Titel belohnt

Die Philadelphia Eagles haben mit "Erfolgscoach" Nick Sirianni verlängert und ihm den zweiten Titel der Franchisegeschichte mit einem mehrjährigen Arbeitspapier vergoldet. Die genauen zahlen wurden jedoch nicht veröffentlicht. Eigentlich wäre die anstehende Saison die vorerst letzte für ihn gewesen. Dass es soweit kommen würde, hatte aber wohl niemand ernsthaft für möglich gehalten.

Die Verpflichtung des damals 39-jährigen, der zuvor bei den Indianapolis Colts Offensive Coordinator gewesen war, war 2021 eine durchaus kontrovers diskutierte Wahl: Er war ab 2018 drei Jahre lang unter dem ehemaligen Eagles Offensive Coordinator und damaligen Colts Head Coach Frank Reich in Indianapolis tätig gewesen. Eigentlich sollte er damals Quarterback Carson Wentz wieder auf den "richtigen Weg" bringen. Kaum eine andere Franchise hatte so viel in einen Spieler investiert, wie die Eagles in Wentz, wenn man sich das abgegebene Draftkapital 2016 und seinen Vertrag anschaute. So gesehen war es nicht verwunderlich, dass dieser Punkt bei den Bewerbungsgesprächen stark im Fokus stand. Man muss festhalten: Das hat sicher nicht geklappt, aber das Schicksal hatte es gut mit dem neuen Head Coach gemeint. Wentz wird allenfalls noch in Nebensätzen erwähnt, mit Jalen Hurts hat man einen stoisch gelassenen Quarterback, der mit Leistung punktet.

Sirianni selbst spielte als Wide Receiver lediglich in der Division III bei Mount Union in Ohio. Mittlerweile kann er jedoch bereits auf 16 Jahre Coaching Erfahrung in der NFL zurückblicken – zunächst als Wide Receiver und Quarterback Coach bei den Chiefs und Chargers. Aus seiner Station bei den San Diego / Los Angeles Chargers kennt er auch Frank Reich, der dort als Offensive Coordinator tätig war, bevor er zu den Eagles gewechselt war. 2018 holte ihn Reich zu den Colts, als er dort nach dem überraschenden Rückzieher von Josh McDaniels im Februar 2018 als Head Coach "nachverpflichtet" worden war.

Die meisten Spieler der Eagles, die der Philadelphia Inquirer bei seiner Verpflichtung kontaktiert hatte, konnten mit dem Namen Nick Sirianni wenig anfangen. Der hatte sich – wie schon eine ganze Reihe Bewerber vor ihm –im Anwesen von Franchisebesitzer Jeff Lurie in Palm Beach / Florida vorstellen dürfen.

Seit Lurie in den 90ern die Eagles übernommen hatte, hatte er erst fünf (hauptamtliche) Head Coaches inklusive Sirianni: Ray Rhodes (1995-98), Andy Reid (1999-2012), Chip Kelly (2013-15) und Doug Pederson (2016-20). Den größten Erfolg zuvor hatte Doug Pederson mit dem ersten Titel der Franchisegeschichte bei Super Bowl LII 2018, Andy Reid war 2004 als NFC-Champion in den Super Bowl eingezogen, hatte dort jedoch gegen die Patriots eine 24:21 Niederlage einstecken müssen.

Sirianni zog mit Pederson im Februar gleich, was die Anzahl der Titel in Philadelphia (und auch überhaupt) angeht. Dabei war er ebenso als Außenseiter in die Partie gegen die Chiefs gegangen, wie sein Vorgänger damals gegen die Patriots.

Während Super Bowl LII jedoch bis zum Ende spannend war, schaffte es das Team von Sirianni in New Orleans vor drei Monaten, die vermeintlichen Favoriten aus Kansas City von Beginn an zu dominieren und auch ein bisschen zu demütigen. Der 40:22 Endstand täuscht über die herausragende Vorstellung der Eagles hinweg, die erst am Ende ein paar Touchdowns des Gegners zuließen, als das Spiel längst entschieden war.

Sirianni traf vor und nach dem Endspiel die passenden Töne und hat sich seine Verlängerung absolut verdient. Selbst wenn es - im Gegensatz zu Vorgänger Pederson - keine Statue geben sollte, so ist der Triumph zu einem großen Teil sein Verdienst. Dafür kann und wird Jeff Lurie auch gerne tiefer in die Tasche greifen.


Carsten Keller - 19.05.2025

Nick Sirianni direkt nach Super Bowl LIX (© Carsten Keller)