Passspiel schlägt Laufspiel knapp
Es war ein Kampf der unterschiedlichen Offense-Philosophien, und er tobte lange auf Messers Schneide, weil die Verteidiger ihr Wörtchen mitredeten. Am eigentlichen Ende gab es noch keinen Sieger, erst in der Verlängerung hatte sich das passbetonte Konzept der Kansas City Chiefs gegen die lauforientierten Tennessee Titans mit 20:17 durchgesetzt. Für Kansas City waren Patrick Mahomes und Mecole Hardman in ihrem Element. Quarterback Mahomes warf im gesamten Spiel bei 68 Passversuchen 43 gültige Pässe (63,2 Prozent) für 446 Yards und einen Touchdown. Er erlief zusätzlich 63 Yards und den entscheidenden zweiten Touchdown zum 17:17-Ausgleich. Mecole Hardman hatte sechs Passfänge für 79 Yards Raumgewinn und den Touchdown zur 10:0-Führung im zweiten Viertel erzielt.
Danach hatte allerdings die Stunde der Titans geschlagen. Für Tennessee waren Derrick Henry und Denico Autry die besten Spieler. Derrick Henry erlief mit 17 Läufen 115 Yards und zwei Touchdowns im zweiten Viertel, die den Titans die 14:9-Halbzeitführung ermöglichten. Anschließend verhinderte Denico Autry vor der Pause mit seinem beiden Quarterback Sacks, dass die Chiefs noch einmal zurückschlagen könnten. Jeweils in dritten Downs brachte er Mahomes im Backfield in der Hälfte Kansas Citys zu Boden und erzwang so Punts der Gastgeber. Auch im restlichen Spiel war er immer wieder dicht an Mahomes dran.
Die erste Angriffsserie der Chiefs in der zweiten Hälfte endete mit der Interception eines Mahomes-Passversuchs durch Roger McCreary, sodass die Titans in der Hälfte der Chiefs in Ballbesitz kamen. Ein First Down schafften sie zwar nicht, doch verwandelte Randy Bullock aus 44 Yards zum 17:9. Dabei blieb es lange, denn die Chiefs-Verteidiger hatten Derrick Henry nun im Griff und gestatteten den Titans ihr nächstes First Down erst wieder im letzten Viertel. Allerdings vergab Harrison Butker nach dem PAT-Kick nach dem Hardman-Touchdown nun auch einen Field-Goal-Versuch aus 47 Yards. In der nächsten Serie war es Mario Edwards, der Mahomes hinter der Linie erwischte und das First Down unerreichbar machte, auch im vierten Viertel scheiterte Mahomes mit seinen Pässen zunächst.
Dann musste dringend der Touchdown her, und tatsächlich gelang er den Chiefs nach einer beeindruckenden siebenminütigen Angriffsserie über 93 Yards auch. Nach Punt Tennessees hatte Kansas City den Ball an der eigenen 7-Yard-Linie übernommen. Der längste Spielzug des Drives war der Lauf von Patrick Mahomes für 20 Yards Raumgewinn, un wurden alle Register gezogen, und Mahomes wirbelte nicht nur als Passgeber, sondern auch als selbst laufender Antreiber über das Feld. Pässe auf JuJu Smith-Schuster, Noah Gray, Marquez Valdes-Scantling und Jerick McKinnon sorgten für die First Downs - meist ziemlich genau auf den Punkt für etwas mehr als zehn Yards. Und schließlich machte Mahomes aus einem Third Down an Tennessees 14-Yard-Linie den Scramble zum Touchdown.
Effektiver bei der Verwertung von Third Downs war Kansas City im gesamten Spiel - wenn auch auf eher niedfrigem Niveau. In acht von 19 Fällen kamen die Chiefs in dritten Versuchen zum neuen First Down, bei Tennessee fiel die Bilanz mit einem einzigen Erfolg bei elf Anläufen aber noch deutlich schwächer aus. Mit insgesamt 422 Yards per Passpiel glänzte die Offense der Kansas City Chiefs, Top-Receiver war Travis Kelce mit 106 Yards aus zehn Passfängen.
Aber all das nutzte vorerst nichts, denn nach dem Lauf von Mahomes in die Endzone stand es ja erst 15:17, der Ball musste noch einmal in die Endzone, um die Verlängerung zu erzwingen. Zweimal probierte es Mahomes mit Pässen auf Kelce in die Endzone, zweimal kam der Ball nicht an. Aber gar dreimal sahen die Schiedsrichter Defensive Holdings der Titans in den Versuchen (beim ersten gleich zwei) - es gab also die dritte Chance, und da tankte sich Mahomes links selbst zum 17:17 durch. Beide Teams kamen danach noch je zweimal in Ballbesitz, doch gab es keine Punkte mehr.
In der Overtime bekam Kansas City zuerst den Ball, Harrison Butker nutzte es zum 20:17. Auf dem Weg zum Field Goal überbrückte Kansas City 64 Yards mit 13 Spielzügen in etwa sechs Minuten. Die entscheidenden Spielzüge waren der Pass auf Noah Gray für 27 Yards Raumgewinn und ein neues First Down an der gegnerischen 22-Yard-Linie sowie später ein gewagter Call, als man im vierten Versuch den Pass auf Smith-Schuster für zwei Yards anbrachte und so noch einmal vier neue Versuche an der 11-Yard-Linie des Gegners bekam. Die Hoffnung auf den sofort entscheidenden Touchdown erfüllte sich danach jedoch nicht, und auch die Minute verbrauchte Spielzeit spielte keine wirkliche Rolle. Butker traf aus 28 Yards zum 20:17, Tennessee durfte noch einmal ran, aber Rookie-Quarterback Malik Williams bekam danach eine NFL-Lehrstunde erteilt: Nach zwei Quarterback Sacks im zweiten und dritten Versuch segelte sein letzter Verzweiflungspass ins Leere.
Auerbach - 08.11.2022
Patrick Mahomes musste selbst in die Endzone. (© Getty Images)
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