Die sogenannte Opening Night ist ein alljährliches Spektakel am Montag vor dem Super Bowl, das in diesem Jahr aber anders war: In früheren Jahren überboten sich die TV-Sender und "Online Persönlichkeiten" mit immer skurrileren Ideen, um aus der Masse herauszustechen. Davon ist mittlerweile nicht mehr allzu viel übrig. Stattdessen baut man die ursprünglich als große Pressekonferenz gedachte Veranstaltung mittlerweile um zum Fanevent, um auch hier etwas mehr Spektakel und Entertainment (und in der Zukunft womöglich nennenswerte Einnahmen) zu generieren.
Die Grundidee ist noch die gleiche wie die letzten Jahre: Wer als Medienschaffender irgendeiner Art anfragt, erhält eine Akkreditierung. Beide Teams sind dann jeweils für eine Stunde in einem größeren Austragungsort – diesmal auf dem Feld des Superdomes – verfügbar. Diesmal gab es 11 verschiedene Podien, auf denen jeweils ein vorher fest bestimmter Spieler Platz nahm. Alle übrigen Spieler und Coaches liefen selbst am Rand des abgesperrten Spielfelds umher und konnten einfach angesprochen werden.
Wobei "einfach ansprechen" hier relativ ist, da es einerseits sehr laut ist und andererseits eben auch ein paar Tausend andere Personen Fragen haben. Zumindest sind diese paar Tausend anderen Personen aber nicht mehr unbedingt in "lustigen Kostümen" versteckt (mit Ausnahme eines blauen Flaschengeists). Vor allem mexikanische Medien hatten sich in der Vergangenheit regelmäßig überboten, aber mittlerweile scheint das Ganze einen Tick seriöser geworden zu sein oder es durften dank neuer Regierung weniger Mexikaner einreisen. Trinkspiele und ähnliches scheinen mittlerweile tabu zu sein.
Auf den jeweiligen kleinen Podien nahmen die beliebteren beziehungsweise bekannteren Spieler Platz und man konnte gut erkennen, wo hier die meiste Anziehungskraft bestand: Bei den zuerst auflaufenden Eagles waren Running Back Saquon Barkley und Quarterback Jalen Hurts mit einer größeren Menschentraube versehen, bei Left Guard Landon Dickerson konnte man dagegen nach einigen Minuten direkt in die zweite Reihe treten.
Allerdings gab es ein Problem: Die NFL will wie erwähnt die Veranstaltung zu einem Fanevent umbauen und hatte dafür moderate Preise von 20 Dollar aufgerufen. Executive Vice President Peter O’Reilly hatte am Morgen noch eine Besucherzahl von potenziell 30.000 in den Ring geworfen, am Ende war es wohl eher hoch vierstellig. Doch die wurden mit Interviews und Sound dauerbespaßt, was dazu führte, dass man die Antworten der Spieler vom Podium eigentlich nicht verstehen konnte (und wohl auch irgendwann Kopfschmerzen haben musste).
So durfte man seine Fragen zwar aufs Podium schreien, was meist noch halbwegs gut gelang oder zumindest bei einigen leiser redenden Personen schon Nachfragen produzierte. Spätestens die Antwort des Spielers war dann aber nicht mehr verständlich.
So werde ich wohl nie erfahren, wie oft Eagles Tight End Dallas Goedert nach dem verlorenen Super Bowl vor zwei Jahren noch bis vor zwei Wochen daran gedacht hat. Dass sich Left Tackle Jordan Mailata, der über das International Pathway Program bis zu größtmöglichem (sportlichen und finanziellen) Erfolg gekommen ist, nicht als Vorbild anderer IPP-Hoffnungsvoller sieht, konnte ich dagegen gerade noch mitbekommen. Die Begründung aber nicht.
Mailata war auch gefühlt einer der glücklichsten Spieler bei der Veranstaltung. Einige andere waren – absolut nachvollziehbar – eher verhalten euphorisch, während Mailata mit einem Dauergrinsen antwortete.
Bei den Chiefs war anschließend auch klar, wer die größte Schar anzog: Patrick Mahomes und Travis Kelce hatten die Podiumsplätze von Hurts und Barkley übernommen. Und wer hören wollte, wie Travis Kelce Fragen zu seinem Privatleben mit Taylor Swift mit einem deutlichen "Next Question" beantwortete, verstand das auch noch problemlos in Reihe acht.
Insgesamt eine deutlich "erwachsenere" Veranstaltung als noch vor einigen Jahren und gut, um einen Blick ins Stadion – und schöne Bilder aus nächster Nähe – zu erhaschen. Für Informationen war man aber – wie zuvor jedoch auch erwartet – eindeutig an der falschen Stelle.
Carsten Keller - 04.02.2025
Das Podium von Patrick Mahomes... eine halbe Stunde, bevor er auch ankam (© Carsten Keller)
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