Raimann: Eine verrückte Draftzeit

Bernhard Raimann konnte während des Drafts nicht immer lachenNach dem Medien-Conference Call mit Neuzugang Marcel Dabo (über das International Pathway Program) stellten die Indianapolis Colts auch ihren österreichischen Drittrundenpick, Tackle Bernhard Raimann, für Fragen der Medienvertreter zur Verfügung.

Den hatten viele Experten im Vorfeld des Drafts als möglichen Erstrundenpick gehandelt, aber letztendlich dauerte es bis Pick #77, bevor er den erlösenden Anruf erhielt.

"Es war echt eine verrückte Zeit. Die Draftwoche an sich war echt riesig für mich, vor allem weil auch meine Eltern rübergeflogen sind. Ich konnte mit denen wieder ein bisschen Zeit verbringen, das war natürlich super.

Das Draftwochenende war dann stressiger. Wir haben uns alle vor den Fernseher hingehaut und gemütlich geschaut. Man wartet halt trotzdem immer auf den Anruf. Dann wird man aber nicht in der ersten und nicht in der zweiten Runde angerufen. Natürlich ist das schon stressig, aber wenn endlich dieser Anruf kommt, fällt einem ein Riesenstein vom Herzen. Einfach ein Wahnsinnsgefühl und unbeschreiblich."

Auf die Frage, wie er sich den Fall aus der möglichen ersten Runde erkläre, antwortete er: "Ich habe eh von Anfang an gesagt, der Draft an sich ist ja nicht das Ziel, sondern eine lange NFL-Karriere ist das Ziel. Das kann natürlich nur mit dem richtigen Team passieren.

Man arbeitet immer darauf hin, der erste Draftpick zu sein. Man gibt alles während den vier Jahren auf dem College und eben auch in dem ganzen Pre-Draft Prozess. Aber wenn sich die Teams dann gegen einen entscheiden, kann man es nicht mehr ändern. Am Draftday kann man einfach nur noch dasitzen.

Ich hab es jetzt genommen, wie es ist, und habe mich sehr gefreut, zu den Indianapolis Colts zu kommen, die schon ein Spitzenteam haben und eine super Stadt, eine Riesenunterstützung der Fans und der Umgebung haben. Für mich persönlich als Footballspieler ist das einfach ein super Team, aber auch für mich als Person an sich.

Es motiviert umso mehr, dass so viele Tackles vorher genommen worden sind [Anmerkung: es waren acht]."

Möglicherweise könnten auch die Gerüchte in der Woche vor dem Draft, dass er bei einigen Teams aufgrund der Ergebnisse im Medizincheck durchgefallen wäre, zu seinem Abrutschen beigetragen haben.

"Wenn man durch diesen Draftprozess durchgeht, versuchen die Teams natürlich die besten Spieler zu bekommen. Allerdings ist das Ganze auch ein Geschäft. Man versucht auch, die besten Spieler so günstig wie möglich zu bekommen. Je später jemand gedraftet wird, desto weniger muss das Team auch im Vertrag bezahlen [Im Vorjahr bekam der 32. Pick des Drafts gut das Doppelte des 77. Picks über vier Jahre]. Über die Monate dieses Draftprozesses versucht jedes Team, so viele negative Sachen wie nur irgendwie möglich von einem Spieler zu finden.

Beim Combine hat man Röntgen, MRIs und was-weiß-ich-wieviele Scans. Jeder Knorpel und Knochen in Deinem Körper wird angeschaut. So fühlt es sich zumindest an. Natürlich findet man dann in jedem Körper etwas, das falsch ist oder nicht hundertprozentig aussieht – besonders, wenn man schon einige Zeit Football gespielt hat. Teams finden auch ein paar Dinge, die für einige akzeptabel sind und für andere Teams überhaupt nicht.

Das kann man als Spieler auch nur so hinnehmen und den anderen Teams über die nächsten Jahre zeigen, was sie alles verpasst haben. Es gab noch nie einen Spieler, der da komplett gesund durch diesen Prozess durchgegangen ist."

Dieser Prozess ist jetzt jedoch abgeschlossen und Donnerstag geht es für ihn richtig bei den Colts los. Kontakt mit Marcel Dabo bestand bereits und auch Running Back Jonathan Taylor hatte sich direkt nach dem Draft bereits gleich gemeldet.

Gerade auf die Erfahrungen der anderen deutschen und österreichischen Spieler – wie zum Beispiel auch Running Back Sandro Platzgummer – gibt Raimann viel. "Die Connections sind riesig, man ist nicht mehr allein, sondern hat Bezugspersonen, die die selben Erfahrungen gemacht haben." Sein großes Vorbild Sebastian Vollmer hätte er über diese Schiene auch schon treffen und kennenlernen dürfen.

Dass er mit dem angesprochenen Jonathan Taylor und neu-Quarterback Matt Ryan zwei Veteranen im Backfield hat, helfe natürlich auch. "Die können die Offense so führen, wie sie es wollen und brauchen. Ich habe mich aber sogar noch mehr über meine Offensive Line Kollegen gefreut: Quentin Nelson zum Beispiel – von dem lernen zu können, weil er einer der besten Guards ist, der jemals diese Position gespielt hat. Einfach von ihm lernen können, wie er tagtäglich an seine Arbeit herangeht, wie er besser wird, was ihn so speziell macht. Auf jeder Position haben die Colts da sehr gute Veteranen und wenn wir als Rookies von denen lernen können, haben wir eine gute Chance."

Jetzt bezieht Bernhard Raimann erst einmal von den Colts gestellte Unterkunft, über den Sommer wird er in eine eigene Wohnung ziehen und dann auch seine Freundin nachkommen.

Und dann wird sich auch herausstellen, ob die Colts wirklich um den Titel mitspielen können, wie Bernhard Raimann dies empfindet und wie seine Rolle dabei aussehen wird.





Carsten Keller - 10.05.2022

Bernhard Raimann konnte während des Drafts nicht immer lachen

Bernhard Raimann konnte während des Drafts nicht immer lachen (© Getty Images)

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