Kaepernick bleibt Free Agent

Colin Kaepernicks Anfang vom NFL-Ende - das Knien verzieh ihm die Liga bisher nicht.Nach einem kurzen Vorspielen in der Halbzeitpause bei seinem Ex-Coach Jim Harbaugh in Ann Arbor / Michigan, durfte Quarterback Colin Kaepernick diese Woche zu einem Workout bei den Las Vegas Raiders; ob das allerdings nur dazu gut war, von anderen – unangenehmeren - Themen in Nevada abzulenken oder tatsächlich eine sportliche Chance darstellte, wissen nur die Verantwortlichen der Raiders um Mark Davis.

Laut allen Seiten verlief das Workout am Mittwoch "ziemlich gut", aber alles andere an Information nach außen wäre auch fast überraschend gewesen. Aktuell haben die Raiders mit Derek Carr, Nick Mullens, Jarrett Stidham und Chase Garbers bereits vier Quarterbacks unter Vertrag, von denen die ersten drei auch Starter-Erfahrung en masse (Carr und Mullens) besitzen und der dritte (Stidham) das System des neuen Head Coaches Josh McDaniels aus gemeinsamer Zeit in New England bestens kennt. Für Kaepernick scheint da erst einmal wenig Platz und nach übereinstimmenden Angaben wurde ihm auch kein Vertragsangebot gemacht.

Zuletzt startete Kaepernick bereits 2016, damals im sechsten Jahr bei den San Francisco 49ers, für 11 seiner 12 Spiele und kam dabei auf 2.241 Pass Yards, 16 Touchdowns, vier Interceptions plus 468 Rushing Yards und zwei erlaufene Touchdowns. Sein Quarterback Rating von 90.7 damals hätte unter anderem die Werte von Matt Ryan (90.4), Tua Tagovailoa (90.1), Ryan Tannehill (89.6), Lamar Jackson (87.0), Taylor Heinicke (85.9), Daniel Jones (84.8) und Baker Mayfield (83.1) geschlagen.

Dass er aber seitdem keinen NFL-Job mehr hatte, liegt zu einem kleinen Teil auch an ihm, zu einem großen Teil aber an der politischen Landschaft der NFL: Der kleine Teil war die Umwandlung seines Vertrags, bei dem das zweite Jahr – mit 16.9 Millionen durchaus üppig dotiert – in ein Optionsjahr geändert wurde. Allerdings lag die Option bei Kaepernick, der aber stattdessen lieber zum Free Agent werden wollte.

Im Sommer vor der Spielzeit 2016 hatte Kaepernick mehrere Fälle von rassistischer (Polizei-) Gewalt angeprangert und sich im dritten Preseasonspiel erstmals in Spielkleidung nicht für die Hymne erhoben, wie es eigentlich Brauch in den USA ist.

Es war der Start der "Black Lives Matter" Bewegung innerhalb der NFL. Ab der Woche darauf kniete er während der Hmyne, nachdem er mit Ex-Army Green Beret – einer Spezialeinheit – und Seahawks Practice Squad Spieler gesprochen hatte.

Andere Spieler folgten seinem Beispiel und führten letztendlich dazu, dass auch der damalige US-Präsident sich ungefragt einmischen "musste" und das Verhältnis der Spieler zu dem mehr als umstrittenen Trump eskalierte.

Allerdings kamen sehr wenig Reaktionen von den Teambesitzern, die einerseits weder das Verhältnis zu ihren hochbezahlten Angestellten noch das zu dem oftmals von ihnen finanziell unterstütztem Republikaner gefährden wollten.

Eine Reaktion war jedoch definitiv, dass Kaepernick zur "persona non grata" wurde und keinerlei Angebote in der Free Agency erhielt. Die Owner scheuten eindeutig das Risiko, hochkonservative Fans (und gut bezahlende Dauerkartenbesitzer) zu verlieren, die in vielen Standorten Boykotte bei einer Verpflichtung Kaepernicks androhten.

So vergingen die Jahre ohne ein Engagement Kaepernicks, obwohl bei jeder Franchise, die unterdurchschnittliche Quarterbacks hatten, sein Name ins Spiel gebracht wurde. Rein sportlich betrachtet müsste Kaepernick sicherlich ein NFL-Quarterback oder zumindest Backup sein. Aber die NFL ist eben keine reine Sportliga, sondern von vielen wirtschaftlichen Interessen gelenkt. Und die sprachen – und sprechen – wohl klar gegen eine Verpflichtung Kaepernicks.

Offen bleibt nach wie vor die Frage, ob er sportlich noch mithalten kann. Aber das wird sich letztendlich erst zeigen, wenn (falls) er einmal verpflichtet wird. Darauf wetten sollte man nicht.

Carsten Keller - 28.05.2022

Colin Kaepernicks Anfang vom NFL-Ende - das Knien verzieh ihm die Liga bisher nicht.

Colin Kaepernicks Anfang vom NFL-Ende - das Knien verzieh ihm die Liga bisher nicht. (© Getty Images)

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