Genau 119 Jahre wurde das Amateursportmodell der NCAA alt und am Pfingstwochenende von einer US-Bezirksrichterin zu Grabe getragen. Claudia Wilken hat dem Vergleich im mittlerweile fünf Jahre andauernden Rechtsstreit House vs. NCAA genehmigt. Der Prozess endete nach fast einem Jahr voller Diskussionen und Anpassungen, nachdem die NCAA und die Conferences zunächst für eine Beilegung der Klage im Jahr 2024 gestimmt hatten. Der Vergleich in Höhe von 2,8 Milliarden Dollar und einer Laufzeit von zehn Jahren sieht Entschädigungen für verpasste NIL-Einnahmen vor und ermöglicht es Hochschulen, aktuelle Spieler ab dem 1. Juli direkt zu bezahlen. Damit können erstmals Millionen von Dollar zwischen den US-Hochschulen und Sportstudenten aufgeteilt werden. US-Hochschulen können im kommenden akademischen Jahr bis zu 20,5 Millionen US-Dollar ihrer Einnahmen mit den Spielern teilen. Der Vergleich umfasst auch Nachzahlungen in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar für Athleten, die zwischen 2016 und 2024 an Wettkämpfen teilgenommen haben. Die neue Obergrenze für die Einnahmenbeteiligung wird während der zehnjährigen Vereinbarung jährlich um mindestens vier Prozent steigen.
Die endgültige Genehmigung des Vergleichs wurde im April zweimal verschoben, nachdem der Richter die Bedenken der Einwender hinsichtlich der Einführung von Kaderbeschränkungen für aktuelle Spieler, eine der Säulen des Vergleichs, geteilt hatte. Hochschulen strichen bereits im Frühjahr Spieler aus ihren Kadern, obwohl der Vergleich noch nicht genehmigt war, was die Diskussionen während der Vergleichsanhörungen erschwerte. Die Richterin beauftragte die Anwälte, einen Plan auszuarbeiten, der es aktuellen Spielern ermöglicht, von den neuen Kaderbeschränkungen unberührt zu bleiben. Die NCAA, die Power Five Conferences und die Kläger boten stattdessen einen Kompromiss an: Die Schulen sollten die Möglichkeit erhalten, aktuelle Spieler in ihren Kadern zu behalten und die neuen Limits vorübergehend zu überschreiten, bis ihre Teilnahmeberechtigung abläuft. Die neuen Kaderlimits sollten dazu führen, dass fast 5.000 Athleten aus den Teams der 43 von der NCAA angebotenen Sportarten entlassen werden. Einige Sportarten werden ihre Kaderlimits im Vergleich zu den Vorjahren erhöhen, viele werden jedoch gekürzt, obwohl sie innerhalb dieser neuen Schwellenwerte unbegrenzte Stipendien anbieten. Andererseits werden die Kader im College Football auf 105 Spieler schrumpfen, was dazu führen wird, dass die Hochschulen im Durchschnitt mehr als 20 Spieler nicht mehr berücksichtigen werden.
NCAA-Präsident Charlie Baker reagierte in einem Brief auf den bahnbrechenden Vergleich als erste nennswerte Person: "Die Zustimmung zur Vereinbarung zwischen der NCAA, den beklagten Conferences und den Athleten ebnet den Weg für eine Stabilisierung des Hochschulsports. Dieser neue Rahmen, der es Hochschulen ermöglicht, studentischen Sportlern direkte finanzielle Vorteile zu gewähren und klare und spezifische Regeln für die Regulierung von NIL-Vereinbarungen mit Dritten festlegt, stellt einen enormen Fortschritt für den Hochschulsport dar."
Die Sammelklage House gegen NCAA wegen Kartellrechtsverstößen wurde 2020 vom Schwimmer Grant House von der Arizona State University und der College Basketballspielerin Sedona Prince eingereicht, die eine einstweilige Verfügung gegen die NCAA und die Power Five Conferences erwirken wollten. Ziel war die Aufhebung der Beschränkungen bei der Aufteilung der Einnahmen aus Medienrechten. Die einflussreichen Kartellrechtsanwälte Steve Berman und Jeffrey Kessler vertraten die Kläger. Der Vergleich schloss nun insgesamt drei Kartellrechtsklagen ab: Carter gegen NCAA, House gegen NCAA und Hubbard gegen NCAA.
Wie Hochschulen, die bis zu 20,5 Millionen Dollar auf ihre Sportarten aufteilen wollen, war ein Streitpunkt, für den es bisher keinen rechtlichen Rahmen gab und gibt. Es wird erwartet, dass die meisten Schulen die im 2,8-Milliarden-Dollar-Vergleich festgelegte Nachzahlungsformel übernehmen. Das bedeutet, dass etwa 75 Prozent der zukünftigen Einnahmen an Footballspieler, 15 Prozent an Basketballspieler der Männer, 5 Prozent an Basketballspieler der Frauen und 5 Prozent an alle übrigen Sportarten gehen. Einige Schulen haben sich dafür entschieden, den durchschnittlichen Bruttoumsatz jeder Sportart zu übernehmen, was dazu führen könnte, dass mehr als 85 Prozent des Gehaltspools für Footballspieler reserviert werden.
Wie sich die Umsatzbeteiligung auf die rasant steigenden NIL-Deals mit Drittparteien auswirken wird, ist noch ungeklärt. Dennoch werden diese Vereinbarungen außerhalb des Umsatzbeteiligungsplans ab dem 1. Juli einer intensiven Prüfung durch eine neue Durchsetzungsbehörde unterzogen. Experten glauben, dass dieses dazu beitragen wird, "Pay-for-Play"-Systeme zwischen Förderern und Spielern weit über den wahrgenommenen Marktwert hinaus einzudämmen. Viele millionenschwere Vereinbarungen mit hochkarätigen Spielern wurden in den Monaten vor der Genehmigung des Vergleichs abgeschlossen, damit diese Vereinbarungen nicht von der neuen Durchsetzungsbehörde geprüft werden, die erst ab dem 1. Juli ihre Befugnisse erhält. Es wird ferner erwartet, dass die Conferences in Kürze die College Sports Commission gründen werden, um die Bedingungen des Vergleichs zu überwachen und die neuen Regeln umzusetzen. Wie auch verlautbart wurde, haben die Power Four Conferences bereits Deloitte und LBI, zwei führende Unternehmen im Bereich Revenue Management, mit der Entwicklung einer Software zur Analyse von NIL-Vereinbarungen und zur Überwachung der Umsatzbeteiligungsverträge der Spieler, beauftragt. Deloitte wird Daten aus früheren Werbeverträgen mit Sportlern nutzen, um die NIL-Verträge der Förderer zu überprüfen und festzustellen, ob eine Vereinbarung den Marktwert eines Sportlers übersteigt.
Die Einnahmenbeteiligungen der Hochschulen werden ferner von einer neuen Stelle, mit dem Arbeitstitel "CAP" zukünftig überwacht. NIL-Verträge, die geprüft werden, werden einem Schiedsverfahren unterzogen, welches Entscheidungen über die Teilnahmeberechtigung und Strafen im Rahmen des neuen Systems beschleunigen könnte. Die NCAA, die bei der Durchsetzung von NIL-Verträgen zahnlos geworden war, da diese von Bundesstaat zu Bundesstaat rechtlich angefochten wurde, wird nicht direkt an der Durchsetzung von NIL-Verträgen beteiligt sein. "Ich denke sicherlich, dass wir hier koordiniert zusammenarbeiten müssen, aber in gewisser Weise ... könnte das ein wirklich guter Weg sein – und es gibt ein Schiedsverfahren und kann Fakten ermitteln", sagte NCAA-Präsident Charlie Baker bereits letzte Woche. "Das hat viele positive Aspekte."
Auch bei den Conferences wurde die Genehmigung positiv bewertet: "Dieses ist ein bedeutender Moment für den Hochschulsport, der studentischen Athleten beispiellose Möglichkeiten bietet", sagte ACC-Commissioner Jim Phillips. "Wir freuen uns auf die Implementierung dieses neuen Systems, das die dringend benötigte Transparenz und Struktur bietet, um ein nachhaltiges Modell für die langfristige Zukunft des Hochschulsports zu schaffen."
Big Ten Commissioner Tony Petitti äußerte sich wie folgt: "Wir freuen uns auf die Umsetzung dieser historischen Einigung, die Stabilität, Integrität und das Wettbewerbsgleichgewicht in den Hochschulsport bringen und gleichzeitig die Stipendien- und Einnahmemöglichkeiten für studentische Athleten in allen Sportarten erhöhen soll", sagte Big Ten Commissionar Tony Petitti. Big 12 Commissioner Brett Yormark ergänzte: "Da wir in diese neue Ära des US-Hochschulsports eintreten, ist es entscheidend, dass wir dabei Struktur, Transparenz und den Erfolg der studentischen Athleten im Auge behalten – diese Einigung und das neue Modell werden dieses sicherstellen."
Schlüter - 09.06.2025
Die Genehmigung des Einigungsverfahrens im Rechtsstreit House vs. NCAA ist beschlossen. College Football kann in eine neue Ära eintauchen. (© Getty Images)
Leser-Bewertung dieses Beitrags: