Vor dem Spiel gegen Tirol: Der Ton wird härter

In Woche #4 der European League Of Football empfängt die bislang noch sieglose Stuttgart Surge die österreichischen ELF-Neulinge Raiders Tirol, die bei. Wie üblich stand Stuttgarts Head Coach Martin Hanselmann zwei Tage vor der Partie für Fragen der Medienvertreter zur Verfügung.

Nach der deutlichen Niederlage in der Vorwoche wären umgehende Personalveränderungen, wie sie aktuell andernorts bei ELF-Teams passieren, aber dennoch im Moment kein Thema: "Das ist noch bis Woche #9 möglich. Aber wir haben keine ‚hire and fire‘ Mentalität." Dass Potenzial vorhanden ist, hätte man bei der knappen Niederlage gegen die Wroclaw Panthers und in Halbzeit #1 in Wien gesehen. Dauernd Spieler zu wechseln, zeuge ja auch nicht von einem Plan oder einer Struktur.

Verzichten muss Coach Hanselmann gegen die Raiders auf gleich einige erfahrene Spieler und vor allem zwei Linebacker: Precious Ogbevoen kann ausgerechnet gegen das Team nicht auflaufen, in dem sein Bruder Lucky Ogbevoen im Kader steht. Bei Linebacker Niko Knoblauch sieht es immer mehr danach aus, dass seine Sehnenverletzung doch gleichbedeutend mit dem Saisonaus für ihn ist. "Wir wollen mit aller Gewalt den ersten Sieg. Jetzt müssen die Jungen einen Step machen, wenn die beiden ‚Alten‘ ausfallen."

In der Offense klappten gegen Wien vor allem weite Pässe von Quarterback Randall Schroeder – allerdings fast als einziges. "Das war schon geplant, weil wir da eine Schwäche in der Defense erkannt hatten." Zwei kamen an auf Noah Bomba und Moritz Riedinger, ein dritter auf Peter Weiblen konnte knapp nicht gefangen werden. Allerdings musste man auch zu viele fallengelassene Bälle feststellen. Womöglich kommt ja der nominelle Passverteidiger Benji Barnes wieder zum Einsatz. Der Ton würde angesichts der 0-3 Bilanz natürlich etwas härter – beziehungsweise klarer und deutlicher.

Auch die Defense wäre aber trotz dreier Interceptions gegen Wien in der ersten Halbzeit noch nicht perfekt gewesen, denn alleine im ersten Viertel hatte man 64 Laufyards – vor allem gegen den später verletzten Running Back Florian Wegan – zugelassen.

Aus den erzwungenen Turnover hätte man aber definitiv zu wenig Zählbares gemacht: Nach der ersten Interception folgte gleich im ersten Pass ebenfalls eine gegen QB Schroeder, bei den anderen beiden reichte es nur zu einem Field Goal. Zu oft wäre man in Situationen, wo man statt eines 3. & 1 eben ein 3. & 7 spielen müsste, was die Optionen einfach stark einschränke. Trotzdem glaube der Coaching Staff daran, dass man die Baustellen nach und nach abarbeiten könne.

Kicker Loria habe seine Sache sehr gut gemacht und beide Chancen auch in Punkte umgemünzt. Als Punter wäre man ebenfalls mit ihm zurfrieden gewesen, nur dürfe er einen Fehler nicht zweimal machen.

Touchbacks sind bei der neuen Regelung eigentlich kein Thema mehr, denn dann dürfe der Gegner ja bereits an der 30 Yard-Linie starten, was nicht das Ziel wäre. Stattdessen will man den Return, was auch von der Liga durchaus gewünscht wäre. Ein passendes Schema ist aber noch schwierig. Idealerweise sollte der Kickoff so an die 10 Yard-Linie gehen.

Bislang nerven Martin Hanselmann auch noch die Strafen. Gegen Wien erlaubte man sich sieben für 75 Yards, während der Gegner lediglich drei für 35 Yards kassierte. Eigentlich bringe man den Spielern bei, dass man im 3. oder 4. Versuch keinesfalls ins Offside springen dürfe, sondern nur auf den Ball beim Snap schauen sollte. Das nerve, wenn es dann trotzdem passiere.

Für Sonntag ist mit sonnigen 30 Grad wieder bestes Footballwetter in Stuttgart angesagt. Vielleicht strahlen danach dann auch erstmals die Gesichter der Spieler.



Carsten Keller - 24.06.2022

Blauer Himmel und Sonnenschein wird auch am Sonntag auf der Waldau erwartet (© Carsten Keller)