Bucs-Aufholjagd reicht nicht aus

Der Traum von der Titelverteidigung ist für die Tampa Bay Buccaneers geplatzt. Trotz einer unfassbaren Aufholjagd siegen die Los Angeles Rams am Ende mit 30:27 und ziehen somit ins NFC-Championship-Game ein.

In der ersten Hälfte der Partie kam die Offense rund um Tom Brady (30/54 CP/ATT, 329 YDS, 1 TD, 1 INT) nicht ins Spiel. Die starke Rams Defense brach immer wieder durch die Bucs Offensive Line durch und zwang Brady zu schnellen, meist ungenauen Pässen. Der Ausfall von Offensive Tackle Tristan Wirfs machte sich deutlich bemerkbar. Sein Vertreter Josh Wells war dem starken Pass Rush von Von Miller, Aaron Donald und Co. einfach nicht gewachsen. Wenn die Offense dann aber mal Raumgewinn erzielen konnte, versetzten Strafen Tampa wieder nach hinten. Zwei Mal gab es Penaltys für unsportliches Verhalten. Ndamukong Suh hatte einige nette Worte für seinen ehemaligen Teamkollegen Matthew Stafford übrig, nachdem dieser ihm ungeahndet auf den Boden versuchte zu treten und Tom Brady schrie den Schiedsrichter an, nachdem er einen verspäteten Hit gegen den Kopf von Von Miller einstecken musste, der ebenfalls unbestraft blieb. Die Bilder vom wütenden Tom Brady mit blutiger Lippe gingen schnell durchs Netz. Abgerundet wurde die miserable Halbzeit, in der die Bucs nur drei Punkte erzielen konnten, von einem verschossenen Field Goal, schlechtem Kickoff und einer Interception.

Die Rams hingegen starteten sehr gut. Nach einem Field Goal im ersten Drive folgte ein Touchdown im zweiten nach einem Pass auf Tight End Kendall Blanton. Im zweiten Viertel dann ein absolutes Big Play: Bei Third-and-20 an der eigenen 30 Yard-Line packt Stafford (28/38 CP/ATT, 366 YDS, 2 TD) den Kanonenarm aus und findet sein liebstes Ziel Cooper Kupp (9 REC, 183 YDS, 1 TD) völlig alleingelassen an der Seitenlinie, was den nächsten Touchdown einbrachte. Den vorzeitigen Game-Winner ließ LA dann aber liegen. Beim Stand von 20:3 kurz vor der Halbzeit und nachdem Brady seine Interception warf, ließ Running Back Cam Akers ein paar Yards vor der Endzone den Ball aus seiner Hand fallen.

Die zweite Hälfte hielt die Rams aber nicht vom Punkten ab. Nach einem grandiosen Punt-Return und zwei guten Pässen veredelte Stafford selber per Quarterback-Sneak zum 27:3.

Das Ergebnis und die verbleibende Spielzeit erinnerte stark an den Super Bowl 51 der Patriots gegen die Falcons und so stand natürlich die Frage im Raum: Kann Brady mit seinem Team diesen Rückstand aufholen? Und die Antwort lautete, wenn auch etwas kurios: Ja!

Ein Field Goal verkürzte auf 27:6. Somit fehlten 3 weitere Touchdowns plus Extra-Punkt zum Ausgleich. Ende des dritten Viertels schafften die Bucs einen wichtigen First-Down bei Fouth-and-Nine, ehe dann Leonard Fournette den ersten Touchdown für Tampa erzielte.

Danach hielt die Defense der Buccaneers stand und schaffte ihr erstes Three-and-Out an diesem Abend gegen die Rams. Auf einmal waren die Fans im Raymond James Stadium wieder da.

Doch was dann passierte, brachte wohl die Gefühlswelt einiger Fans durcheinander und sorgte für Lachen und Kopfschütteln zugleich: Brady bekommt den Ball, macht Schritte nach hinten und sucht das Feld nach Anspielstationen ab, doch Von Miller tankt sich durch und haut ihm von hinten den Ball aus der Hand - Fumble: Ballbesitz Rams!
Doch wer nun dachte, der Drops sei gelutscht, täuschte sich. Im direkten Gegenzug stellte sich die Offensive der Rams auf, es kommt zu einem Missverständnis und der Ball wird beim Snap an Stafford vorbei geworfen und rollt Richtung Mittellinie und wird durch Tampa Bay gesichert - Fumble: Ballbesitz Bucs! Doch der Drive blieb ohne Punkte.

Mit 3:27 Restspielzeit dann aber das nächste Big-Play, Brady mit einem 55-Yard-Pass an die Seitenlinie zu Mike Evans (8 REC,119 YDS, 1 TD), der sich gegen Cornerback Jalen Ramsey durchsetzt und den Rückstand auf 7 Punkte verkürzt.

Der Plan der Rams war nun, den Ball zu laufen, damit die Uhr weiter läuft und die Bucs ihre Timeouts aufbrauchen. Klar war auch, dass ein weiterer First-Down das Spiel beenden würde. Aber es kam wie es kommen musste. Cam Akers ließ den Ball zum zweiten Mal an diesem Abend aus seinen Händen gleiten. Der ingesamt vierte Fumble der Rams brachte Tampa also wieder in Ballbesitz mit zwei Minuten auf der Uhr. Die Bucs marschierten das Feld runter bis in die Red Zone. Bei Fourth-and-One rechneten dann wohl alle mit einem kurzen Lauf durch die Mitte, doch Fournette nutze die Gelegenheit und lief außen an der Defense vorbei in die Endzone und bescherte den Ausgleich (PAT war erfolgreich).

In der Übertragung auf Pro 7 sagte Patrick Esume: "Tom Brady kannst du niemals abschreiben!"

Nun gut - dann also OVERTIME! - so erhofften es sich zumindest die Buccaneers. Doch mit 42 Sekunden Rest nutzte Matthew Stafford seine Chance und erwischte die Defense der Bucs wieder einmal auf dem falschen Fuß. Sein tiefer Pass fand abermals Cooper Kupp, welcher den Ball in eine gute Position für den Kicker tragen konnte: Matt Gay trifft - und die Rams gewinnen.

Nach einem zur Pause schon sicheren Sieg, erlebte Los Angeles doch nochmal einen wahrhaftigen Krimi, mit gutem Ausgang. Besonders Cam Akers schien ein Stein vom Herzen zu fallen. Durch die Niederlage der Packers dürfen die Rams nun gegen die 49ers im eigenen Stadion um den Einzug in den Super Bowl spielen. Die Rams wären bei einem Sieg das zweite Team nach den Buccaneers letztes Jahr, welche das Finale im eigenen Stadion spielen würden.

Für Tampa ist die Saison nun beendet. Trotz einigen Ausfällen und der Unruhe durch Antonio Brown konnte das Team eine gute Saison spielen und seit Jahren die NFC South für sich entscheiden. Dennoch ist die Enttäuschung natürlich groß: "Das ist offensichtlich nicht das Resultat welches wir wollten" , sagt Coach Bruce Arians nach dem Spiel. Dennoch fand Wide Receiver Mike Evans auch lobende Worte: "Ich bin stolz auf die Jungs. Ich bin stolz auf die Leute die im Stadion geblieben sind."

Natürlich kommt nun auch die Frage nach Bradys Zukunft auf, jedoch ist diese bis dato eher ungewiss.

Nicholas Fanselow - 24.01.2022

Aaron Donald konnte Brady wieder unter Druck setzen (© Getty Images)