Kim Kuci: "Toughness ist unerlässlich"
Mit Kim Kuci hat in den letzten Wochen einer der profiliertesten deutschen Trainer zum zweiten Mal in seiner Karriere in der Arena Football League (AFL) als Coach an der Sideline agiert. Bereits 2015 arbeitete er in den Vereinigten Staaten und war Mitglied des Trainerstabs von New Orleans VooDoo. Diesmal wurde der 50-jährige von den Nashville Kats engagiert.
Nach einem zähen Saisonstart wurden die Kats im Laufe der Saison immer stärker, sicherlich auch ein Verdienst von dem als Special Teams Coordinator und Defensive Line Coach engagierten Kuci. Bis in das Halbfinale führte letztlich der Weg, wo man dann allerdings knapp mit 32:35 bei den favorisierten Billings Outlaws den Kürzeren zog.
Hallo Kim, du bist erneut in der AFL tätig gewesen. Erzähl uns bitte, wie es zu dem Engagement gekommen ist.
Kim Kuci: Als im Januar die Entscheidung gefallen ist, dass die Arena Football League wieder spielen wird, und die Nashville Kats mit Jeff Fischer als CEO an den Start gehen, wurde zuallererst Dean Cokinos als Head Coach verpflichtet. Er ist einer der langjährig- und erfolgreichsten AFL Coaches und hat auch bereits den Arena Bowl gewinnen können. Da ich bereits 2015 gemeinsam mit Dean als Special Teams Coordinator gearbeitet habe, hat er mich direkt in der ersten Woche rekrutiert und mir erneut den Posten als Special Teams Coordinator angeboten.
Da seit 2019 keine Arena Football Liga mehr existiert hat, war mein großer Vorteil natürlich, dass ich bereits Erfahrungen in der AFL hatte und 2015 in New Orleans die Special Teams zu den besten der Liga gezählt haben. Für mich persönlich war es eine ausgezeichnete Gelegenheit, erneut meinen Erfahrungsschatz zu erweitern und neue Kontakte in den USA zu Coaches, Spielern und Funktionären zu entwickeln. Insbesondere die Zusammenarbeit mit einer Coaching Legende wie Jeff Fisher war ein besonderer Anreiz.
Wie hat die Zusammenarbeit in Nashville mit den anderen Coaches und der Organisation funktioniert?
Kim Kuci: Ich habe in erster Linie mit Adam Shackleford zusammen gearbeitet. Coach Adam ist ein ausgezeichneter Offensive Coordinator. Sein Schwerpunkt liegt vor allen Dingen in der Offensive Line. Somit konnte ich abgesehen von meiner Arbeit als Special Teams Coordinator vor allen Dingen mit dem Big Boys zusammenarbeiten. Diese Gruppe zählt wie bei jedem Football Team als Herz und Seele der Mannschaft und die Jungs haben die wenigsten Quarterback Sacks in der Liga zugelassen. Darauf sind wir sehr stolz.
Mit den Special Teams hatte ich freie Hand, und es ist uns gelungen, die wenigsten Return Yards der Liga zuzulassen. Zudem waren wir mit unserem Return Team stets in der Lage der Offense eine exzellente Feldposition zu gewährleisten.
Am Anfang der Saison lief es sportlich nicht so rund, woran lag es?
Kim Kuci: Es hat einfach eine Weile gedauert, bis wir die Mannschaft zu einer eingeschworene Truppe formen konnten. Fast alle Spieler haben das erste Mal in ihrem Leben Arena Football gespielt. Man darf diesen Sport wirklich nicht mit dem Football auf dem großen Feld vergleichen. Es ist oft ein kleiner Street Fight und wir brauchten eine Weile, bis wir die richtigen Spieler in die richtigen Positionen gebracht haben. Vielseitige Spieler mit einem besonderen Gespür für den Raum, den Gegner und den Ball sind hier besonders gefragt.
Auch eine gewisse Toughness ist unerlässlich. Der Impact ist einfach noch mal ein anderer und insbesondere die so genannte "Wall" trennt sehr oft die Spreu vom Weizen. Aus vollem Lauf gegen diese Wand zu rennen und dabei auch noch den Ball zu fangen und jede Sekunde einen Einschlag vom Gegner zu erwarten, ist nicht für jeden gemacht.
Ab Mitte Juni kamen die Kats besser in Schwung und ihr konntet erst überraschend den Tabellenführer schlagen und dann auch das Viertelfinale in Orlando gewinnen. Was hatte sich zum positiven verändert?
Kim Kuci: Wir haben uns einfach mehr und mehr als Team präsentiert und unsere erstklassigen Spieler haben schnell gelernt zu adaptieren. Doch insbesondere die Verpflichtung unseres neuen Quarterbacks, der aufgrund von sehr vielen Verletzungen eigentlich als so eine Art Notfall auf den Plan kam, hat den großen Unterschied gemacht
Randy Hippeard (Anm.d.Red.: Hippeard begann nach seiner College-Karriere in den USA seine Profi-Laufbahn in Europa bei den Winterthur Warriors (2009-2010) in der Schweiz. Nach seiner Rückkehr in die USA spielte der heute 38-jährige bei diversen Teams seit 2012 ausschließlich Indoor Football) hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, ist jedoch sehr erfahren und hat innerhalb von wenigen Tagen die Offense zu einer der explosivsten in der Liga katapultiert. Die Geschwindigkeit, mit der er den Ball losgeworden ist, war wirklich beachtlich. Oft waren die Defender noch nicht mal aus ihrem Stance, da war der Ball schon weg. Das alles hat uns zum Ende der Saison zu einem der Titelaspiranten gemacht.
Im Halbfinale habt ihr dann ganz knapp bei den Billings Outlaws verloren. Woran lag es?
Kim Kuci: Es gibt viele Einzelsituationen, die am Ende zu der Niederlage geführt haben. Man muss verstehen, dass im Arena Football keine Possession weggegeben werden darf. Jeder Drive muss eigentlich mit einem Score enden. Wir haben insgesamt drei Drives sehr fahrlässig weggegeben. Zwei Pass Interferences im vierten Versuch und ein fallengelassener Ball eines nicht gecoverten Receivers auf dem Weg in die Endzone sind kaum auszugleichen.
Wir haben es dennoch geschafft 40 Sekunden vor Schluss den Ausgleich zu erzielen. Mit einem Spielstand von 32:32 ging es in die letzten 40 Sekunden des Spiels und das ist im Arena Football eine Ewigkeit. Die Outlaws haben es dann sehr souverän gespielt, um mit drei Sekunden auf der Uhr in eine aussichtsreiche Situation für ein Field Goal zu kommen. Diese Chance haben sie dann gnadenlos ausgenutzt.
Auch wenn ihr den Titel knapp verpasst habt, würdest du die Saison für dich persönlich und das Team als Erfolg sehen?
Kim Kuci: Das in jedem Fall. Die gesamte Saison war von Umplanungen, neuen Gegnern und ausgefallenen Spielen geprägt. Dass es sich bei der Liga um ein Startup gehandelt hat, ließ sich an allen Ecken und enden spüren. Dennoch haben immer alle zusammen gearbeitet und versucht Lösungen zu finden. Und so muss man sicherlich nicht nur das rein sportliche betrachten, sondern auch das organisatorische und da haben Jeff Fischer und Dean Cokinos hervorragende Arbeit geleistet. Sportlich fing es schwierig an, aber zuletzt hatten wir es selbst in der Hand ins Finale zu kommen. Mehr kann man sicherlich für eine erste Saison nicht erwarten.
Ich persönlich konnte sehr viel lernen und gehe mit der Erkenntnis wieder nach Hause, dass es mir möglich war, mit den Spielern und Coaches auf Augenhöhe zu arbeiten. Für meine Arbeit Anerkennung zu erfahren, hat mich sehr motiviert. Sicherlich nicht selbstverständlich für einen Coach der sein Handwerk in Europa gelernt hat.
Gibt es schon Planungen für den Trainerstab in Nashville für die Saison 2025? Oder ist es dafür noch zu früh?
Kim Kuci: Das ist auf jeden Fall noch etwas früh, aber ich bin guter Dinge, dass die AFL sich für nächstes Jahr neu konsolidiert und sich dann stabiler präsentieren wird. Ich gehe davon aus, dass sich einige Teams aus der Indoor Football Liga (IFL) der Arena Football League (AFL) anschließen werden. Dem Grunde nach würde sicherlich nichts gegen ein neues Engagement von mir sprechen, jedoch sehe ich mich nicht dauerhaft in den USA leben und arbeiten.
Nun geht es aber erstmal zurück nach Europa, liegt schon eine neue Aufgabe für dich in der Schublade?
Kim Kuci: Nein, bisher noch nicht. Ich werde jetzt erst mal ausgiebig einen Urlaub genießen und im Anschluss werde ich Pläne für die kommende Saison machen.
Mal schauen, ob es eventuell mit einem Engagement in der ELF oder GFL klappt. Das würde ich mir im Moment am ehesten vorstellen können. Ich bin sehr gespannt, was für Möglichkeiten dort auf mich zukommen.
Wittig - 20.07.2024
Kim Kuci (Nashville Kats) (© privat)
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