Trade-Forderung setzt Manager unter Druck

Nachdem Linebacker Roquan Smith schon vor zwei Wochen angekündigt hatte, das Trainingscamp ohne neuen Vertrag zu schwänzen (und bislang nur an der Seitenlinie steht), eskaliert er die Situation noch etwas weiter: Er forderte öffentlich einen Trade aus der Windy City und sicher nicht zufällig an dem Tag, an dem das Family Fest der Bears in Chicago stattfand.

Der Linebacker wurde nach seiner Zeit am College bei den Georgia Bulldogs 2018 von den Bears in der ersten Runde gedrafted und galt als einer der sichersten Picks im damaligen Draft. Die Erwartungen hat er auf jeden Fall erfüllt, aber er hätte gern einen neuen Vertrag, nachdem er jetzt in das fünfte Jahr geht (das per Option gezogen worden war) und die langfristige Sicherheit fehlt. Bislang hatte er Anfragen zu dem Stand der Verhandlungen immer an General Manager Ryan Pace und den eigenen Agenten verwiesen.

Über Ian Rapoport (NFL Network) erklärte Smith – offensichtlich unzufrieden mit dem Stand der Verhandlungen – jetzt in einem Statement:

"An die Stadt Chicago und die Bears Fans auf der ganzen Welt:

Ich habe offiziell einen Trade gefordert; diese Worte zu schreiben, tut schon sehr weh. [...]

Das neue Regime im Management schätzt mich hier nicht. Sie haben sich geweigert, mit gutem Willen zu verhandeln, und bei jedem Schritt dieses Weges hieß es: ‚Nimm es oder zieh Leine!‘

Das Angebot, das sie mir geschickt haben, wäre schlecht für mich gewesen und auch für den ganzen Linebackermarkt, wenn ich es unterschrieben hätte. Ich habe seit April versucht, etwas Faires zu schaffen, aber ihr Ziel war es immer nur, mich über den Tisch zu ziehen.

Ich wollte meine ganze Karriere ein Bear sein und diesem Team helfen, den Super Bowl zurück in unsere Stadt zu holen. Sie haben mir allerdings keine andere Wahl gelassen, als einen Trade zu fordern, der es mir erlaubt, für eine Organisation zu spielen, die wirklich schätzt, was ich dazu beitragen kann.

Ich konnte bislang nicht zur McCaskey Familie [die Eigentümer der Bears] sprechen und vielleicht können sie das lösen, aber im Moment sehe ich keinen Weg zurück zu der Organisation, die ich wirklich liebe!

Ich hoffe und bete, dass Ihr alle das verstehen könnt. Es tut mir so leid, dass es so weit kommen musste."

Der 25jährige ist der einzige Spieler der NFL seit [seinem Draft] 2018, der in jeder Saison jeweils über 100 Tackles, mindestens zwei Sacks und eine Interception sammeln konnte. Außer ihm hat nur Shaquille Leonard (Indianapolis Colts) 500 Tackles und zehn Sacks in den letzten vier Jahren geholt.

Angesichts des sportlichen Misserfolgs der letzten Jahre in Chicago kann man behaupten, dass er nur einer von zwei oder maximal drei Spielern der Bears ist, den man als Star und überdurchschnittlichen Profi bezeichnen kann. Und mit Khalil Mack ist ein anderer weggegeben worden.

Eigentlich können es sich die Bears nicht leisten, ihn zu verlieren. Fraglich, ob sie es sich jetzt leisten können, ihn zu bezahlen.

In seinem Optionsjahr verdient Smith kommendes Jahr 9,735 Millionen Dollar. Anschließend würde er (in der Theorie zumindest) Free Agent. Wahrscheinlicher wäre jedoch, dass ihn die Bears – zu seinem finanziellen Nachteil – mit einem Franchise Tag versehen würden.

Die Forderungen von Roquan Smith nach langfristiger Sicherheit sind objektiv absolut nachvollziehbar. Das Angebot an Smith – laut Ian Rapoport – wäre in den letzten Vertragsjahren, die erfahrungsgemäß aber so gut wie nie ausgezahlt werden, hochdotiert gewesen und hätte Klauseln enthalten, die keiner der 94 nicht-Quarterbacks in diesen Gehaltssphären (von mindestens 15 Millionen pro Jahr) hinnehmen musste.

Fortsetzung folgt.



Carsten Keller - 09.08.2022

Ähnlich unzufrieden wie vor seinem Draft schaut Roquan Smith wohl auch jetzt angesichts der stockenden Verhandlungen (© Carsten Keller)