Dem Traum wieder näher

Er ist wieder da: Kicker Lirim Hajrullahu hat einen neuen Vertrag an der Stelle unterschrieben, an der er im Vorjahr sein erstes von dann doch vier NFL-Spielen bestritten hat. Das Nomadenleben für den kosovarisch-kanadischen 32jährigen Kicker, der seinen Traum verfolgt, könnte tatsächlich einmal mehr vor einem erfolgreichen Abschluss stehen.

Er war im Sommer 2021 schon einmal bei den Dallas Cowboys, aber die hatten ihn nach nur einer Woche in der Practice Squad wieder entlassen. Der 31jährige versucht seit Jahren, in der NFL Fuß zu fassen und hat bereits einen Titel eingefahren – allerdings in Kanada.

Hajrullahus Familie siedelte 1999 aus dem Kosovo nach Kanada über, als er neun Jahre alt war. Er spielte am (kanadischen) College an der University of Western Ontario und wurde auch für die kanadische Nationalmannschaft nominiert, wo er im Jahr 2011 bei der Weltmeisterschaft in Österreich Silber gewann.

Nach dem College blieb er 2014 ungedraftet und kann seitdem eine ganze Reihe von mehr oder weniger langen Aufenthalten vorweisen: Jeweils zwei Spielzeiten verbrachte er bei den Winnipeg Blue Bombers, Toronto Argonauts und Hamilton Tiger-Cats. Mit den Argonauts gewann er 2017 die kanadische Meisterschaft – den Grey Cup; zudem wurde er zweimal zu deren Allstar Game geschickt.

2020 sollte es dann mit der NFL-Chance klappen: Allerdings gelang dies zunächst nicht bei den Los Angeles Rams, wo er die Offseason verbrachte (und dann aber Sam Sloman vorgezogen wurde). Anschließend lief er kurz in der Spring League auf.

Ein kurzer Aufenthalt bei den Carolina Panthers blieb auch ohne "echten" Vertrag – nach zwei Monaten war im Frühjahr 2021 wieder Schluss. Nach einem erneuten Spring League Trip sollte es Mitte August 2021 bei den Cowboys klappen, nachdem er zuvor bei den Titans vorgespielt hatte.

Die Cowboys brauchten ihn aber zunächst nur kurz für die Preseason, da sich der erfahrene und unumstrittene Zuerlein nach einer Rückenoperation auf der PUP-Liste befand. Nach den Roster Cuts vor der Saison war auch Hajrullahu wieder kurzzeitig arbeitslos. Der Ein-Jahres-Vertrag löste sich in Luft auf.

Als Greg Zuerlein bei der Auswärtsniederlage bei Titelverteidiger Tampa Bay zum Saisonauftakt nur zwei seiner Extrapunkte verwandelte und nur drei seiner fünf Field Goal Versuche zwischen die Stangen brachte, schrillten die Alarmglocken in Dallas.

Hajrullahu wurde für die Practice Squad geholt, wo er genau eine Woche verbrachte, bevor er erneut wieder entlassen wurde. Zumindest durfte er sich über ein nettes Wochensalär von etwas über 9.000 Dollar freuen.

Nachdem Zuerlein dann in Woche 2 offensichtlich beschwerdefrei war und sowohl beide Extrapunktversuche als auch beide Field Goal Versuche, darunter den Gamewinner bei auslaufender Uhr aus 56 Yards erfolgreich bestreiten konnte, trennte man sich anschließend wieder von der "Versicherung" Hajrullahu.

"Dank" eines positiven Corona-Tests von Zuerlein holte man Hajrullahu dann für das Spiel in Woche #9 gegen die Atlanta Falcons – seine NFL-Premiere in fast schon biblischem Alter - erneut zurück: Er verwandelte sogar alle fünf (!) Extrapunktversuche.

Nach seiner erneuten Entlassung kam er zum Saisonende noch in Carolina unter, wo er die letzten drei Partien bestritt (3/3 Extrapunktversuchen, 4/5 Field Goals verwandelt).

Nachdem die Cowboys bislang nur den ungedrafteten Kicker Jonathan Garibay am Roster hatten, der am College bei den Texas Tech Red Raiders gespielt hatte, war schon länger spekuliert worden, dass Hajrullahu eine denkbare Option wäre. Er unterschrieb für ein Jahr und offiziell 825.000 Dollar, die jedoch nicht garantiert sind.

Die Jagd nach dem Traum geht also weiter...

Carsten Keller - 03.07.2022

Lirim Hajrullahu bei seinem WM-Auftritt 2011 (© Kratky)