Jagd auf Finaltickets beginnt
Die Playoffs in der GFL 2023 starten, acht Mannschaften dürfen sich noch Hoffnungen auf das Finale am 14. Oktober an der Essener Hafenstraße machen. Der GFL Bowl ist für alle das Ziel - für einige wäre ein vorheriges Aus eine große Enttäuschung, für andere ist das Erreichen des Finales ein großer Traum. Vier der acht Viertelfinalisten dieses Jahres hatten sich diesen Traum in der Vergangenheit bereits erfüllen können, die übrigen standen bisher noch nie in einem deutschen Finale. Auch im Vergleich zum Vorjahr besteht das Feld aus zwei Quartetten: Vier Clubs waren letztes Jahr in der Endrunde dabei. Die anderen vier kehren nach mindestens einem Jahr Pause zurück auf die Playoff-Bühne, unter anderem die Dresden Monarchs, die nach dem Titelgewinn 2021 im Herbst 2022 nur noch Zuschauer waren.
Für die Monarchs ist es die 17. Playoff-Teilnahme überhaupt. Übertroffen werden sie in dieser Hinsicht von den New Yorker Lions, die zum 25. Mal in einem Viertelfinale stehen. Und vom Titelverteidiger Schwäbisch Hall Unicorns: Die Unicorns sind zum insgesamt 21. Mal dabei. Mit 14 Playoff-Teilnahmen in Folge seit 2009 dürfen sie auf die aktuell längste solche Serie verweisen. Ein Jahr fehlt noch, um den absoluten Rekord der GFL einzustellen: Die Stuttgart Scorpions hatten es von 1998 bis 2012 15 Mal in Serie in die Playoffs geschafft, neben den Cologne Crocodiles sind die Unicorns jetzt der dritte Verein mit 14 Endrundenauftritten in Folge.
Nach kurzen Startschwierigkeiten hatte der Titelverteidiger während der Saison in die Spur gefunden und konnte damit das "verflixte 14. Jahr" überstehen, dem in der Historie der Liga beinahe alle ähnlich dominanten Teams der Vergangenheit zum Opfer gefallen waren: Berlin Adler und Munich Cowboys in den 80er und 90er Jahren, später der Braunschweiger Rekordmeister. Sie alle schafften es in ihrer jeweiligen Glanzzeit genau 13 Spielzeiten lang regelmäßig in die Playoffs, scheiterten aber anders als die Unicorns im 14. Jahr.
Hilft dies den Unicorns am 23. September beim Viertelfinale gegen die Berlin Rebels? Eher nicht, als einziges der vier Playoff-Teams aus der GFL Süd konnten die Unicorns keinen Sieg aus den Interconference-Spielen der Punktrunde holen. Natürlich hatten die Haller mit Potsdam und New Yorker Lions die stärksten Gegner und haben im weiteren Verlauf der Spielzeit ja auch zu ihrer Heimstärke zurückgefunden. Dennoch dürften die Berlin Rebels wieder ein unbequemer Gegner für sie sein. Die Berliner sind zum fünften Mal in der Endrunde dabei, zum vierten Mal müssen sie dabei im Viertelfinale nach Schwäbisch Hall. 2017 waren sie dort am dichtesten dran am Sprung ins Halbfinale, hatten bis 26 Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit geführt, ehe die Haller mit einem Field Goal ausglichen und in der Verlängerung mit einem Touchdown den Kopf noch aus der Schlinge zogen.
An guten Tagen können die Rebels auch mit ihrem heutigen Kader jedes Team der GFL bezwingen. Ein wenig typisch für die Hauptstadt-Rebellen gab es zwischendurch den einen oder anderen fast unerklärlichen Leistungsabfall, in dieser Saison aber eben auch viele positive Beispiele für die Wandlungsfähigkeit des Teams. Erst trumpfte man eher unerwartet unter anderem dank Receiver Bryce Goggin mit Passspiel auf. Dann packte man wieder die traditionellen Rebels-Tugenden im Laufspiel aus - und die in der Verteidigung sowieso. Die letzten Wochen wurde Quarterback Connor Kaegi allerdings verletzungsbedingt geschont. Ob und wie fit er sein wird, darüber lassen die Rebels die Unicorns derzeit nur rätseln.
Während der Titelverteidiger und Südmeister es mit einem verteidigungsstarken Team zu tun bekommt, erwartet der Vizemeister 2022 und alte und neue Nordmeister Potsdam Royals am Sonntag angriffsstarke Gäste. Die Ingolstadt Dukes holten die viertmeisten Yards der Liga, ihr Passangriff um Quarterback Matthew Weimer und Wide Receiver Gabriel Boccella rangiert in der GFL gar an zweiter Stelle. Die schlechte Nachricht für die Dukes ist nur, dass nach Punkten und nach Yards nicht nur der Angriff der Potsdamer - vor allem dank seiner Qualitäten im Laufspiel - die klare Nummer eins der Liga war, sondern auch die Potsdamer Defense gegen Passspiel die besten Werte vorweisen kann.
Neben Rebels und Royals kommt auch die dritte Defense aus den Top drei aus dem Norden: Die New Yorker Lions ließen im Laufspiel gerade einmal 50 Yards pro Spiel zu, geradezu ein Fabelwert im Reich der Football-Statistiken. Allerdings langte es nur zu Platz drei in der Tabelle der GFL Nord, so dass die Braunschweiger am Samstag im Kemptener Illerstadion bei den Allgäu Comets antreten müssen. Letztes Jahr verloren sie diesen Vergleich im Viertelfinale vor eigenem Publikum überraschend mit 10:14. Nun haben die Allgäuer unter Head Coach Elias Gniffke auch noch die beste Punktrunde der Vereinsgeschichte mit insgesamt neun Siegen hinter sich. Allerdings setzte es eine der drei Niederlagen bei der Revanche in Braunschweig. Da bissen sich US-Spielmacher Javarian Smith, der 2023 insgesamt auf 44 Touchdown-Pässe und neun Lauf-Touchdowns kommt, und Receiver Nate Stewart (Top-Scorer der gesamten Liga mit 23 Touchdowns) am Braunschweiger Abwehrriegel die Zähne aus. Bei ihrem 42:14-Erfolg hatten die Braunschweiger den Gäste-Angriff erst zum Ende ins Spiel kommen lassen, als ihr Sieg schon feststand.
Auch die vierte der Viertelfinalpartien ist ein "Rematch" eines Interconference-Spiels der Punktrunde, allerdings zwischen zwei Mannschaften, die vor allem von ihrer Offensive leben. Anfang Juli schlugen die Dresden Monarchs die Saarland Hurricanes mit 62:32, nun erwartet der Meister von 2021 die Saarländer erneut in der sächsischen Hauptstadt. Die Hurricanes mussten trotz Sieg im letzten Spiel gegen Schwäbisch Hall mit dem undankbaren Platz drei im Süden vorlieb nehmen, weil sie zum Saisonauftakt einen Shootout im Allgäu mit 48:52 verloren hatten.
Auch im Punktspiel in Dresden hatte man bis ins dritte Viertel und einem 32:36-Rückstand mit offenem Visier gekämpft. Saarlands laufstarker Quarterback Robert Rowell (mit zwölf Touchdowns Top-"Running-Back" der Liga, obwohl erst während der Saison nachverpflichtet) und seine Anspielstationen agierten bis dahin auf Augenhöhe mit Quarterback Steven Duncan und Receiver Austin Mitchell aus Dresden - nach Yards Raumgewinn mit weitem Abstand die Top-Akteure auf ihren Positionen in der Liga. Erst als die Saarländer immer mehr ins Risiko gehen mussten, wurde das Resultat am Ende noch deutlich. Dass es wieder so läuft, ist da keinesfalls garantiert für die Dresdener Gastgeber.
Auerbach - 22.09.2023
2019 waren die Berlin Rebels mit Andreas Betza zuletzt zu Gast bei den Schwäbisch Hall Unicorns und Tobias Löffler. (© CS-Sportfoto)
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