Ehlinger vs Heinicke statt "Revenge-Game"

Dass das nicht nur von den Medien herbeigesehnte und gehypte "Rachespiel" – im Englischen fast perfekt gereimt "Wentz Revenge Game" – so erst einmal nicht stattfinden wird, ist seit der Vorwoche klar. Jetzt wurde aber auch der noch erfahrenere Gegenüber Matt Ryan gegen seinen potenziellen Nachfolger ausgetauscht.

Den Einsatz von Carson Wentz verhindert bekanntermaßen der Bruch des Ringfingers seiner Wurfhand, den er sich beim Sieg gegen die Chicago Bears im Thursday Night Spiel der Woche #6 zugezogen hatte. Taylor Heinicke, im Vorjahr schon als Vertreter für den damals beim Saisonauftakt verletzten Ryan Fitzpatrick eingesprungen, machte seine Sache nach einem schlechten Start dann mehr als ordentlich und konnte am Ende mit seinen Commanders den deutlich favorisierten Packers eine schmerzhafte 23:21 Niederlage zufügen – gleichzeitig deren dritte in Folge.

Man kann davon ausgehen, dass die wenigsten Anhänger Washingtons Carson Wentz die nächsten Wochen vermissen werden, falls Taylor Heinicke so weiterspielen kann. Wentz kam in sechs Starts auf 1.489 Yards, zehn Touchdowns und sechs Interceptions, verlor aber vier seiner sechs Partien. Heinicke kam auf 201 Yards, zwei Touchdowns und eine Interception in seinem Start, wurde aber nur einmal gesackt (der wesentlich weniger mobile Wentz 23 mal in sechs Partien).

Bei den Colts hatte man sich die Verpflichtung von Matt Ryan, der zuvor zeit seiner Karriere bei den Atlanta Falcons gespielt hatte, auch deutlich besser vorgestellt: In seinen sieben Starts kam er auf 2.008 Yards und neun Touchdowns, aber auch neun Interceptions (Ligaspitzenwert). Dabei wurde er sogar 24 Mal gesackt und fumbelte gleich elfmal (wovon allerdings nur drei verloren gingen und er drei selbst wieder sichern konnte).

Daher war es keine riesige Sensation mehr, als sein Head Coach Frank Reich angesichts einer so zu diesem Zeitpunkt enttäuschenden Bilanz von 3-3-1 am Montag die Reissleine zog und Ryan auf die Bank verbannte.

Sam Ehlinger heißt der neue Starter und das, wie sofort von Reich betonte wurde, nicht nur aus Verletzungsgründen von Matt Ryan, sondern bis auf Weiteres. Ehlinger hatten die Colts im Vorjahr nach seiner Zeit bei den Texas Longhorns in der sechsten Runde mit Pick #218 gedraftet.

Im Vorjahr war er bei drei Spielen für insgesamt ganze neun Prozent der Snaps (18) auf das Feld gekommen. Im Training habe er jetzt jedoch so überzeugt, dass er sich den Starterposten verdient hätte, wie Reich in einem Videocall erläuterte: "Es ist ein großer Schritt, aber wir glauben, dass er bereit ist. Er ist etwas Besonderes. Ihr wisst es und jeder weiß es. Da könnt Ihr mit jedem im Lockerroom reden und wir sind glücklich, dass wir ihn – ja sogar, dass wir drei solche Quarterbacks haben. Sam hat diese Aura, er strahlt das so aus und trainiert auch in dieser Art und Weise. Er wird bereit sein.

Wird es Anfangschwierigkeiten geben? Natürlich. Wird er Fehler machen? Natürlich wird er Fehler machen. Aber ich glaube, dass Sam Plays machen wird. Er hat das überall, wo er gewesen ist, bewiesen und wir glauben, dass er das auch für unsere Offense machen wird. Er wird Plays machen."

Als erstes dann am Sonntag um 18 Uhr deutscher Zeit gegen die Commanders (der Kickoff ist für uns eine Stunde früher aufgrund der Zeitumstellung, die in den USA erst eine Woche später stattfindet).

Aber das Duell "Ehlinger versus Heinicke" muss kein bisschen weniger interessant sein als die "Wentz Revenge".

Carsten Keller - 25.10.2022

Sam Ehlinger (Ex-Texas Longhorns) heißt der neue Starter der Colts (© Getty Images)