Versuch den Ballträger stoppten. Trotz aller Bemühungen und Vorteile für Potsdam blieb das dritte Viertel allerdings ohne Punkte. Die verstrichene Zeit fehlte aber den Unicorns, und sie hatten nicht die Mittel, um in den nun erforderlichen Turbo zu schalten.
Den vorläufigen Höhepunkt der GFL Bowls sahen die Football-Fans so im vierten Viertel zu Gunsten der Royals. Halls Running Back Mike Gentili fumbelte in der Red Zone der Potsdamer. Statt den Abstand zu Potsdam zu verkürzen, triumphierte Michael Lawson über Gentili: Er schlug den Ball aus dessen Händen und nahm das Spielgerät auf, um 98 Yards in die Endzone zu sprinten. Dieser bemerkenswerte Fumble-Return-Touchdown sorgte nicht nur für das 34:7, sondern für den Rest der Partie nun endgültig für eine komfortable Situation der Royals, die ebenso wie ihr Gegner wussten, dass nichts mehr schief gehen konnte. Die Gatorade-Dusche für Head Coach Michael Vogt kam viel früher als wohl bei jedem anderen Football-Spiel bisher... Die Potsdam Royals eroberten damit mit einer klar dominanten Vorstellung verdient ihre erste deutsche Meisterschaft und entthronten die Schwäbisch Hall Unicorns.
Während der Meisterschaftsfeier der Potsdam Royals im Lindenpark wurde vom neuen deutschen American Football Meister ein erster Blick auf die kommende GFL Saison 2024 geworfen und bekannt gegeben, dass GFL Bowl MVP Quarterback Jaylon Henderson eine weitere Saison in der brandenburgischen Landeshauptstadt spielen wird. Rund 400 Gäste und Fans hörten somit die guten Nachrichten aus erster Hand: "Ich bin dem ganzen Team sehr dankbar und freue mich schon jetzt auf das nächste Jahr", sagte der Spielmacher während der Party. Henderson steuerte zum Erfolg gegen Schwäbisch Hall drei Touchdowns bei und erlief zusätzlich 140 Yards.
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Deutscher Meister im Porträt
Teil 1: Die Welt besteht aus Kurven
Teil 2: Aufstieg und Ausstieg innerhalb einer Saison
Teil 3: Neuanfang in der fünften Liga
Teil 4: Wieder in der Regionalliga
Teil 5: Erste Erfahrungen in der GFL 2
Teil 6: Ausgeglichene Bilanz
Teil 7: Jedes Jahr etwas besser
Teil 8: Durchmarsch in die GFL
Teil 9: Das erste Jahr in der GFL
Teil 10: Die Früchte hängen höher als erwartet
Teil 11: Endlich angekommen
Teil 12: Der erste Griff nach dem Henkelpott
Teil 13: Potsdam ist Meister
Sieger im GFL Bowl 2023: Potsdam Royals (© Thomas Sobotzki)