Oft genug - und sicher auch meistens nicht zu Unrecht - werden die NFL oder einzelne Teams aufgrund ihres Profitstrebens kritisiert. In Krisensituationen zeigt sich dann aber auch, zu welchen großartigen Taten und welchem Zusammenhalt sie fähig sein können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Bewältigung der Umstände der verheerenden Wald- und Häuserbrände in Los Angeles, die eine Verlegung der Wild Card-Playoffpartie zwischen den Rams und Vikings nötig machten.
Nachdem am Freitag klar war, dass das Spiel nicht wie vorgesehen im Footballtempel SoFi-Stadium stattfinden kann, lief die Organisationsmaschinerie an. Eine logistische Herausforderung nicht nur für die Rams und das Gästeteam aus Minnesota, sondern auch für die Arizona Cardinals, deren Heimspielstätte Statefarm Stadium als neue Austragungsörtlichkeit am Montag bestimmt wurde.
Jetzt sind die Cardinals als Divisionskonkurrenten sicher nicht die größten Fans der Rams, aber an der sofort gezeigten Hilfsbereitschaft konnte man das keinesfalls erkennen: Noch am Freitagabend schickten die Cardinals zwei Boeing 777 Flugzeuge ihrer Franchise nach Los Angeles, die Team, Stab und Familien sowie acht Haustiere (für die Statistiker: laut Adam Schefter sechs Hunde und zwei Katzen) nach Phoenix holten. Ob Owner Bidwill, der selbst eine Pilotenlizenz besitzt und immer wieder einmal fliegt, dies selbst erledigt hat, wurde nicht publik gemacht.
Das Trainingsgelände der Cardinals wurde ebenfalls den Rams übergeben und auch die Fans, für die man Busse organisiert hat, wollen trotz aller Widrigkeiten dabei sein: Das Vorkaufsfenster der Dauerkarteninhaber, das zwei Stunden lang galt, wurde laut NFL-Angaben (PR Brian McCarthy) zum Kauf von 52.000 Tickets genutzt. Dieses galt übrigens sowohl für Rams als auch für Cardinals Dauerkarteninhaber, da diese aufgrund der (horrenden) Personal Seat Licence Gebühren ebenfalls einen früheren Zugriff auf alle Veranstaltungen in ihrer Arena haben. Das sorgte bei den Anhängern der Vikings durchaus für Verdruss, da nicht wenige Tickets offensichtlich umgehend auf dem Zweitticketmarkt zu deutlich überhöhten Preisen eingestellt wurden.
Aber das Positive überwog eindeutig: Die Spenden fließen auch aus Richtung der NFL und auch die Rams leisten mehr als nur einen kleinen Beitrag darüberhinaus.
Rams President Kevin Demoff erklärte NFL Networks Peter Schrager: "Als erstes ist uns eingefallen, dass wir für die Vikings, die NFL Offiziellen und unser Team ja 500 Zimmer reserviert haben. Dieser Platz kann an Geflüchtete gegeben werden, wenn man die Entscheidung jetzt trifft. Und es war die richtige Entscheidung. Es bricht einem das Herz für unsere Fans, für unsere Spieler. Unsere Spieler haben sich ein Heim-Playoffsiel verdient, was ein großartiges Zeugnis ist. Aber diese Situation verlangt es, dass wir woanders spielen. Es schmälert nicht, was sie sich verdient haben, und es nimmt nichts von der wunderbaren Saison, die wir hatten."
Und auch wenn die Rams bei einem Divisionsrivalen spielen, so müssen sie auf Nachfrage nicht auf ihre eigenen Farben verzichten: Die Paint Crew wird auch im Statefarm Stadium die Logos der Rams auf dem Grün "aufmalen" und die von der Franchise am Eingang verteilten blauen Rally Towels mit der Aufschrift "NFC West Champs" dürften das Rot der Cardinals-Sitze verdrängen.
Viel wichtiger ist aber, dass die Brände möglichst schnell eingedämmt werden und die Aufarbeitung beginnen kann. Aber für ein paar Stunden gibt es zumindest etwas Ablenkung von den immensen Herausforderungen in und um Los Angeles.
Carsten Keller - 11.01.2025
Die Cardinals stellen den Rams und Vikings nicht nur ihr Stadion zur Verfügung (© Carsten Keller)
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