Reicht es für Marlon Werthmann?

Was in den letzten Jahren immer relativ stark von der NFL "beworben" worden war, fand diesmal gefühlt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt: Das Tryout der Spieler im International Player Pathway Program (IPP) vor den Augen der NFL Scouts.

Dabei war auch der 21-jährige Mannheimer Offensive Lineman Marlon Werthmann, der im Oktober als einer von 13 Spielern in das begehrte Programm aufgenommen worden war und so seinem NFL-Traum ein Stück näher gekommen ist.

Am gestrigen Mittwoch sandten laut der örtlichen ABC Filiale 28 Teams insgesamt 33 Scouts in die neue Trainingshalle der University of South Florida Bulls. Dort fand der offizielle Pro Day, das letzte Vorspielen der dortigen Collegespieler vor dem Draft, statt, zu dem man auch die Spieler des IPP mit eingeladen hatte. Von den USF Bulls nahmen wiederum neun Spieler teil.

Die IPP Spieler hatten die letzten Wochen in der IMG Academy in Bradenton trainiert. Einer der erfolgreichsten Akteure, der aus dem IPP hervorgegangen ist, ist der Stuttgarter Jakob Johnson. Er besuchte die Nachfolgegeneration Anfang März gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und stellte ein Video davon in seinem Youtube-Channel ein.

Nachdem die IMG Academy nur ca. 90 Autominuten von der USF Halle entfernt liegt, bot sich die Teilnahme logistisch wohl an.

Im Vergleich zu den Vorjahren war die Vorauswahl Ende November aus deutscher Sicht fast etwas enttäuschend: Mit Marlon Werthmann hatte es lediglich einer unter die letzten elf Akteure geschafft.

Marlon Werthmann begann im Alter von 12 Jahren mit American Football in einem Verein in Süddeutschland. Er war bei den Gridiron Imports in Wien und hatte Angebote von Maine, Buffalo und UConn erhalten, bis Covid-19 diese Möglichkeiten ausschloss.

Anschließend war er in Deutschland geblieben und spielte in der GFL sowie CEFL. Zuletzt lief er für Schwäbisch Hall auf und feierte Anfang Oktober 2022 mit den Unicorns den Titelgewinn im German Bowl X L I I I.

Er hatte im Herbst zusammen mit 37 anderen Spielern aus 13 Ländern am Probetraining im Tottenham Hotspur Stadium in London teilgenommen. Das IPP-Programm wurde 2017 ins Leben gerufen, um internationalen Spitzensportlern die Möglichkeit zu geben, sich auf NFL-Ebene zu messen, ihre Fähigkeiten zu verbessern und sich schließlich einen Platz in einem NFL-Kader zu verdienen. Natürlich ist es auch ein hervorragendes Marketing-Werkzeug, denn so stellt man sicher, dass die internationalen Medien auch gerne von den Bemühungen "ihrer" Akteure berichten.

Seit seiner Einführung wurden 26 internationale Spieler in NFL-Kader aufgenommen, wobei es nur wenige zu einem sicheren Stammplatz im aktiven Kader brachten. Derzeit stehen 16 IPP-Athleten in den NFL-Kadern, drei von ihnen im aktiven Kader ihres Teams:

Jordan Mailata (Australien) - Philadelphia Eagles,
Efe Obada (UK) - Washington Commanders und natürlich
Jakob Johnson (Deutschland) - Las Vegas Raiders.

Die ausgewählten 13 Spieler begannen im Januar mit einem 10-wöchigen Training in den Vereinigten Staaten. Ziel ist es, dass die Athleten nach dem NFL-Draft 2023 über das IPP-Programm für eine NFL Practice Squad ausgewählt werden oder als Free Agent für die nächste Saison unterschreiben.

Die internationalen Spieler, die sich als Teilnehmer für die Saison 2023 qualifiziert hatten, werden in mindestens eine der acht NFL-Divisionen (zufällig ausgewählt) zugeteilt – sofern diese Spieler nicht vorab als sog. Free Agents unter Vertrag genommen werden. Nach Abschluss des Trainingslagers ist jeder dieser Spieler dazu berechtigt, einen zusätzlichen Kaderplatz für internationale Spieler im Practice Squad seines zugewiesenen Teams einzunehmen.

Dadurch erhält das jeweilige NFL-Team einen zusätzlichen 17. Kaderplatz in der sonst nur 16 Spieler umfassenden Practice Squad. Unter bestimmten Voraussetzungen können die Spieler dann auch während der Saison in den regulären Spielerkader berufen werden. So gelang das auch David Bada bei den Washington Commanders: Sein International Practice Squad Player Vertrag wurde aufgelöst und er bekam zunächst einen "regulären" Platz in der Practice Squad der Commanders. Mittlerweile hat er insgesamt fünf Spiele (drei im Jahr 2021, zwei in der Vorsaison) mit zwei Tackles in seiner Statistik.

Sicherlich auch das Ziel bei Marlon Werthmann. Die Verkündung, ob er einer der letzten Auserwählten ist, sollte in den nächsten Tagen folgen.

Carsten Keller - 30.03.2023

Marlon Werthmann #57 beim German Bowl Anfang Oktober 2022 (© Carsten Keller)