Mit einem "Quartett" zum Sieg
Vier Einzelspieler von Rhein Fire konnten durch ihre individuelle Leistung einen Wendepunkt zum "Overtime" Sieg von 29:23 in den ELF Semi Finals beitragen.
"It was a heck of game" betitelte Rhein Fire Head Coach Jim Tomsula das Spiel im randvoll besetzten Gazi Stadion in Stuttgart. Dabei hat sich sein Team in der ersten Halbzeit noch schwer getan sich gegen die Sieger der Central Conference durchzusetzen. Stuttgart Surge hatte ein gutes Rezept gefunden, ihren Spielmacher Glen Toonga von Rhein Fire in Schacht zu halten und ihn zu kontrollieren. Nicht nur das, sie waren mit einem Spielstand von 23:13 bis zum letzten Spielquarter in Führung und zeigten ihre dominante Seite.
"That was high quality Football" musste Jim Tomsula eingestehen und zollte Surge Head Coach Jordan Neuman jede Menge Respekt. "Wir haben gesehen, dass sie sehr schnell rauskamen, sie haben ihre Offensive gut laufen lassen und sie war gut eingestellt. Das ist nicht einfach zu lehren, aber die Art und Weise wie die Spieler es ausführten, zeigt, dass sie einfach gut gecoacht sind."
Bis zum letzten Quarter hatten die Schwaben somit einen Standard gesetzt, den sie jedoch nicht halten konnten. Jordan Neuman erlebt es als eine große Enttäuschung für alle beteiligten Spieler und den gesamten Coaching Staff, die natürlich mit einem selbstbewussten Mindset in das Spiel gegangen sind.
Gegen Ende zeigte jedoch ein Quartett von Rhein Fire Spielern, dass es sich lohnt ruhig und konzentriert zu bleiben. Allen voran Tight End Tim Sauerland, der seinen dritten Touchdown in dieser Saison fing und dafür sorgte, dass Rhein Fire mit 23:20 den Anschluss nicht verlor.
"Wir lagen ja immer noch hinten, aber das Gefühl war trotzdem unglaublich. Die Energie kam wieder auf den Platz und auch wieder zurück ins Team. Alle vertrauten und glaubten wieder an sich." Der junge Spieler investiert sehr viel Zeit und Muse in seine Spielerentwicklung und möchte als "Tight End" noch besser werden. Es gelingt ihm und dieser Touchdown wird ihm mit Sicherheit die Richtung weisen. Zweifel hatte er am Spielverlauf keine und erörtert: " Wir sind generell ein Second Half Team, wir haben bis zur letzten Sekunde daran geglaubt, dass wir das hier gewinnen oder wir wussten sogar, dass wir es können. Da war nicht ein Zweifel, dass wir das Spiel verlieren werden."
Defense Teamkollege und US Safety Omari Williams kann diese Aussage unterstreichen, er war der zweite Spieler im Bunde, der Rhein Fire in eine gute Position brachte. Ihm gelang wenige Minuten vor dem Spiel eine Interception. Sie kamen erneut in Ballbesitz mit zwei Minuten verbleibender Spielzeit. Er hebt hervor: "Nein, ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass wir das Spiel gewinnen werden, auch als sie in Führung gingen. Ich hatte kurz vor Ende immer noch das Gefühl, dass wir eine Chance haben. Es war ein sehr intensives Spiel, ein wirklich guter Gegner. Die Fans haben das Spiel genossen, denke ich."
Allerdings, viele Fans fieberten lautstark mit und konnten oft nicht glauben, was ihnen geboten wurde. Ein zunächst gefangener Touchdown von Rhein Fire Tight End Florian Eichhorn wurde nicht gezählt. Auf sein Highlight musste er noch etwas warten und es wiederholen.
In der Zwischenzeit kam Kicker Sebastian von Santen auf den Platz. Er hatte im Verlauf der Saison bereits 8/10 Kicks verhandelt und hat sich vor zwei Jahren dazu entschieden sich voll und ganz dem American Football zu widmen.
Er investiert als Kicker genauso viel Trainingszeit wie seine Teamkollegen und hat für sich ein ganz eigenes Rezept mit Druck umzugehen. Denn in der letzten Minute waren alle Augen auf ihn gerichtet. In diesem Moment liegt Glück und Pech sehr nah beieinander: "Ich versuche gar nicht darüber nachzudenken. Ich habe immer den gleichen Ablauf, den gleichen Kick, je besser man wird, umso besser kann man das Geschrei und das Ergebnis ausblenden, umso besser kann man den Kick dann machen. Es ist immer die gleiche perfekte Reproduktion."
Gott sei Dank gelang ihm dieser Kick und so stellte er für sich fest: "Spannender konnte man es nicht machen. Die Mannschaft hat wirklich nochmal alles hineingeschmissen. Für mich, ich spiele erst seit zwei Jahren Football, war es wirklich das schwerste Spiel, dass ich jemals gemacht habe. Die Jungs haben es überragend gemacht und haben mich in die Position gebracht, das Spiel auszugleichen. Besser wie mit einem weiteren Touchdown konnten wir das Spiel nicht beenden."
Diesen letzten Touchdown durfte dann endlich, der vierte im Quartett Tight End Florian Eichhorn, in Overtime machen und den Sieg nachhause bringen. Eine schöne Leistung des Spielers, der seit vielen Jahren American Football spielt. Er hatte sich nach seinem nicht gewerteten Touchdown nicht aus der Ruhe bringen lassen:
"Unsere Coaches machen einen sehr guten Job und bereiten uns gut vor, dass wir nicht so viel darüber nachdenken müssen was passiert. In der Halbzeit wird auch gar nicht so viel geredet, man fährt sich eher selbst etwas runter. In der Offense versucht man in Verbindung zu bleiben und über die Plays nachzudenken und was auf dem Feld passiert. Ich glaube, das ist einerseits Erfahrung, aber auch Übungssache."
"Einer muss verlieren" hob Jim Tomsula hervor, aber auch Florian Eichhorn erwiderte: "Wir waren ganz gut eingespielt und Stuttgart war wohl in der ersten Halbzeit besser eingestellt, sie haben uns das Leben schwer gemacht und haben unseren Run gestoppt. Mit dem Regen am Ende, war es natürlich nochmal anders. Ich glaube, es war einfach Biss und wer wollte es mehr. Wir hatten am Ende die Nase vorn, aber ich bin ehrlich, es hätte auch anders herum ausgehen können."
Zwei von vier Spielern, Sauerland und Eichhorn, werden von Tight End Positioncoach Timur Beckmann gecoacht. Beide Spieler loben ihn und Florian Eichhorn hob hervor: "Timur ist ein sehr technischer Coach und das kommt mir sehr zugute, da ich auch gerne technisch arbeite. Wir haben an den Fundamentals Anfang der Saison gearbeitet mit der ganzen Gruppe zusammen. Ich glaube, wir haben da ein gutes Mittel gefunden."
Durchaus, denn auch Tim Sauerland sieht noch ein weiteres Puzzleteil im Erfolg und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Andrew Weidinger ist ein super Offensive Coordinator. Er weiß immer alles, er hat genau einen Plan, wann er wo welchen Spieler einsetzen möchte. Auf einmal fangen die Tight Ends die Touchdowns und nicht nur immer die Wide Receiver."
Erfolg und Niederlage liegen sehr nah beieinander und Surge Head Coach Jordan Neuman hatte dazu nur einen Satz parat: "Wir waren ganz nah dran". Das waren sie und über die Saison sind sie in vielen Bereichen über sich hinausgewachsen.
"Das Spiel hat einen Standard in Europa gesetzt. Es waren großartige Aspekte dabei. Es waren zwei großartige Teams und zwei großartige Trainer vertreten" erläuterte der US Coach, der in seiner Karriere bereits mehrere Meisterschaften gewonnen hat.
Aufgeben ist keine Option, ganz im Gegenteil. "Ganz nah dran" bedeutet für Stuttgart Surge über die Offseason alles zu geben und nächstes Jahr noch deutlich mehr drauf zusetzen.
Nadia Quast - 10.09.2024
Tim Sauerland und Florian Eichhorn, beide Tight Ends zeigten gute Leistungen in den Semi Finals (© Nadia Quast)
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