Head Coach Sam Pittman rettete Arkansas vor fünf Jahren vor dem Abgrund der SEC, am Sonntag verlor der 63-jährige Übungsleiter seinen Job bei den Razorbacks nachdem sein Team eine demütigende Niederlage gegen Notre Dame erlitt. Damit endete eine Amtszeit, die sich einst wie eine Traumehe zwischen einem liebenswerten, biertrinkenden Jedermann und einem Programm anfühlte, das verzweifelt nach Stabilität suchte. Pittman verlässt Fayetteville mit einer Bilanz von 32:34 und drei Bowl-Teilnahmen, aber auch eine Fangemeinde, die sich in den letzten Wochen gegen ihn wandte.
In Arkansas, wo die Stimmung bei den Hogs mal gut und mal schlecht ist, war das Leben zu lange zu bescheiden. Die jüngste Niederlage war die vierte Heimniederlage in Folge gegen ein Power-Team mit zweistelligem Ergebnis und festigte den Eindruck, Pittman habe sich in einem immer tiefer werdenden Tal begeben. Es war auch Notre Dames höchster Sieg aller Zeiten gegen einen aktiven SEC Gegner und Arkansas' schlimmste Heimniederlage seit fünf Jahren. Die Reaktion der Fans sprach Bände. Eine kleine, aber lautstarke Fangemeinde skandierte "Fire Pittman!", nachdem Notre Dame neun Sekunden vor dem Ende des zweiten Viertels mit 42:13 in Führung gegangen war. Die Fans der Irish übertönten diese Rufe schnell, doch als Pittman die Hogs in den Lockerroom führte, erklangen erneut Buhrufe. Der traditionelle "Calling of the Hogs" blieb aus. Drei Viertel des Studentenbereichs leerten sich im dritten Viertel. Und Coch Pittman gab hinterher zu, den Ärger zu verstehen. "Wenn ich ein Fan wäre, wäre ich auch sauer auf mich. Ich wäre verdammt frustriert. Ehrlich gesagt, ich bin sauer auf mich."
Es war ein heftiger Sturz für einen Trainer, der einst die Hoffnungen der "Hog Nation" in sich trug. Pittman übernahm ein Team, das während der desaströsen Chad Morris-Ära 20 SEC-Spiele in Folge verloren hatte, und verwandelte es schnell in eines der unterhaltsamsten Teams der Liga. Seine zweite Saison brachte neun Siege und einen Sieg über Penn State im Outback Bowl, Arkansas‘ erste Saison mit neun Siegen seit Bobby Petrinos letztem Jahr 2011. Doch in Fayetteville wiederholt sich die Geschichte gerne. Zwölf Jahre nachdem Petrino entlassen worden war, weil er über eine Affäre mit einer Mitarbeiterin gelogen hatte, verblüffte Pittman die Hog Fans, indem er Petrino als Offensive Coordinator zurückholte, um seine eigene Amtszeit zu retten. Eine Zeit lang funktionierte diese Kooperation. Petrinos geradliniges Auftreten und seine kreative Offensive gaben den Hogs Auftrieb und führten sie in die Bowl Season. Doch es bildeten sich Risse und sie vergrößerten sich in diesem Herbst. 39 Transferabgänge machten in der Offseason Arkansas zum wechselhaftesten Team der SEC. Der neu besetzte Kader harmonierte nie. Kostenintensive Fumbles in der Schlussphase des Spiels machten mögliche Siege gegen Ole Miss und Memphis zunichte, während Petrinos hochkarätige Offensive in den letzten sechs Vierteln seit der Niederlage gegen Memphis nur 16 Punkte erzielte. Gegen Notre Dame lieferte die Verteidigung einen absoluten Tiefpunkt mit verpassten Tackles und trägem Spiel. Die Fighting Irish erliefen in der ersten Halbzeit 420 Yards.
Pittmans letztes Spiel unterstrich auch, warum die einst dominanten Lines der Razorbacks nicht mehr mithalten konnten. Die Hogs wurden in der Offensive unter Druck gesetzt, genau wie in der letzten Saison bei drei Niederlagen, als sie unterlegen waren und landesweit nur den 102. Platz bei den Rushing Yards belegten. Das diesjährige Team war voller Hoffnung ins Rennen gegangen, nachdem es in der Rushing Offense unter die Top 30 aufgestiegen war, doch Notre Dame zerschlug Arkansas‘ Defensive und versetzte die Zuschauer in fassungsloses Schweigen. Pittmans sportliches Ende schien unmittelbar nach der Niederlage am Samstagnachmittag nahe. Als Pittman am Samstag seine letzte Pressekonferenz verließ, wurde seine Frau emotional, und er umarmte Jamie. "Schon gut, Liebling", sagte er ihr in seinem unverkennbaren Südstaatenton und ahnte wohl schon, dass sein sportliches Ende bald kommen würde.
Jetzt richtet sich die Aufmerksamkeit auf die nächsten Schritte. Arkansas‘ Sportdirektor Hunter Yurachek hat Petrino interimistisch zum Head Coach des Teams ernannt und scheint offen für die Möglichkeit, ihn später, abhängig von den Leistungen, dauerhaft zu übernehmen – ein einst unwahrscheinliches Szenario angesichts des Endes seiner letzten Amtszeit an der Universität. "Wir werden sofort mit der landesweiten Suche nach unserem nächsten Cheftrainer beginnen und diese Suche wird auch Coach Petrino einschließen, der seinen Wunsch geäußert hat, sich für die Vollzeitstelle zu bewerben", sagte Yurachek in einer vom Team veröffentlichten Erklärung.
Dennoch verdient Pittman Anerkennung für seine Leistungen. Er hat Arkansas aus der Asche der Morris-Ära geführt und für Stabilität und Bowl-Teilnahmen gesorgt. Seine authentische Persönlichkeit und sein Image machten ihn zu einem der sympathischsten Trainer im College Football. Doch irgendwann zählen nur noch Ergebnisse und sie blieben hinter den Erwartungen von Förderern, Fans und Verantwortlichen zurück. Yurachek räumte vor zwei Wochen ein, dass Arkansas im Rahmen seines aktuellen NIL-Rahmens "nicht dafür geschaffen ist, einen nationalen Titel zu gewinnen", eine Aussage, die Kritik hervorrief. Arkansas‘ Förderer sind finanzkräftig und ein Plan, das Trainerkarussell mit einem reichen NIL-Geldtopf anzugreifen, ist möglich. Aber ist er auch umsetzbar? Oder noch besser: Können die großen Geldgeber bei Tyson Chicken, Walmart und sogar Jerry Jones, einem ehemaligen Arkansas-Studenten, davon überzeugt werden, den Tresor mit Bargeld zu füllen?
Arkansas ist ein Bundesstaat, der seine Söhne liebt, sie aber selten zu Hause halten kann. Die Championship-Trainer Jimmy Johnson und Barry Switzer spielten und trainierten für die Hogs und beide wurden für den Chefposten übergangen. 2006 vertrieben die Razorbacks den aus Arkansas stammenden Gus Malzahn. Die Hogs zeigten am Tag nach Auburns Niederlage im SEC-Meisterschaftsspiel 2017 Interesse daran, Malzahn nach Hause zu holen. Es bestand Interesse von beiden Seiten, doch die Gespräche scheiterten. SMU-Trainer Rhett Lashlee wuchs als Arkansas-Fan im nahegelegenen Springdale, Arkansas, auf und wurde nur ein ein Walk-on für die Hogs. Letzte Saison führte er die Mustangs in die College-Football-Playoffs. Die Hog Calls werden eines Tages zurückkehren. Die Frage ist nun: Wer wird sie anführen?
Schlüter - 28.09.2025

Head Coach Sam Pittman (Arkansas Razorbacks) wurde nach der hohen Niederlage gegen Notre Dame entlassen. (© Getty Images)
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