Finalrevanche in Potsdam
2022 und 2023 spielten Potsdam Royals und Schwäbisch Hall Unicorns jeweils die Finalspiele der GFL. Einmal konnten die Schwäbisch Haller bei hrem fünften Titelgewinn den Angriff der Potsdamer auf den Thron im deutschen American Football abwehren, letztes Jahr stürmten die Royals zu ihrer ersten Meisterschaft. Vorgewarnt hatten sie die Unicorns da bereits mit ihrem Sieg in der Punktrunde im Season Opener in Schwäbisch Hall. Dieses Jahr nun sind sie für den Hauptrundenvergleich die Gastgeber am 13. Juli, zum ersten Mal kommen die Unicorns nach Potsdam.
Drei Monate vor dem nächsten GFL Bowl (am 12. Oktober im Essener Stadion an der Hafenstraße) halten beide Kurs auf ein mögliches drittes Finalspiel gegeneinander. Die Potsdam Royals haben mit ihrem 40:19-Sieg gegen Dresden auch ihren zweiten Verfolger neben Hildesheim am heimischen Luftschiffhafen klar in die Schranken gewiesen. Ebenso ungeschlagen wie die Potsdamer im Norden absolvierten die Unicorns ihre Partien in der GFL Süd. Alle ihre sechs Konkurrenten dort haben sie bezwungen und bereits jetzt mindestens drei Siege Vorsprung auf alle.
Eigentlich kaum noch aufzuholen, wären da nicht die beiden Interconference-Spiele gegen die Top-Nord-Clubs nun in Potsdam und später gegen die Dresden Monarchs sowie die Rückspiele gegen Munich Cowboys und Allgäu Comets, in die die Unicorns mit nur knappem Vorsprung aus den Hinspielen gehen. Vier der sechs Unicorns-Siege der Saison 2024 kamen mit sieben oder weniger Punkten zustande, häufig mit dem Glück des Tüchtigen kurz vor Schluss.
Ganz anders trumpften da die Potsdamer auf. Nur letzte Woche gegen Dresden fiel die Vorentscheidung erst nach der Pause, in den übrigen Partien hatte man schon zur Halbzeit zwei Touchdowns Vorsprung oder mehr. Mit knapp 57 Punkten pro Spiel ist der Potsdamer Angriff nach wie vor in der Form, die die Royals zur Meisterschaft getragen hat. Die Defense der Unicorns mit beinahe 30 Gegenpunkten im Schnitt kann dagegen bisher nicht an vergangene Glanzzeiten erinnern. Mit fast 406 Yards pro Spiel erlaubte der Süd-Spitzenreiter seinen Gegnern sogar mehr Raumgewinn als alle anderen Teams der Liga!
Kein Wunder also, dass es die Royals zu ihrem "White Out Gameday" am Samstag schwer haben, die Favoritenrolle von sich zu weisen. Der Potsdamer Angriff überzeugte bislang nicht nur mit seinem gefürchteten Passspiel, auch das Laufspiel mit dem Ligabestwert von 7,1 Yards pro Lauf trug zur Übermacht bei.
Anders als die Potsdamer hatten die Unicorns auch vor dieser Saison einige nennenswerte Abgänge zu verkraften. Bislang hat sich die Mannschaft am Ende immer bravourös zum Sieg gekämpft. Bleibt es in Potsdam bis zum Ende knapp, könnte man vielleicht von dieser Erfahrung zehren. In einer solchen Situation waren die Royals, die ihre Gegner mit ihrer Angriffs-Power meist schnell überrollen, lange nicht mehr.
Das zweite Interconference-Spiel des Samstags führt in München die zwei "Urgesteine" der Liga zusammen. Munich Cowboys und Berlin Adler (bzw. ihre Vorgängervereine) trafen schon 1979 in der ersten Bundesligasaison aufeinander. Die wirklich großen Zeiten sind für beide allerdings etwas her, München war 1993 einmal, die Adler 2009 zum letzten Mal Meister. 2009 war auch das Jahr, in dem beide zum letzten Mal aufeinander trafen, damals wie heute in Interconference-Partien. Zu Playoff-Partien danach kam es nicht, zu selten waren beide in der Endrunde dabei, die Adler zwischenzeitlich unterklassig.
Dieses Jahr spielen beide eher über den Erwartungen. Die Cowboys haben die übrigen drei bayerischen Teams der GFL bezwungen, dies langt derzeit für Rang zwei in der Tabelle. Auch die Adler haben gegen ihren Berliner Rivalen gewonnen und insgesamt drei Siege aus sechs Spielen geholt, darunter auch den Erfolg aus ihrem ersten Interconference-Vergleich 2024 gegen Straubing. Im Norden reicht dies zwar nicht für Rang zwei, lässt aber Aussichten auf die Playoffs.
Für beide ist daher das Interconference-Spiel enorm wichtig. Die Adler können sich eine Niederlage nicht erlauben, weil Tabellennachbar New Yorker Lions beide Vergleiche gegen Süd-Teams gewonnen hat. Den Cowboys winkt mit einem Sieg gegen die Adler nicht nur ein Vorteil gegenüber den Verfolgern, die gegen Berlin bereits verloren haben oder noch gegen Potsdam spielen müssen. Im Falle einer Niederlage der Unicorns bei den Royals eröffnen die Münchner sich mit einem Sieg sogar eine mögliche Route Richtung Rang eins.
Dies ist weit in die Zukunft gedacht. Aber sieht man von der Angriffsflaute der Cowboys in Kirchdorf ab, war das Münchner Angriffsspiel um Quarterback Nicklas Yockey und Receiver Gabriel Boccella dank der Absicherung durch die überaus solide Verteidigung der Bayern stark genug. Die Berliner kommen aus einer dreiwöchigen Pause und haben nach München eine lange Anfahrt. Gestartet waren sie in die Saison mit dem deutschen Spielmacher Hendrik Scharnbacher. Nach dessen Verletzung schlüpfte Head Coach Zach Cavanaugh wieder in die Rolle des Quarterbacks, was dem Angriff bisher nicht geschadet hat.
Am Sonntag beschließen ifm Razorbacks Ravensburg und Kirchdorf Wildcats den Spieltag. Deren Duell ist nicht ganz ohne Brisanz, nicht erst seit die Kirchdorfer Aufsteiger gegen die Munich Cowboys ihren ersten Saisonsieg einfuhren. 2019 standen sich beide in der Relegation gegenüber. Die Ravensburger jagten den Wildcats dabei den Erstligaplatz ab. Erst letztes Jahr gelang Kirchdorf als GFL-2-Meister die Rückkehr ins Oberhaus.
Beide Mannschaften hatten zu Beginn der Saison Schwierigkeiten, inzwischen läuft es besser. Vor allem für die Ravensburger wäre der dritte Sieg im dritten Heimspiel eine prächtige Basis für den Anlauf auf die Playoffs. Es ist ihr erstes von vier Heimspielen in Serie bis Ende August. Genügend Gelegenheiten, die bisher fünf Auswärtsniederlagen vergessen zu lassen.
Auerbach - 11.07.2024
Im GFL Bowl 2023 triumphierten die Potsdam Royals. (© Thomas Sobotzki)
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