Lange Gesichter in Arizona: Die Arizona Cardinals verloren das dritte Mal in Folge durch ein Field Goal des Gegners in der Schlusssekunde, nun auch bereits das zweite Mal zu Hause und gegen einen Gegner, gegen den der Heimsieg eigentlich fest einkalkuliert werden musste. Für die Tennessee Titans war das 22:21 bei den Arizona Cardinals der erste Sieg der Saison nach fünf Wochen.
Gegen Seattle hatten die Cardinals vergangene Woche neun Minuten vor dem Ende 6:20 zurückgelegen, sich zum Ausgleich herangekämpft und dann noch durch den Treffer am Schluss knapp verloren. Diesmal lag Arizona zum letzten Seitenwechsel mit 21:6 vorn, wenig bis gar nichts deutete darauf hin, dass die bis dahin sieglosen Gäste den Cardinals gefährlich werden könnten. Ihr Kicker Joey Slye hatte aus 51 Yards im zweiten Viertel zum zweiten Field Goal getroffen, davor zum ersten aus über 40 Yards.
Keine 100 Yards Raumgewinn vor der Pause hatte die Titans-Offense geholt, ihr Rookie-Quarterback Cam Ward hatte nur fünfmal bei 16 Versuchen einen Abnehmer für seine Pässe gefunden, Running Back Tony Pollard einen Ball an der eigenen 30-Yard-Linie verloren. Diese Chance nutzten die Gastgeber bald darauf - schon in der 20. Spielminute - zum 21:3 durch Zonovan "Bam" Knight. Im ersten Viertel hatten Michael Carter und Quarterback Kyler Murray die ersten beiden Angriffsserien der Cardinals mit Touchdown-Läufen abgeschlossen. Josh Sweat hatte in der ersten Hälfte den ersten seiner insgesamt zwei Quarterback Sacks gegen Ward gelandet, Kyler Murray zwei Drittel seiner Passversuche angebracht. Insgesamt wurden es im Spiel bei 31 Versuchen 23 vollständige Pässe (74,2 Prozent) für 220 Yards ohne Fehlpass.
Das dritte Viertel lief so, wie es in Fällen solch scheinbarer Überlegenheit öfter der Fall ist. Tennessee kam bei keiner seiner drei Angriffsserien zu einem First Down, dazwischen lag zunächst ein achtminütiger Ballbesitz des Favoriten, der bis in die Red Zone der Titans und so kurz vor "sichere" mindestens drei Punkte aus einem Field Goal führte. Strafen warfen die Cardinals ein wenig zurück, aber die Ausgangslage für Kicker Chad Ryland für das 24:6 wäre günstig gewesen. Doch stattdessen: Fumble von Kyler Murray im dritten Down, Balleroberung von Dre'Mont Jones für Tennessee - und zu allem Überfluss auch eine Verletzung für Murray.
Beides blieb zunächst ohne sichtbare Folgen. Die Titans-Angreifer gingen nach drei Spielzügen wieder vom Feld, Murray kehrte nach kurzer Pause wieder zurück. Allerdings musste nun Cardinals-Tight-End Tip Reiman nach einer möglicherweise schweren Verletzung am rechten Knöchel vom Feld gefahren werden. Das dritte Viertel brachte keine Punkte für keine der beiden Seiten - für die Cardinals aber trübte sich das Bild ein.
Das vierte Viertel startete mit einem richtigen Nackenschlag: Emari Demercado fand eine Lücke in Tennessees Defensive Line, stürmte auf und davon und überquerte 72 Yards später die Goal Line der Titans. Doch wie letzte Woche Adonai Mitchell von den Colts im Spiel gegen die Rams setzte nun auch Demercado ein Yard zu früh zum Jubel an, ließ dazu den Ball los und durch die Endzone hindurch zum Touchback trudeln. Bei allem Trost von Mannschaftskameraden zog er sich damit den offensichtlichen Zorn von Head Coach Jonathan Gannon zu.
Man kann den Head Coach verstehen, am Ende einer Woche, in der die ganze Football-Welt wieder und wieder Mitchells Aktion gesehen und (Schadenfreude gehört dazu) belacht hat, den eins zu eins identischen Fehler zu machen, ist schon zum Haare raufen. Ob Gannons impulsive Aktion, seinen Ärger herauszulassen, hilfreich war oder dazu beitrug, dass die Cardinals in den anschließenden 13 Minuten das Spiel herschenkten, bleibt offen.
Jedenfalls brachte Cam Ward nun drei Pässe für insgesamt 79 Yards Raumgewinn für die Titans an, Tony Pollard lief das letzte Yard zum Touchdown. Kyler Murray kassierte direkt danach einen Quarterback Sack von Sebastian Joseph-Day, die Titans kamen schnell wieder in Ballbesitz. Nun passte Ward fünfmal erfolgreich für insgesamt fast 50 Yards - und dann einmal auf den falschen Mann. Dadrion Taylor-Demerson fing den für Calvin Ridley bestimmten und unter Druck unpräzise geworfenen Endzonen-Pass ab.
Typischer Rookie-Fehler - doch den Cardinals klebte längst das Pech an den Stiefeln: Taylor-Demerson ließ den gefangenen Ball im Fallen wieder los, das Leder sprang hin und her und schließlich in die Endzone. Tyler Lockett griff zu und sicherte doch noch den Touchdown für Tennessee. Ein First Down holten die Cardinals beim Stand von 21:19, ein zweites hätten sie gebraucht, um zu gewinnen. Demercado bekam im dritten Versuch Gelegenheit, seinen Fehler mit dem benötigten First Down wieder gut zu machen und schaffte es nicht.
Die Titans hatten anschließend knapp zwei Minuten, sparten sich ihre letzte Auszeit bis zum Schluss auf, und wieder war es ein entscheidender Pass auf Calvin Ridley aus dem Mittelfeld bis zu Arizonas 15-Yard-Linie, der sie in Position brachte. Tony Pollard brachte den Ball noch einmal elf Yards näher heran. Und da stoppten die Titans die Zeit mit ihrer Auszeit so, dass Slyes erfolgreicher Schuss zum 22:21 die letzte Aktion eines verrückten Spieles werden musste.
Daniel Weber - 06.10.2025
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