Einer der größten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA lässt sich im Zuschauersport finden: sind in Nordamerika vor allem Football und Basketball, mit den großen Ligen NFL und NBA, beliebt, ist und bleibt in Deutschland Fußball der populärste Sport, gefolgt von Handball und Tennis wie auch Wintersportarten. American Football blieb hierzulande lange eine Randsportart, doch dies mag sich in naher Zukunft ändern. Der Trend schwappt nicht zuletzt aufgrund des jährlichen Super Bowl-Spektakels über den großen Teich, die NFL unterstützt diesen Trend zudem mit der Austragung regulärer NFL-Begegnungen auf deutschem Boden. Nur ein Hype, oder könnte American Football bald den traditionell in Deutschland beliebten Sportarten den Rang ablaufen?
Dabei geht es natürlich nicht zuletzt um Geld: ist das Interesse für die beliebteste Sportart der Amerikaner in Europa, und insbesondere in Deutschland, groß genug, macht es Sinn diesen Markt auszubauen. 2023 verfolgten 1,77 Millionen deutsche Zuschauer den Super Bowl im Fernsehen, wobei 2021 ein Rekordjahr war, mit einer Einschaltquote von 2,11 Millionen. 2022 war American Football insgesamt 60,68 Millionen der deutschsprachigen Bevölkerung über 14 Jahren ein Begriff, 2,88 Millionen gaben an sich besonders dafür zu interessieren. An europäischen Fußball, für den sich über 30 Prozent der Bevölkerung interessieren, kommt American Football demnach bei weitem nicht heran, und auch mit den 6,1 Millionen deutschen Zuschauer bei der Handball-WM 2023 konnte die Übertragung des Super Bowls nicht mithalten. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Interesse für American Football stetig wächst.
Einen wahren Hype löste die Austragung des ersten regulären NFL-Spiels auf deutschem Boden aus, als im November 2022 die Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks in der Münchener Allianz Arena gegeneinander antraten: knapp 70.000 Fans waren live dabei, über 750.000 sollen sich bemüht haben eines der begehrten Tickets zu ergattern, das Spiel war binnen 55 Minuten komplett ausverkauft. 2023 soll der Terminplan deshalb ausgeweitet werden, derzeit sind zwei Spiele auf deutschem Boden geplant, wobei aktuell weder der Zeitpunkt noch der Austragungsort feststehen, wohl aber zwei der Teams: der sechsmalige Super-Bowl-Champion New England Patriots sowie die Kansas City Chiefs, Partner des FC Bayern, kommen nach Deutschland, diskutiert wird als Schauplatz momentan Frankfurt wie auch München.
Besonders die jüngere Generation begeistert sich für den coolen amerikanischen Sport, was sicherlich nicht zuletzt mit der bekannten Halbzeitshow des Super Bowls zu tun hat, wo alljährlich die angesagtesten Stars auftreten. Das Magazin Aktiv nennt eine aktuelle Studie, der zufolge Football hierzulande bereits der zweibeliebteste TV-Sport bei den unter 50-Jährigen ist.
Neben dem reinen Zusehen werden auch Sportwetten online immer beliebter, wo eben auch aus Deutschland auf alle wichtigen Ereignisse der NFL getippt werden kann, was wiederum das Interesse an der Sportart weiter schürt. Gleichzeitig bildet sich mit der ELF eine erste europäische Liga heraus, die derzeit rasant wächst und auf die man ebenfalls Wetten abschließen kann, wobei sich durch deren geringe Bekanntheit oftmals bessere Quoten ergeben. In der ersten Saison 2021 nahmen acht Teams in zwei Divisionen teil, ähnlich der American Football Conference und der National Football Conference in der NFL, die wiederum geografisch jeweils in vier Divisions aufgeteilt sind. 2022 befanden sich bereits 12 Teams in der ELF, 2023 bemühten sich sogar 17 Mannschaften um eine Beteiligung. Die Saison soll jeweils im Frühjahr beginnen, um dem Kalender der NFL nicht in die Quere zu kommen. In der ersten Saison ging Frankfurt Galaxy als Sieger hervor, die sich im Finale in Düsseldorf vor 22.000 Zuschauern gegen die Hamburg Sea Devils behaupteten. Die Saison 2022 dominierten die Vienna Vikings, die im Finale ebenfalls gegen die Sea Devils gewannen. Insgesamt 14.500 Zuschauer kamen am 25. September zum Championship Game in Klagenfurt – bisher noch verschwindend geringe Besucherzahlen im Vergleich zum amerikanischen Super Bowl.
Dennoch hat die ELF großes Zukunftspotenzial, wenngleich die dauerhafte Finanzierung der Mannschaften noch weitgehend unklar ist. Doch schon jetzt verlieren andere Amateur-Ligen in Europa ihre aussichtsreichen Talente an die ELF. Die Förderung der Jugend steht allerdings bisher bei der neuen Liga noch nicht im Mittelpunkt.
119 Spiele wurden in den vergangenen zwei Saisons der ELF ausgetragen. Der Spielplan für die Saison 2023 wurde am 27 Januar veröffentlicht. Saisonstart mit dem ersten Spieltag ist am 3. und 4. Juni, insgesamt sind 102 Begegnungen sowie fünf Playoff Spiele geplant. Das diesjährige Championship Game findet am 24. September in Duisburg in der Schauinsland-Reisen-Arena statt, die 31.500 Zuschauer fasst.
Thomas Koch - 20.04.2023
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