Playoffs-Neulinge stehen sich in Runde 1 gegenüber
Im ersten Spiel der Wild Card-Runde der ELF-Playoffs 2024 empfangen die Paris Musketeers die Munich Ravens. Beide Teams stehen zum ersten Mal in den Playoffs, doch für eines wird die Postseason nur eine kurze Erfahrung sein.
"Ich habe in meinem Leben schon vieles erlebt, aber noch nie eine Bierdusche", gab Ravens-Head-Coach Kendral Ellison nach dem Spiel gegen die Raiders Tirol von sich. Diese Dusche hatte sich Ellison auch redlich verdient. Denn sein Team schickte die Raiders mit einer 30:3-Klatsche zurück nach Österreich. Es war der erste Sieg der Ravens gegen die Tiroler in vierten und bisher vielleicht wichtigsten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften. Mit diesem Sieg sicherten sich die Ravens ihre erste Playoff-Teilnahme und beförderten zudem ihre Gäste in die Offseason. Kein Wunder, dass der Gatorade-Kanister noch auf dem Spielfeld über Ellisons Kopf geleert wurde.
Wie die Ravens sind auch die Musketeers erstmals in den Playoffs vertreten. Obwohl die Franzosen bereits im Vorfeld als Teilnehmer feststanden, festigten sie wie ihr kommender Gegner ihre Platzierung am finalen Spieltag der regulären Saison. Dank eines 44:10-Erfolgs gegen die Frankfurt Galaxy sicherte sich die Mannschaft von Head Coach Marc Mattioli das Heimrecht in dieser Runde. Noch bevor die Musketeers im vergangenen Jahr überhaupt ein Spiel in der ELF bestritten hatten, waren die Erwartungen groß. Druck, die Playoffs zu erreichen, verspürten die Spieler aber nie:
"Wir haben uns nur auf uns selbst und unseren Prozess konzentriert. Wir haben nie auf das große Ganze oder die Zukunft geschaut. Wir haben uns nur auf das Hier und Jetzt konzentriert und das werden wir auch diese Woche gegen München tun." so Musketeers Quarterback Zach Edwards gegenüber Football Aktuell.
Nun treffen die beiden Mannschaften zum ersten Mal aufeinander. Dreh- und Angelpunkt der Musketeers wird Zach Edwards sein. Der Quarterback gilt in dieser Saison nicht umsonst als Kandidat für die Auszeichnungen MVP und Offensivspieler des Jahres. Der US-Amerikaner beendete die reguläre Saison in den Kategorien Passing Yards (3057) und Passing Touchdowns (34) jeweils auf Platz zwei. Doch vor allem seine Laufstärke macht den 26-Jährigen so unberechenbar. Mit 792 Rushing Yards beendete Edwards die Saison nicht nur als bester Läufer aller Quarterbacks, sondern landete in der Kategorie Rushing Yards sogar unter den Top sechs – noch vor Spielern wie Tobias Bonatti, Sandro Platzgummer oder Nicolas Khandar.
Für die Ravens könnte das zum Problem werden. Die Münchner Defensive ließ in dieser Saison insgesamt 427 Rushing Yards der gegnerischen Quarterbacks zu. Damit liegen sie hinter anderen Playoff-Teams wie den Vienna Vikings, Rhein Fire oder auch den Musketeers selbst.
"Wir müssen solide und diszipliniert sein. Es ist wichtig, dass wir die Möglichkeiten, mit denen Zach uns schaden kann, minimieren, und dazu müssen wir die kleinen Dinge richtig machen." meinte Ravens Head Coach Kendral Ellison.
Obwohl Edwards der laufstärkste Quarterback der Liga ist, wurde er auch am häufigsten gesackt. Ganze 27 Mal wurde Edwards in dieser Saison zu Fall gebracht. Zum Vergleich: Die gegnerische Offensive Line der Münchner ließ nur 16 Sacks zu. Diese Statistik wird vor allem Johannes Zirngibl im Hinterkopf behalten. Der Defensive Lineman der Ravens drehte zum Ende der regulären Saison richtig auf und erzielte in den vergangenen drei Spielen 6,5 Sacks.
Obwohl das Spiel auf französischem Boden stattfindet, wird es auch für die Musketeers eine Art Auswärtsspiel. Aufgrund der Paralympischen Spiele steht das Stade Jean Bouin für die Playoffs nicht zur Verfügung. Deshalb weichen die Pariser in das rund 200 Kilometer entfernte Stade du Hainaut in Valenciennes aus. Die Stadt liegt im Norden Frankreichs an der Grenze zu Belgien. Zwar haben die Fans aus der französischen Hauptstadt dadurch eine längere Anreise, für die Fans der Munich Ravens bleibt die Reisezeit aber in etwa gleich.
Beide Mannschaften mussten jedoch aufgrund unterschiedlicher Situationen bereits in der Defensive nachjustieren. Wie schon im Spiel gegen die Raiders wird der etatmäßige Wide Receiver Jon Cole in der Münchner Defense aushelfen. Der US-Amerikaner wurde vergangene Woche von der Injury-Reserve-Liste aktiviert und ersetzte den verletzten Deyleon Williams. Cole stand zwar nicht durchgehend auf dem Feld, konnte aber doch mit wichtigen Tackles seine Akzente setzen.
Aber auch die Musketeers haben schon seit längerer Zeit eine Baustelle in ihrer Defense. Wie der schwedische Linebacker Jordan Genmark Heath erst kürzlich auf Instagram bekannt gab, wurde er bereits am 2. August vom französischen Franchise entlassen. Nach eigenen Angaben waren die Gründe dafür Meinungsverschiedenheiten über seine Position auf dem Feld und seine Bemühungen, sich für eine faire Behandlung europäischer Spieler einzusetzen, einschließlich angemessener Gehälter und akzeptabler Lebensbedingungen.
Beide Offensiven verfügen mit ihren Spielern über genügend Durchschlagskraft, um diese Situationen zu nutzen. Malik Stanley misst sich mit den besten Receivern der Liga. Anthony Mahoungou ist amtierender ELF-Champion. Aber auch Spieler wie Tomiwa Oyewo oder auch Austin Mitchell können eine solche Partie im Alleingang entscheiden.
"Wir haben großen Respekt vor München, sie sind eine talentierte Mannschaft mit vielen guten Spielern auf beiden Seiten des Balls. Wir werden das Spiel wie jedes andere behandeln, das kontrollieren, was wir kontrollieren können und unser Bestes tun, um unseren Spielplan umzusetzen. Wenn wir das tun, sind wir zuversichtlich, dass wir den Job erledigen können." so Edwards gegenüber Football Aktuell.
Zwei Franchises, die vor zwei Jahren gegründet wurden. Zwei Teams, die nach hohen Erwartungen nun ihre erste Playoff-Teilnahme feiern. Und genau diese beiden Mannschaften treffen nun aufeinander. Doch für eines der beiden Teams endet die Jungfernfahrt bereits nach dieser Runde.
Foot Bowl - 29.08.2024
Musketeers QB Zach Edwards und Ravens Head Coach Kendral Ellison (© Foot Bowl / Roman Just)
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