Die Großen bleiben unter sich

Der Traum vom Überraschungsmeister platzte am Sylvesterabend wie die berühmte Seifenblase. Nach den klaren Siegen von Alabama und Georgia in den Halbfinals kommt es im National Championship Game am 10. Januar in Indianapolis zu einer Neuauflage des SEC Championship Games vom 4. Dezember und des National Championship Games von 2017. Die Vergabe des Titels bleibt also auch im achten Jahr seit Einführung der Playoffs eine Sache für eine ganz kleine Gruppe von Teams - und der stärksten Conference, der SEC. Die wird zum siebten Mal in Folge im Finale vertreten sein, zum zweiten Mal mit gleich beiden Endspielteinehmern, und zum fünften Mal in der noch jungen Playoff-Ära den Meister stellen. Die Spieler, Coaches und Fans der beiden Teams mögen es einem verzeihen, aber diese Saison, die dank der Fülle an Überraschungen so viel Spaß gemacht hat, hätte ein "besseres" Ende verdient gehabt.

Den beiden Mannschaften kann man das natürlich nicht vorwerfen. Die haben mit ihren Leistungen im Halbfinale unterstrichen, dass sie die beiden besten Teams dieser Saison sind. Das muss man selbst über Alabama sagen, auch wenn der Titelverteidiger nicht so souverän wie gewohnt durch die Regular Season marschiert war. Weder Alabama beim 27:6 gegen Cincinnati noch Georgia beim 34:11 gegen Michigan kamen in Gefahr, ihr Halbfinale zu verlieren. In beiden Spielen war eigentlich schon zur Halbzeit klar, wer letztlich als Sieger vom Platz gehen würde. Und beide Partien liefen ähnlich ab. Die Playoff-Neulinge Cincinnati und Michigan kassierten schon in der ersten Halbzeit so viele Yards wie sonst durchnittlich im ganzen Spiel, konnten das Laufspiel des Gegners nicht stoppen, ihre Quarterbacks nicht ausreichend schützen und hatten zu wenig Erfolg mit ihrem Laufspiel. Im Falle von Cincinnati überraschte das nicht wirklich, weil man wusste, dass die Bearcats physische Nachteile an der Line of Scrimmage haben würden. Dass Michigan bei den Duellen an der Line of Scrimmage so schlecht aussah, überraschte dagegen schon, vor allem dass DE Aidan Hutchinson, der beste Pass Rusher dieser Saison, in diesem Spiel praktisch keine große Rolle spielte.

Das Frustrierende am einseitigen Verlauf der diesjährigen Habfinals ist, dass sie den Trend der ersten sieben Playoff-Jahre fortsetzen, nämlich, dass ausgerechnet der eigentliche Saisonhöhepunkt meistens eine ziemlich blutleere Veranstaltung ist. Von den bisher 16 Halbfinalpartien waren nur drei spannend. Im Schnitt wurden die Halbfinals mit 21 Punkten Differenz entschieden. Und der einzige Playoff-Sieg eines Teams, das nicht zu den traditionellen "Power Houses" gehört, war Oregons 59:20-Erfolg gegen den National Champion des Vorjahres, Florida State, im ersten Jahr der Playoffs (2014). Und in den Endspielen sah es insgesamt nur etwas besser aus. Zwar lieferten die Finals der Spielzeiten 2015 bis 2017 Partien der Marke "Instant Classic", aber sowohl das Finale von 2014 als auch die letzten drei Endspiele endeten mit klaren Siegen. Für die Masse der Fans ist das natürlich wenig reizvoll.

Immerhin, zumindest in Sachen Spannung darf man für das diesjährige National Championship Game optimistisch sein, nicht nur, weil man sich an das dramatische Endspiel-Duell der Beiden von 2017 erinnert, das Alabama mit 26:23 nach Verlängerung gewonnen hatte. Georgia, das seinen letzten Titel vor 41 Jahren gewonnen hat, wird dieses Mal wohl anders auftreten als bei der Niederlage im SEC Championship Game. Nach dem Spiel hatten mehrere Spieler gesagt, dass diese Niederlage nach den vielen leichten Siegen zuvor ein Weckruf zur rechten Zeit gewesen sei. Und das konnte man im Halbfinale gegen Michigan auch sehen. Dazu kommt, dass Georgia, anders als Alabamas Halbfinalgegner Cincinnati, auch die Mittel hat, den Titelverteidiger zu schlagen. Entscheidend wird in diesem Spiel wahrscheinlich sein, welches Team den größeren Druck auf den gegnerischen Quarterback machen kann.

Ändern wird sich an der Dominanz weniger Teams und ihren ständigen Duellen untereinander in den Playoffs in den kommenden Jahren aber wohl nichts, auch nicht, wenn die im Grundsatz beschlossene, aber im Detail noch nicht ausgearbeitete Erweiterung der Playoffs auf acht oder zwölf Teams spätestens ab der Saison 2026 kommt. Auch bei mehr Playoff-Teilnehmern wird die Dominanz von wenigen Top-Teams bleiben. Der Grund ist, dass es im College Football keine Regularien gibt (wie in den Profi-Ligen, allen voran der NFL), die dafür sorgen, dass die Teams unter annähernd gleichen wirtschaflichen Bedingungen operieren. Im Grunde funktioniert der College Football in dem Punkt so wie der europäische Vereinsfußball, in dem die finanziell stärksten Teams immer reicher und sportlicher stärker werden, mit der Folge, dass für den Gewinn des Titels nur ganz wenige Mannschaften überhaupt in Frage kommen. Das heißt natürlich nicht, dass es zumindest in der Regular Season nicht immer mal wieder auch dicke Überraschungen gibt. In dieser Saison gab es, gemessen an den Niederlagen von in den AP Top 25 platzierten Teams gegen nicht platzierte Teams, so viele Überraschungen wie noch nie. Aber wenn es am Ende um den Titel geht, dann setzen sich eben doch immer die Top-Teams aus den stärksten Conferences, vor allem aus der SEC, durch.

Für Außenseitererfolge oder den rasanten Aufstieg aus der Durchschnittlichkeit in die Spitze, wie ihn zum Beispiel Miami und Florida State in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gezeigt hatten, ist in diesem System kein Platz. Wie, mit welchen Maßnahmen man daran etwas ändern könnte, wird bis jetzt noch nicht mal ernsthaft diskutiert, und man tritt gewiss niemandem zunahe, wenn man vermutet, dass die stärksten Conferences und ihre Top-Teams, die von der bestehenden Situation am meisten profitieren, auch kein allzu großes Interesse an einer Änderung haben dürften.

Hoch - 04.01.2022

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