Frust als Motivation

Notre Dame strebt im National Championship Game gegen Ohio State den ersten Titelgewinn seit 1988 an.Na bitte, geht doch. Nach bis dahin überwiegend einseitigen Playoff-Partien hielten die beiden Halbfinals, was man sich von Halbfinals immer erhofft. Beide Spiele waren spannend und endeten auf dramatische Art: Notre Dame erzielte das Field Goal zum 27:24-Erfolg gegen Penn State sieben Sekunden vor Spielende im Anschluss an eine späte Interception, und Ohio State verpasste Texas den "Knockout Punch" mit einem 83-Yard-Fumble-Return zum 28:14-Endstand etwas mehr als zwei Minuten vor Ende der Partie. So darf es am kommenden Montag in Atlanta gerne weiter gehen. Und das sollte es auch. Ohio State ist wegen des größeren Offensiv-Potenzials leicht favorisiert, aber Notre Dames starke Abwehr ist durchaus in der Lage, den Angriff der Buckeyes unter seiner gewohnten Ausbeute zu halten, und wenn das gelingt, dann, das hat das Spiel gegen Texas gezeigt, kommt auch Ohio State in Bedrängnis. Am Ende könnte, wie in den beiden Halbfinals, ein "Big Play" den Unterschied zwischen Sieg und Niedelage machen.

Ganz gleich, wie das letztlich ausgeht, dem Sieg wird man auf jeden Fall das Prädikat "historisch" verpassen. Für Notre Dame, den einstigen Rekordmeister, der diesen Status durch seine lange Titel-Flaute an das ab 2008 den College Football dominierende Alabama verlor, wäre es die erste National Championship seit 1988. Ohio States letzter Titelgewinn liegt zwar nur zehn Jahre zurück, aber ein Erfolg in dieser Saison wäre deshalb etwas Besonderes: Die Buckeyes waren der erste National Champion nach Einführung der Playoffs mit vier Teams zur Saison 2014 und könnten jetzt auch der erste National Champion im neuen Playoff-Format werden.

Darüber hinaus ist schon die Endspiel-Besetzung etwas Besonderes. Die hätte es ohne die Erweiterung der Playoffs nie gegeben, weder in der Zeit der Vierer-Playoffs (2014 bis 2023), noch in der Zeit des BCS National Championship Games (1998 bis 2013), und in den Jahrzehnten der Meisterkür über die Umfrage-Ranglisten der Journalisten und Head Coaches schon gar nicht. Der Grund: Beide hatten in der Regular Season Niederlagen kassiert, die ihnen früher zum Verhängnis geworden waren. Notre Dame hatte am zweiten Spieltag eine 14:16-Heimniederlage gegen Northern Illinois kassiert. Eine Blamage für Notre Dame, und wenn man das so sagt, schmälert man die Leistung von Northern Illinois an dem Tag nicht im Geringsten. Die Huskies waren an jenem 7. September das bessere Team, und diese Feststellung macht die Niederlage aus Sicht der Fighting Irish erst so richtig peinlich. Eine Heimniederlage gegen ein Team aus der Mid-American Conference, das dort noch nicht mal zu den besten Teams gehörte, und die auch noch völlig verdient - die Höchststrafe. Mit einerm solchen Makel in der Bilanz ist noch nie ein Team National Champion geworden.

Bei Ohio State war es nicht ganz so schlimm. Die Buckeyes verloren Ende November gegen einen deutlich höherwertigeren Gegner, ihren Erzrivalen und letztjährigen National Champion Michigan, mit 10:13. Einmal abgesehen davon, dass Michigan in dieser Saison nur noch ein Durchschnittsteam mit fünf Niederlagen in der Bilanz waren, wäre diese Niederlage für Ohio State vor der Playoff-Erweiterung das sichere Aus gewesen, weil es das Team das Erreichen des Championship Games der eigenen Conference (Big Ten) gekostet hatte, es die zweite Niederlage war, und mit dieser Kombination - Verpassen des Conference Championship Games plus zwei Niederlagen - noch nie ein Team National Champion geworden ist. Der einzige National Champion mit zwei Niederlagen in der Bilanz wat LSU 2007, aber das hatte immerhin trotz der zwei Niederlagen den Titel in der stärksten Conference (SEC) gewonnen.

Das Interessante bei Beiden ist, dass sie es geschafft haben, sich von diesen Niederlagen nicht aus der Bahn werfen zu lassen, sondern den Frust über diese als Motivation zu nehmen. "Ich sage unseren Jungs oft, dass man in seinen schwärzesten Momenten das Meiste über sich selbst lernt. Wir hatten Tiefpunkte, und wir hatten einen richtigen Tiefpunkt am zweiten Spieltag, aber die Jungs haben gekämpft. Wir haben großartige Führungsspieler. Wir haben Spieler, die diese Universität und dieses Football-Team vor ihre eigenen Interessen gestellt haben", wurde Head Coach Marcus Freeman in einem ESPN-Beitrag dieser Tage dazu zitiert. Die Spieler hatten verstanden, dass es an ihnen selbst liegt, ob sie ihre Saison durch die Niederlage "den Bach runter gehen lassen" wollten oder nicht. In der Folge der Pleite und ihrer Aufarbeitung spielte die Mannschaft so, wie man es von einem Preseason-Top-Ten-Team erwartet und verlor kein Spiel mehr.

Bei Ohio State war es genauso. Die Heimniederlage gegen Michigan wurde zum Wendepunkt in der Saison und man übertreibt nicht, wenn man sagt, dass die Buckeyes ohne diesen Rückschlag vermutlich nicht bis ins Finale gekommen wären. Anders als Notre Dame waren sie von Saisonbeginn an einer der Hauptanwärter auf den Gewinn des Titels. Im Großen und Ganzen erfüllten sie die Erwartungen auch. Selbst die Niederlage bei Oregon (31:32) war kein Beinbruch, weil der Tenor nach dieser war, dass Ohio State das Spiel hätte gewinnen können, eigentlich sogar hätte gewinnen müssen. Andererseits spielte die Mannschaft aber nur selten so glanzvoll, wie man es von einem Team mit den angeblich teuersten Kader erwarten würde. Der Tiefpunkt war die Partie gegen Michigan, in dem die Mannschaft vor allem taktisch erschreckend hilflos auftrat. Danach ging das Team in sich - und zeigte dann in den Playoffs, wie gut der Kader tatsächlich. Tennessee und Oregon wurden regelrecht zerlegt, und als es der Abwehr von Texas im Halbfinale gelang, Ohio States wichtigste "Waffe" im Angriff bei diesen beiden Siegen, WR-Jungstar Jeremiah Smith, völlig abzumelden (ein Fang für drei Yards), übernahmen andere die Hauptrolle und führten Ohio State zum Sieg. "Ich denke, dass wahrscheinlich kein Team so viele Prüfungen zu bestehen hatte wie diese Mannschaft. Vor fünf Wochen bekamen Leute Morddrohungen, unser Head Coach war schon so gut wie entlassen - alle solche Sachen. Und ich bin mir sicher, dass, wenn man heute Abend auf Twitter oder Instagram geht, alle Lobeshymnen auf uns singen werden", hatte Egbuka schon nach dem klaren Sieg im Viertelfinale gegen Oregon gesagt und die Situation des Teams in den Wochen seit der Michigan-Pleite wohl mit am besten beschrieben. Natürlich will man jetzt auch den letzten Schritt machen, aber selbst, wenn es gegen Notre Dame nicht reichen sollte, war die Saison ein Erfolg.

Hoch - 14.01.2025

Notre Dame strebt im National Championship Game gegen Ohio State den ersten Titelgewinn seit 1988 an.

Notre Dame strebt im National Championship Game gegen Ohio State den ersten Titelgewinn seit 1988 an. (© Getty Images)

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