Georgia das neue Maß aller Dinge?

Nach dem zweiten Titelgewinn in Folge ist Georgia das neue Aushängeschild des College Footballs.Nach dem Finale ist vor der (nächsten) Saison - getreu dieser Devise halten sich die Medien nach dem National Championship Game nicht lange mit dem Gestern auf. Stattdessen wird neben der historischen Einordnung des gerade gekürten Meisters sogleich darüber diskutiert, ob er das Zeug zur Titelverteidigung in der nächsten Saison hat, oder sogar die nächsten Jahre dominieren könnte. So ist das auch bei Georgia. Nach dem 65:7-Triumph im Finale gegen TCU, dem höchsten Endspielerfolg der College-Football-Geschichte, wurde sofort das Thema "Three-peat", also das mögliche Titel-Triple, ins Gespräch gebracht und darüber diskutiert, ob Georgia in den kommenden Jahren Alabama als das Maß aller Dinge im College Football ablösen kann, vielleicht sogar schon abgelöst hat, und die nächste "Dynasty" werden kann.

Das Potenzial zu Beidem hat Georgia gewiss, aber zu sehr überhöhen sollte man das Team trotz des klaren Endspielerfolges nicht. Schließlich hätte die Saison auch ganz anders ausgehen können. Beim 42:41-Sieg im Halbfinale gegen Ohio State war Georgia nicht besser als der Gegner, und hätte dessen Kicker Noah Ruggles kurz vor Spielende seinen Field-Goal-Versuch zum möglichen 44:42 nicht verzogen, würde man heute eine ganz andere Geschichte schreiben. Letztlich braucht es das ganze Three-peat- und Dynasty-Gerede auch gar nicht. Mit der ersten erfolgreichen Titelverteidigung seit Einführung der Playoffs (2014) hat Georgia ohnehin schon Besonderes geschafft. Erfolgreiche Titelverteidigungen gibt es im College Football nur selten, zumal in der heutigen Zeit, in der die Top-Spieler mit NFL-Perspektive kaum noch die vollen vier Jahre Spielberechtigung im College Football ausschöpfen und dadurch gerade die besten Mannschaften immer wieder große personelle Veränderungen meistern müssen. Seit der Einführung des BCS National Championship Games 1998 konnte nur ein Team zweimal in Folge den Titel holen, Alabama in den Spielzeiten 2011 und 2012. Und in den Jahrzehnten zuvor, in denen die Titelkandidaten die Saison in der Regel in unterschiedlichen Bowls beendeten, war es ähnlich. Seit Einführung der AP-Rangliste 1936 gelang es nur sechs Teams, zweimal in Folge in dieser auf Platz eins zu landen: Minnesota (1940/41), Army (1944/45), Notre Dame (1946/47), Oklahoma (1955/56 und 1974/75), Alabama (1964/65 und 1978/79) und Nebraska (1970/71 und 1994/95). Drei Titel in Folge schaffte in diesen 87 Jahren noch kein Team.

Letzteres allein wäre für Georgias Head Coach Kirby Smart kein Grund zur Skepsis. Der geht an besondere Herausforderungen mit der Einstellung heran, dass es keinen Grund gibt, warum sein Team es nicht schaffen sollte. Die größte Gefahr besteht für ihn darin, dass sein Team den Erfolg für selbstverständlich halten könnte. "In dem Moment, in dem du denkst, dass es selbstverständlich ist, Spiele zu gewinnen und du dafür nicht mehr hart arbeiten musst, glaubst du, dass du den Erfolg einfach erben kannst", sagte er dazu nach dem Finale unter anderem. Diese Gefahr war für ihn nach dem Titelgewinn von 2021 geringer, obwohl sein Kader danach personell extrem gerupft wurde. In der NFL Draft im Frühjahr 2022 wurden 15 Spieler der Bulldogs ausgewählt, so viele wie nie zuvor von einem College-Team. Das aber hatte für Smart den Vorteil, dass sich ein Gefühl der Selbstgefälligkeit gar nicht erst einstellen konnte, weil so viele hungrige Spieler nachrückten.

Natürlich wird Georgia auch in diesem Jahr wieder viele Leistungsträger verlieren, durch das reguläre Ende ihrer College-Zeit wie im Falle von QB Stetson Bennett oder S Christopher Smith, aber auch durch vorzeitige Abgänge wie den von DT Jalen Carter oder den DBs Tykee Smith und Kelee Ringo. Der personelle Aderlass wird aber wohl geringer sein als im Jahr zuvor. "Persönlich denke ich, dass in dem Punkt die kommende Saison gegenüber dieser für uns eine deutlich größere Herausforderung sein wird, weil wir im letzten Jahr so viele Spieler verloren hatten", so Smart.

So schlüssig Smarts Denkansatz ist, vor allem, weil der Kader nach mehreren starken Nachwuchsjahrgängen gespickt ist mit jungen Top-Talenten, der Verlust vieler Leistungsträger birgt aber immer die Gefahr, dass man das Niveau nicht halten kann. Interessant wird in den kommenden Monaten vor allem die Entwicklung auf der Quarterback-Position sein. Ein Führungsspieler wie Bennett ist nie leicht zu ersetzen. Dazu kommt, dass die Herausforderungen in der eigenen Conference, der SEC, größer werden dürften. Auf den ersten Blick sieht das Programm für die Saison 2023 nicht allzu schwer aus, weil die Gegner außerhalb der Conference nicht die Qualität haben, um Georgia zu schlagen, und man erneut nicht gegen die beiden potenziell besten Teams der West Division, Alabama und LSU, spielen muss. Dafür wird die Konkurrenz in der East Division mit dem wiedererstarkten Tennessee und dem am Ende der Saison 2022 deutlich verbesserten South Carolina größer. Und auch wenn man diese Beiden erneut hinter sich lassen sollte, hätte man noch das SEC Championship Game vor sich. Der Weg zum "Three-peat" ist für Georgia also noch lang.

Hoch - 16.01.2023

Nach dem zweiten Titelgewinn in Folge ist Georgia das neue Aushängeschild des College Footballs.

Nach dem zweiten Titelgewinn in Folge ist Georgia das neue Aushängeschild des College Footballs. (© Getty Images)

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