Eigentlich hätte die komplette Verteidigung der Eagles den MVP-Titel verdient gehabt. Oder Defensive Coordinator Vic Fangio, dessen Gameplan Quarterback Patrick Mahomes terrorisierte, bevor der dann in der Garbage Time, als die Partie längst entschieden war, die Statistiken zumindest noch auf ein erträgliches Niveau heben konnte.
Am Ende wurde es - natürlich - wieder einmal der Quarterback. Natürlich hätte es auch Edge Rusher Josh Sweat mit 2.5 Sacks oder Defensive Tackle Milton Williams mit seinen zwei Sacks werden können. Oder. Oder. Oder.
An den Zahlen des stoischen Jalen Hurts kommt man aber eben auch nicht vorbei: Auf der Negativseite stehen eine Interception und zwei kassierte Sacks. Auf der Habenseite sind dagegen 17 von 22 Passversuchen für 221 Yards und zwei Touchdowns angebracht, dazu elf Rushes für 72 Yards sowie ein Touchdown. Von der überragenden Leistung vor zwei Jahren im Endspiel ganz zu schweigen, wo er sicherlich den MVP-Titel verdient hätte, wenn die Eagles eben nicht noch verloren hätten. Das aber nur, um die Story abzurunden, bei dieser Wahl hatte das natürlich keinen Einfluss.
Er ist der erste Quarterback, dem in mehreren Super Bowls jeweils mindestens 200 Pass Yards und 50 Rush Yards gelangen.
Damit darf zum 34. Mal ein Quarterback die Pete Rozelle Trophy für den wertvollsten Spieler des Super Bowls mit nach Hause nehmen. Es war klar, dass dem üblicherweise äußerst bescheidenen Hurts der individuelle Titel - zumindest nach außen - eher egal sein wird. Wichtig ist, dass man eben nicht wieder nach einer starken Leistung am Ende mit leeren Händen dasteht.
So trat er auch bei der Pressekonferenz auf. Wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man annehmen können, dass er wieder als Verlierer vom Platz gegangen ist, denn meist antwortete er mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck, die Situationen, als er lächelte, konnte man an einer Hand abzählen.
Zunächst lobte er seine Verteidigung: "Die D[efense] hat sich heute den Hintern aufgerissen!" Anschließend betonte er immer wieder, dass es "ein langer weiter Weg" war, soweit zu kommen beziehungsweise dieser auch weiter gehe.
"Fleiß, Arbeit, Vertrauen auf den Prozess. Auf Kurs bleiben und sich an das Skript halten."
Die Zweifler und Kritiker sei er mittlerweile gewohnt. "Das kommt einfach. Ich habe damit immer gelebt. Ich werde jetzt nichts wegen des Ergebnisses ändern. Ich werde immer alles geben."
Ein seltenes Grinsen gab es, als er danach gefragt wurde, ob die weiten Pässe von Beginn an im Gameplan gewesen wären "Das war etwas, was irgendwie erst kam... Ich glaube, das kam erst mit der Zeit." Das kann man jetzt glauben, muss es aber nicht.
"Es geht nur um uns. Du musst Deine Erfahrungen aus der Vergangenheit nehmen und für die Zukunft umsetzen. Und das hat geklappt heute." Seine Familie habe ihn dabei immer unterstützt und alles Negative in Positives verwandelt.
Der Grund und die Zielsetzung hätte sich dabei nie geändert. "Ich bin immer der Gleiche. Es ändert sich nur, wie die Leute auf Dich schauen."
Seine Beharrlichkeit hätte ihn jetzt auf den Gipfel des Berges gebracht. Aber es ist noch lange nicht der letzte Gipfel, den er erklimmen will: "Das Ende kommt nicht so schnell!" hatte er wohl nicht nur für seine Kritiker, sondern auch ein bisschen für sich parat.
Bei ihm hatte man keinesfalls den Eindruck, dass er jetzt zu einer Feier aufbrechen würde und die Nacht zum Tag macht, wie das womöglich der ein oder andere MVP in der Vergangenheit schon getan hat. Denn das Ende ist ja noch lange nicht erreicht...
Wahlberechtigt waren insgesamt 16 Medienvertreter sowei Fans interaktiv über die Website der Liga.
Carsten Keller - 10.02.2025
Ein kurzes Lächeln des MVP Jalen Hurts (© Carsten Keller)
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