Sind aller guten Dinge drei für Eberle?

Nach mehr oder weniger langen Aufenthalten in den Practice Squads der Las Vegas Raiders und Carolina Panthers haben jetzt die Houston Texans den deutschen Kicker Dominik Eberle für ihre Practice Squad verpflichtet. Hier stehen die Chancen auf einen Einsatz auch gar nicht schlecht: Deren etatmäßiger Kicker Ka’imi Fairbairn wurde nämlich am Mittwoch positiv auf Corona getestet und auf die Reserve-/CoViD-Liste gesetzt. Theoretisch könnte der sich auf drei verschiedene Arten bis Sonntag freitesten, wozu nach den in dieser Woche angepassten Regeln ein negativer Test genügen würde.

Sollte das nicht klappen – und die Chancen stehen schlecht, wenn man sich die letzten positiven Fälle anschaut – könnte endlich die NFL-Stunde von Dominik Eberle schlagen.

Der in der Nähe von Nürnberg aufgewachsene Kicker Dominik Eberle hatte zunächst 2020 seinen NFL-Vertrag in der Tasche. Er wurde im Draft nicht gezogen, aber es dauerte nicht lange, bevor er als einer der unter Vertrag genommenen Undrafted Free Agents der Las Vegas Raiders bekanntgegeben wurde.

Die Voraussetzungen schienen für den Kicker, der bei den Utah State Aggies am College gespielt hatte, nicht gerade schlecht: In Oakland war 2019 Daniel Carlson für die Kicks zuständig. Der kam in der Spielzeit 2019 auf 73,1 Prozent bei den Field Goals, wobei das längste gerade einmal aus 48 Yards erzielt wurde. Zwei seiner 36 Extrapunktversuche setzte er dazu daneben.

An Selbstvertrauen, aber auch Durchsetzungsvermögen fehlte es Eberle jedenfalls nicht. Im Februar twitterte er (@theDEbbz) vor seinem Draft: "An mir wurde seit der High School gezweifelt und ich hab bewiesen, dass sie falsch liegen – Zeit, das wieder zu machen. Bis nächstes Jahr!" Nach seiner Unterzeichnung erklärte er, dass er "dankbar für die Gelegenheit ist und stolz wäre, Teil der #RaiderNation zu sein."

Bei den Utah State Aggies hatte er als sogenannter Walk-On (ohne Stipendium) überzeugt: Er stellte insgesamt acht Schulrekorde auf, traf unter anderem ALLE 167 Extrapunktversuche, zu denen er antrat, und verwandelte vier Versuche aus über 50 Yards. Drei davon schaffte er in einem Spiel gegen New Mexico State 2018 (NCAA Rekord), wo er insgesamt achtmal traf (ebenfalls ein geteilter NCAA Rekord). Seine Collegezeit schloss er gleich mit zwei Abschlüssen (Internationale Wirtschaft und Marketing) ab.

Bei den Raiders zog man nach dem Camp 2020 aber Daniel Carlson dem unerfahrenen Eberle vor und wurde letztendlich auch nicht enttäuscht: Er steigerte seine Field Goal Quote auf hervorragende 94,3 Prozent (das längste aus 54 Yards) und vergab auch nur zwei seiner 47 Extrapunktversuche.

Dominik Eberle wurde nach der Offseason des Vorjahres zunächst entlassen, dann aber in die Practice Squad genommen und mehrfach gegen den Zugriff anderer Teams geschützt. Im Januar erhielt er einen neuen Ein-Jahres-Vertrag über offiziell 660.000 Dollar, der aber zunächst im Juli und nach weiteren zwei Wochen im Offseasonkader Mitte August aufgelöst wurde.

Wirkliche Fehler konnte man Dominik Eberle nicht vorwerfen – und das taten wohl auch die Raiders nicht. Letztendlich war es eher Pech, dass Daniel Carlson sein statistsich bestes Karrierejahr ausgerechnet in dieser Saison 2020 hatte und auch alle Spiele bestreiten konnte.

Eberle war somit auf Teamsuche, die jedoch nicht lange andauerte: Die Carolina Panthers verpflichteten ihn acht Tage später. Dort schien nach einer Quadrizeps-Verletzung von Stammkicker Zane Gonzalez am vergangenen Wochenende die Zeit von Eberle gekommen.

Die holten jedoch lieber Journeyman Lirim Hajrullahu aus der Practice Squad Washingtons, der folglich aufgrund der Practice Squad Regeln in den aktiven Kader aufrücken musste. Warum man Eberle diesen Job in einer mittlerweile verlorenen Saison nicht zutraute und den trotz erheblich höherem Alter ebenso unerfahrenen Hajrullahu vorzug, bleibt das Geheimnis der Panthers.

Ein Marketinggag war die Verpflichtung Eberles jedenfalls nicht: Der wurde nämlich nie den deutschen Medien als Interviewpartner angeboten oder irgendwie promotet. Gerade vor dem Hintergrund, dass man sich als eines von vier Teams erfolgreich um Marketingaktivitäten in Deutschland beworben hat, absolut unverständlich. Es bleibt also das Geheimnis der sportlich Verantwortlichen, warum man diese Situation so objektiv unzureichend managte.

Aber Schnee von gestern: Eberle hat seinen Fuß erneut in der NFL-Tür und eine reelle Startchance, die wohl kaum höher war als jetzt. Daumen sind gedrückt und vielleicht sind ja wirklich aller guten Dinge drei für ihn...

Carsten Keller - 24.12.2021

Von Las Vegas über Carolina ist Dominik Eberle jetzt in Houston unter Vertrag (© Carsten Keller)