Ein Österreicher für einen Österreicher

Dass der Traum von der NFL-Karriere äußerst schnell vorbei sein kann, ist allgemein bekannt. Eine Verletzung oder Entlassung und plötzlich ändern sich Pläne zwangsweise von einer Minute auf die andere.

Dieser Traum von Tight End Bernhard Seikovits bei den Arizona Cardinals ist diese Woche abrupt unterbrochen worden; nach vier Jahren in Glendale wurde er entlassen, um einen Platz im Kader für – ausgerechnet – einen anderen Österreicher freizumachen.

Offensive Lineman Valentin Senn hatte vier Jahre erfolgreich bei den UConn Huskies gespielt und als Left Tackle gute Leistungen abgeliefert. Nachdem er nicht gedrafted worden war, verpflichteten ihn die Arizona Cardinals im Anschluss an den Draft als Undrafted Free Agent.

Auf den ersten Blick eigentlich eine ideale Konstellation: Zwei Österreicher in einem Team sollten die Eingewöhnung für Senn schnell gelingen lassen. Schließlich war Bernahrd Seikovits bereits seit Mai 2021 mit einem extra-Practice Squad Platz für einen internationalen Spieler ausgestattet worden und hatte alle möglichen Camps und Trainingseinheiten absolviert.

Ursprünglich hatte der mittlerweile 27-jährige Tight End noch als Quarterback in der Jugend der Vienna Vikings gespielt und zum Beispiel Pässe zu Bernhard Raimann geworfen, der zwischenzeitlich umgeschult worden war auf Offensive Tackle und so bei den Indianapolis Colts unterkam.

In den USA war Seikovits jedoch als Tight End eingeplant. In einem regulären Saisonspiel wurde er leider nie eingesetzt, in der Preseason gab es durchaus Spielzeiten.

Im April kehrte er zurück nach Arizona, wie er im "Football O’Clock" Podcast erklärte, den er mit dem österreichischen Journalisten Martin Pfanner regelmäßig aufnimmt. In dieser Offseason verbrachte er mehr Zeit in Österreich als 2024, wo er nur wenige Wochen zu Hause gewesen war.

Die Verpflichtung seines Landsmannes Valentin Senn, der Football vor seiner Zeit am College bei den Raiders Tirol gelernt hatte, erfuhr er erst von Senn selbst, der ihn per Textnachricht gefragt hätte: "Roomies?"

Aus der möglichen österreichischen Camp-WG wird jetzt aber dann doch nichts und die Überlegungen, ob die Coaches der Cardinals künftig auch deutsch lernen sollten, müssen wieder beerdigt werden.

Stattdessen ist die Zukunft für Seikovits jetzt deutlich ungewisser. Eigentlich hätte der Tight End bis zu den Minicamps das nach drei Jahren mit dem gleichen Coaching Staff von Jonathan Gannon mittlerweile vertraute Playbook noch in Details besser umsetzen und studieren wollen, um gut vorbereitet zu sein für den Start in Mini-Camp und das Training Camp. Ansonsten war der Fahrplan einfach: "Einfach zusammenwachsen mit dem ganzen Team und Spaß haben an der ganzen Sache, denn sobald das Trainingscamp beginnt, ist es nur noch Business und die Saison ist auch lang."

Das Ziel ist am Ende des Tages aber immer noch dasselbe, dass ich das Team schaffen will nach dem Training Camp."

Das Ziel wird jetzt zumindest auf anderem Weg erreicht werden müssen, als es bis vorige Woche noch schien.

Um Platz für die nach dem Draft verpflichteten Spieler zu machen, wurde Seikovits gemeinsam mit Guard Matthew Jones gehen gelassen. Dadurch wird das Limit von 90 Akteuren erreicht, die ein Team zu Beginn der Camps nur noch haben darf. Die Ausnahmeregelung als Spieler des International Player Pathway Programs mit zusätzlichem Kaderplatz wird jetzt für Valentin Senn in Anspruch genommen, so dass er Seikovits bei den Cardinals tatsächlich 1:1 ersetzt.

Derweil wurde Bernhard Seikovits von keinem Team von der Waiver-Liste geholt, was aber grundsätzlich noch nicht allzu viel bedeuten muss. Die Hoffnung bleibt, dass auch sein Traum noch weitergehen wird.

Carsten Keller - 01.05.2025

Bernhard Seikovits stand vier Jahre im Kader der Cardinals (© Getty Images)