Wien und Stuttgart kämpfen um den Finaleinzug

"Skandal: Ich sehe gerade, dass ProSieben Maxx am Samstag ein ELF Spiel der Vienna Vikings übertragen muss. Und dann auch noch aus Wien!", twitterte René Bugner sarkastisch. Doch recht hat er. Nur ein einziges Mal lief der amtierende ELF-Meister in der regulären Saison im Free-TV. Das Spiel datiert aus Woche 2, als die Wiener im Hauptstadt-Duell nach Berlin gereist waren. Es folgte eine TV-Flaute, und weitere elf Siege. "Ich weiß nicht, wie man als amtierender Champion unter dem Radar bleibt", kommentierte Vikings Head Coach Chris Calaycay die fehlende TV-Präsenz. Nun also führt kein Weg dran vorbei. ProSieben Maxx muss die Vikings übertragen, ja, gar die ran-Crew nach Wien schicken.

Am Samstag, dem 16. September empfangen die Vikings das Team der Stuttgart Surge in der Generali-Arena. Kickoff für das Halbfinale ist um 14:15 Uhr. Zuletzt trafen die Mannschaften in der Saison 2022 aufeinander. Wien gewann 42:13 und 41:0. Unter gänzlich anderen Vorzeichen steht nun dieses Do-Or-Die-Spiel.

Noch immer bezeichnet Jordan Neuman, Head Coach der Stuttgart Surge, Chris Calaycay als seinen Mentor. Für Neuman gab es in diesem Jahrtausend keinen besseren Footballtrainer in Europa – obwohl er selbst diesen Titel auch für sich reklamieren könnte. Ihr Weg kreuzte sich 2011, als Calaycay Neuman als Offensive Coordinator in die österreichische Metropole lockte. Drei erfolgreiche Jahre, darunter eine ungeschlagene Saison, haben Neuman geprägt. 2016 wurde er Head Coach der Schwäbisch Hall Unicorns, mit denen er kein einziges Spiel in der regulären Saison verlor.

Dass er auch mit Niederlagen umgehen und darauf die richtige Antwort finden kann, hat Neuman in diesem Jahr bewiesen. Zweimal unterlagen die Schwaben ihren Gegner. Die erste Niederlage gab es gegen die Helvetic Guards, die zweite folgte im Heimspiel gegen die Munich Ravens. Beides keine Playoff-Teams. Doch jedes Mal kehrten die Stuttgarter zurück und schüttelten den Frust ab.

Von Frust kann bei den Vikings keine Rede sein. Zwölf Siege in zwölf Spielen können nicht getoppt werden. Wobei, zufrieden war man trotz dieser Bilanz nicht. Das Team trat teils weniger dominant auf als in der Vorsaison, besonders in der Offensive konnten die Mozartstädter nicht an ihre Glanzleistungen anknüpfen. Noch vor Ende der regulären Saison trennte sich das Franchise von Offensive Coordinator John Shannon. Coach Calaycay übernahm diesen Posten kurzerhand zusätzlich zu seinen Aufgaben als Cheftrainer.

Im Duell der Trainer-des-Jahres-Kandidaten darf aber auch die Rückkehr von Yannick Mayr an alte Wirkungsstätte nicht zu kurz kommen. Der Österreicher in Diensten Stuttgarts entwickelte sich bei den Vikings zu einemd er besten europäischen Athleten. Dort durchlief der 27-Jährige die Transition vom Quarterback zum Wide Receiver. In diesem Jahr ist er ein Leistungsträger bei Surge, zuletzt retournierte er in der Wild Card Round einen Kickoff zum Touchdown.

Doch Mayr ist nicht die einzige Waffe, die Quarterback Reilly Hennessey zur Verfügung steht. Seien es Louis Geyer, Nominierter für die Auszeichnung zum ELF Homegrown des Jahres, Darrell Stewart Junior oder der großgewachsene Aurieus Minton. Abgerundet wird der Angriff durch eine starke Offensive Line sowie dem französischen Running Back Nicolas Khandar.

Die Stärke des Teams ist aber die Defensive. Hier hat Defensive Coordinator Johannes Brenner ein kompliziertes System etabliert. Als herausragende Spieler gelten Pass Rusher Sasan Jelvani (10.5 Sacks in der regulären Saison), Middle Linebacker Khaylan Kearse-Thomas sowie die Defensive Backs Goran Zec und Mitch Fettig.

Auch die Vienna Vikings können auf einer starken Defense aufbauen. Sie ließ die wenigsten Punkte aller Teams zu. Besonders effektiv ist sie gegen den Lauf. In einer Pass-Heavy-League glänzen die Vikings davon abweichend in der Offensive mit ihrem exzellenten Laufspiel. Hier können sie auf die Wegan-Brüder und den Finnen Karri Pajarinen zurückgreifen. Die drei sorgten gemeinsam mit dem mobilen Quarterback Chris Helbig für die meisten Rush Yards der Liga. Ermöglicht wurde das durch die Offensive Line, die zu den besten der ELF gehört.

Right Tackle Lukas Holub ist genauso als Kandidat für eine Einladung zum NFL International Combine zu nennen wie Tight End Florian Bierbaumer. Der 1,98 Meter große Athlet kreiert Missmatches am laufenden Band. Er wurde in der regulären Saison nur von Jordan Bouah und Weston Carr in Receiving Yards übertroffen.

Auch abseits des Feldes haben die Vikings einiges vor. Fallschirmspringer sollen Spielball und Landesfahnen in die Arena bringen, das Bundesheer ist vor Ort und eine Halftime-Show vorbereitet.

Elias Hoffmann - 14.09.2023

Die Vienna Vikings Defense ist gefürchtet. (© Miladinovic)