Vor 25 Jahren - Das Jahr der Hamburg Blue Devils

German Bowl XVIII in Hamburg am 5. Oktober 1996. Das American Footballjahr 1996 begann in deutschen Landen eher unterdurchschnittlich. Einen Monat vor Saisonbeginn gaben die Regensburg Royals ihren Ausstieg aus der Bundesliga bekannt und auch die ersten beiden deutschen Vertreter im Eurobowl starteten wenig überzeugend in den Wettbewerb. Während die Berlin Adler sich mit 35:7 gegen die Scythians Donezk trotz immer blasser werdender Spielweise vor 1.743 Zuschauern wenigstens erwartungsgemäß durchsetzten, kassierte Titelverteidiger Düsseldorf Panther in Paris vor 500 Zuschauern eine 7:16-Niederlage. Die Franzosen blieben auch im Viertelfinale im Rennen. Die Düsseldorf Panther verloren bei den Aix-en-Provence Argonautes mit 27:28 in der Verlängerung auch ihr zweites Spiel des diesjährigen Wettbewerbes und sollten zumindest den europäischen Titel Jahr nicht verteidigen dürfen. Die Paris Mousquetaires, Panther-Bezwinger in der Vorrunde, setzten sich auf eigenem Platz gegen die Helsinki Roosters mit 34:29 durch, mussten sich aber den Hamburg Blue Devils beugen, die als dritte deutsche Mannschaft und Vizemeister alle Kritiker überzeugen. Zuvor musste der erste Versuch, dieses Eurobowl Halbfinale auszutragen, aufgrund eines kräftigen Platzregens, abgesagt werden. Der Auftritt der Hamburger gestaltete sich aber ansonsten eindrucksvoll. Zunächst wurde Helsinki mit 52:16 vom Platz gefegt, danach Graz mit 34:14 besiegt. Auch Paris musste sich im zweiten Versuch dem Willen der Gernert-Truppe beugen und eine 7:14 Auswärtsniederlage akzeptieren, so dass schließlich im Eurobowl X Jubiläumsfinale in Stuttgart die Argonautes und die Rekordkulisse von 17000 auf sie warteten. Pünktlich am 6. Juli um 20 Uhr starteten beide Mannschaften, begleitet von 200 Cheerleadern aus ganz Europa. Der Anfang für die Blue Devils verlief allerdings alles andere als planmäßig. Die Franzosen fanden früher zu ihrem Spiel. Nachdem die Devils zu einem Punt gezwungen wurden, kamen die Argonautes an der 47 Yards Line in Ballbesitz. Fünf Spielzüge später stand das Team aus Aix-en-Provence an der 1 Yard Line. Ausschlaggebend für die gute Angriffsserie war ein 36-Yard-Pass von QB Kenny Suhl auf Julien Granier. Suhl brachte das Spielgerät schließlich selbst in die Endzone. Verwirrt leisteten sich die Hanseaten einige ungenaue Pässe, so dass die Franzosen zu Beginn des zweiten Viertels ihre zweite Touchdownchance suchten. Die Devils Abwehrreihen stoppten vier Angriffsversuche und Suhls unvollständiger Pass beendete eine vielversprechende Serie. Hamburgs Offense, sichtbar beflügelt von der Leistung der eigenen Abwehr, kam durch Rushes von Padmore Osei und Bruce Reid in Fahrt. QB Craig Pettigrews 26-Yard-Pass auf Max von Garnier beendete einen Drive, der an der eigenen zwei Yard Linie begann und das Spiel offen hielt. Noch überzeugender agierten die blauen Teufel im dritten Viertel. Nach einem nicht anerkannten Touchdown-Pass von Pettigrew folgte ein Catch von WR Simon Morris, der zudem noch zwei Verteidiger ausspielte und die Führung erzielte. Nach dem 14:7 Zwischenstand entwickelte sich das Endspiel zu einer hochdramatischen Partie, bei der die Rolle des Jägers und des Gejagten mehrmals wechselte. Eine Kombination von Lauf- und Passspielzügen brachte die Argonautes bis an die 12 Yards Line des Gegners. Von dort war es nur noch ein kurzer Spaziergang für RB Tori White zum 14:14 Ausgleich. Entsprechend musste das vierte Viertel über Sieg und Niederlage entscheiden. QB Pettigrew täuschte eine Ballübergabe an Osei vor, bevor er an Morris das Lederei übergab. Die Argonautes-Defense war für einen Moment unkonzentriert und Morris sprintete unbedrängt in die Endzone. Da den Franzosen die Kräfte ausgingen, bekam in den letzten Schlussminuten die Defense der Hamburger die Partie endgültig unter Kontrolle und sicherte sich den ersten Eurobowl Erfolg für ihre Mannschaft.

In der Bundesliga machten sich andererseits eine Reihe von etablierten Teams Hoffnung auf den Titel und gute Platzierungen. Zurück in die Zukunft, lautete das Panther-Motto für die Saison 1994. Seitdem kassierten die Düsseldorfer in zwei Spielzeiten gerade einmal drei Niederlagen insgesamt, gewannen zwei deutsche Titel, mit denen sie sich zum alleinigen Rekordmeister aufschwangen, und holten gewissermaßen als Zugabe auch als erstes deutsches Team den Eurobowl. Nach diesen beiden besten Jahren der eh schon erfolgsüberladenen Vereinsgeschichte folgte nun eine Spielzeit, deren Motto lautete: Vorwärts in die Ungewissheit. Die Braunschweig Lions starteten 1996 bereits in ihr drittes Bundesligajahr, und sie entwuchsen langsam dem Status, ein Neuling in dieser Spielklasse zu sein. Wurde das erste Jahr noch mit einem Playoff-Platz beendet, so gestaltete sich das zweite Jahr sehr viel schwieriger. Das Abstiegsgespenst geisterte in Braunschweig herum, und erst ganz zum Schluss konnte man sich den Klassenerhalt sichern. Im Jahr 1996 wollen die Lions aus ihren Fehlern des Vorjahres gelernt haben.

Bevor die Cologne Crocodiles in ihr alljährliches Trainingslager nach Ancona abreisten, verstärkte sich das Team noch erheblich durch zwei US-Amerikaner. QB Caraston Daniels von der Alabama A & M University und DB Rodney Watkins von der Southern Methodist University konnten den Kölner Dom erst nach Ostern bewundern, auch sie fuhren für "den letzten Schliff" gleich mit nach Italien. Zweifellos herrschte in Kiel 1996 das Football-Fieber. Nach dem Aufstieg in die 1. Bundesliga waren die Erwartungen bei den Fans vor dem Saisonstart hoch gesteckt. Da war mancherorts schon von der Playoff-Runde die Rede. Auch Dr. Eike Frahm, der damalige 1. Vorsitzende der Nordlichter sah sich dort: "Die Playoffs, das ist unser Ziel." Gesetzt dem Fall, es würde eine feste Faustformel für die Razorbacks geben, müssten sie in ihrer ersten Bundesliga-Saison Zweiter der Süd-Gruppe und im nächstem Jahr Süd-Champion werden. So ging es bislang immer in den beiden Jahren nach einem Aufstieg zu. Doch aus derartigen Träumen wurden Spieler wie auch passive Vereinsmitglieder vom Razorbacks-Abteilungsleiter der TG Rüsselsheim Andreas Günther in die Wirklichkeit zurückgeholt. In der ersten Division herrschte eine ganz andere Luft und die sei verständlicherweise erheblich schweißgetränkter als die der Vergangenheit.

Das deutsche Footballjahr 1996 sollte, so war es bereits vor dem ersten Kickoff zu erkennen, durch einige geographische Machtverschiebungen geprägt sein. Wer noch 1992 deutschen Spitzen-Football sehen wollte und mit dem Auto unterwegs war, musste sich vor allem auf der A 2 auskennen, der Hauptverkehrsader in West-Ost-Richtung, die das Rheinland mit Berlin verbindet. Es zeichnete sich ab, dass in Zukunft die Nord-Süd-Verbindung A 7 dem motorisierten Football-Fan nützlicher sein dürfte, denn die Gewichte in der Nord-Liga verschoben sich zusehends nach Hamburg, Braunschweig und selbst im Aufstiegsjahr bereits auch nach Kiel. Nur wenige Wochen nach dem Saisonauftakt stand fest, dass der Sieg des Neulings in Berlin noch als Folge des bisherigen Niedergangs der Adler gewertet werden konnte, der Triumph über die Kölner machte die Baltic Hurricanes aber zum Playoff-Anwärter.

Kleinere Brötchen mussten vor allem etablierte Clubs aus dem Süden backen. Sie wurden von den Entwicklungen im Norden der Republik größtenteils abgehängt. So meinte zum Beispiel Rüsselsheims QB Dennis Williams vor der Partie München gegen Rüsselsheim, dass "das Spiel gegen München wie David gegen Goliath ist", doch dabei vergaß er wohl zu erwähnen, wer David und wer Goliath war. München musste es sich gefallen lassen, zwei Punkte an einen Aufsteiger abzugeben. 37:2 war schließlich der Endstand zugunsten des Aufsteigers, der zwei leicht verdiente Punkte auf sein Konto brachte. Die Achterbahnfahrt der Cowboys setzte sich in den kommenden Wochen weiter fort. Gerüchte von der Verpflichtung Estrus Craytons, die sich jedoch nicht bewahrheiteten, prägten das Bild des "Grand old Team of the South". Der von Hamburg kommende Head Coach Kirk Heidelberg verließ nur wenige Wochen später die Mannschaft, um am Tennessee State College als Assistenztrainer zu agieren. So stand der deutsche Meister des Jahres 1993, zwei Monate vor Saisonbeginn noch ohne Trainer da und erhielt im Laufe der Zeit einige Absagen.

Sportliche Ausrufezeichen setzten somit die Nordclubs. Zum ersten Bundesliga Heimspiel der Cologne Crocodiles gegen den Vizemeister kamen 3.800 Zuschauer in den Höhenberger Sportpark. Unter ihnen etwa 500 Blue Devils Fans, die mit einem Sonderzug in Köln anreisten und sich im Stadion lautstark bemerkbar machten. Und sie konnten nach dem Schlusspfiff feiern, ihre Hamburg Blue Devils nahmen zwei Punkte mit an die Alster, gewannen beim viermaligen Vizemeister mit 14:7. Einen offenen Schlagabtausch lieferte sich Düsseldorf in Braunschweig. Mit 46:48 verloren die Lions ihre Heimpremiere gegen Düsseldorf. Zwei verschossene Field Goals, ein verschossener Extrapunkt, zwei nicht verwertete Conversions und ein Kickoff-Return-Touchdown durch Estrus Crayton verhinderten den Sieg der Niedersachsen. Für die nächste Überraschung sorgte Kiel in Berlin. Der Aufsteiger reiste mit einem Transparent "Die wogenden Stürme" an die Spree und versprach nicht zu viel. Die Berlin Adler versanken in den Untiefen der eiskalten Meere: Beim 35:21 Erfolg der Kieler sahen 2.169 Zuschauer eine auf allen Positionen besser besetzte Canes Mannschaft.

Mit Untiefen und Schaukeleien hatten auch die Blue Devils zu kämpfen. Gefahr drohte diesmal von der Stadt Hamburg, die berechtigterweise eine dringende Bitte an Club und Fans richtete. Es wurde um die Stabilität der Obertribüne des altehrwürdigen Volksparkstadions gefürchtet, weil die Football-Parties zu rhythmisch und zu turbulent praktiziert wurden. Gegen die Adler kam die Betonkonstruktion bedenklich ins Schwingen. Problematisch gestaltete sich auch die Mitte der regulären Saison. Eine Verletzung von QB Dino Bucciol galt es zu überbrücken und der Ersatzspielmacher Oliver Kreutzfeldt mühte sich redlich, um die entstandene Lücke auszufüllen. Doch es half alles nichts. Gegen Braunschweig musste eine 7:21 Niederlage akzeptiert werden und auch Düsseldorf nahm am 3. August beide Punkte mit an den Rhein. Zeitweise geriet, wie auch schon im Vorjahr, die Teilnahme an den Playoffs in Gefahr, als die Baltic Hurricanes vor 6500 Zuschauern in einer denkwürdigen Partie mit 35:14 davonzogen. Die Wende und die Qualifikation für die Playoffs brachten schließlich Siege gegen die Stuttgart Scorpions (7:3), die Cologne Crocodiles (16:7) und die Munich Cowboys (54:6).

Das Viertelfinale war, fast schon wie erwartet, von einem starken Nord-Süd-Gefälle geprägt. So scheiterten die Noris Rams mit 13:27 an den Braunschweig Lions. Fünf Turnover nutzten die Löwenstädter, um 14 Punkte zu generieren. Die Defense der Rams fand zudem nie ein Mittel, die Gäste Offense in den Griff zu bekommen. Diese wiederum eroberten durch variantenreiches Pass- und Laufspiel Yard um Yard. Die Cowboys aus München entpuppten sich in ihrem Viertelfinalspiel gegen Düsseldorf als eine Rumpftruppe, die mit 0:73 im Rheinland unterging und auch gegen die Panther Backups keine Chance besaßen. 9700 Fans bejubelten in Hamburg wiederum den 49:20 Erfolg der Blue Devils gegen die Stuttgart Scorpions. Im Laufe des Geschehens kristallisierte sich die Überlegenheit der Gastgeber immer mehr heraus. Auf Seiten der Stuttgarter überzeugte nur Tony Moore, der mit einem Kickoff Return auch einmal die Teufel überraschte, während Hamburgs QB Dino Bucciol für spielentscheidende Raumgewinn mit seinem Passspiel sorgte.

Die Halbfinalspiele wurden zunächst vom überraschenden Tod des Hamburger Head Coaches George White überschattet. Am 19. September 1996 traf sich das Team der Hamburg Blue Devils zu einem Kartbahn Rennen auf der gerade neu eröffneten Rennbahn am Nedderfeld, um Kraft für das Halbfinalspiel in Braunschweig zu tanken. George White, wie immer mit seiner ansteckenden kalifornischen Sommerlaune dabei, fuhr ein paar Runden mit, freute sich nach dem Rennen über seinen sechsten Platz und darüber, dass er einige seiner Jungs überholt hatte. Voller Symbolkraft zeigte er kurz vor Mitternacht auf die elektronische Anzeigentafel, die sein Resultat dokumentierte und sackte plötzlich in sich zusammen. Nach mehreren Reanimationsversuchen stellte der Notarzt fest, dass White einem Herzinfarkt erlegen war. George White wurde am 16. Januar 1936 in Glasgow/Montana geboren. 1958 schloss er seinen High School Abschluß in Fresno ab und studierte am Occidental College in Los Angeles. Seit 1961 arbeitete er als Lehrer. 1992 kam er erstmals nach Hamburg und baute die Blue Devils mit auf. Nach einem Jahr Abstinenz wurde er 1994 wieder zurück an die Elbe geholt. Entsprechend gedämpft wurde das Halbfinale in Braunschweig ausgetragen, nachdem George Whites Witwe Barbara per Telefax die Mannschaft aufforderte, in Braunschweig anzutreten und der Mannschaftsrat dieses auch so beschloss. Vor dem Spiel schwiegen die 9.500 Footballfans auf den Rängen und die Akteure, Trainer und Betreuer auf dem Feld. Sie gedachten sowohl George White, als auch der kürzlich verstorbenen Mutter von Lions-Urgestein Gino Saccoccio, die ihren Sohn nicht mehr beim größten Erfolg seines Teams erleben durfte. Man hätte eine fallengelassene Stecknadel hören können. Den Ausschlag für den 14:7 Sieg zu Gunsten der blauen Teufel gaben aus sportlicher Sicht die Backups. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall des Braunschweiger QB Jason Stanicek mussten die Lions sich eingestehen, dass man ohne ausgebildeten Spielmacher kein German Bowl Endspiel erreichen kann.

Rund 500 km weiter südwestlich haderten ebenfalls die Cologne Crocodiles mit ihrem Schicksal und betrauerten ihre vergebenen Chancen im zweiten Halbfinale. Der Frust war Frank Pfliegner überdeutlich anzusehen. "Was soll eine Abwehr denn noch mehr leisten", fragte der Defensive Coordinator der Cologne Crocodiles, "irgendetwas muss doch die Offense auch zum Sieg beitragen." Die Enttäuschung des Düsseldorfer Trainers der Kölner nach dem rheinischen Derby war verständlich. Trotz der Supervorstellung der Defensive verloren die Krokodile das Halbfinale beim Nachbarn Düsseldorf Panther mit 13:14.

In den Tagen zwischen dem Ableben von White und dem Endspiel in Hamburg stellte schließlich Linebacker Holger Nolting fest, dass es im Team zu einer "magischen Veränderung" gekommen war: "George White wollte sein Werk vollenden und seine Aufbauarbeit mit dem Eurobowl Sieg und der deutschen Meisterschaft krönen. Das Schicksal wollte es leider anders. George hat uns alles gelehrt, was wir über Football wissen müssen. Im German Bowl 1996 wird es an uns liegen, George zu zeigen, dass wir seine Lektionen auch begriffen haben." Nolting erklärte ferner gegenüber dem Huddle, dass "wir nicht mehr für uns, sondern nur noch für George kämpfen. Individualisten und Meckerer gibt es nicht mehr. Wir sind noch näher zusammengerückt und fürchten uns vor niemanden." Mit dieser Meinung stand Nolting auch außerhalb der Hansestadt nicht allein. Düsseldorfs Offensive Coordinator Martin Tschurer unterstrich die besondere Zusatzmotivation der Hamburger und setzte auf den mehrfach erprobten Panther Spirit, der auch vor einer größeren Kulisse bestehen könnte.

Dass der German Bowl XVIII im Hamburger Volksparkstadion vor einer großen Kulisse stattfinden werden würde, stand bereits am ersten offiziellen Vorverkaufstag fest. Bei Karstadt Spiel + Sport bildeten sich schnell größere Schlangen und die Marke von 5000 abgesetzten Vorverkaufstickets wurde schnell überschritten. Das Gleiche galt für die nächste Messung. Die Marke 8000 war nach weiteren wenigen Tagen ebenfalls schnell überschritten. Es lag also ein neuer German Bowl Besucher Rekord in Reichweite. Den bisher besten Zuschauerzuspruch erreichte der German Bowl im Jahre 1987 in Berlin mit 14800 verkauften Karten im Mommsenstadion, als die Adler ihre ersten Meisterschaft feierten und nach dem Spiel noch 2000 neugierige Bürger in das Stadion gelassen wurden. Angemeldet hatte sich zum 1996er Finale auch der Norddeutsche Rundfunk. Mit sieben Kameras wurde das Endspiel aufgezeichnet und in einer 80-minütigen Sport-3-Extra-Sendung einem noch größeren Publikum präsentiert, dass sofern es eine Eintrittskarte kaufte, zu den mehrheitlich glücklichen 19700 Footballfans gehörte, die den ersten deutschen Titel der Blue Devils live erlebten. Die Entscheidung fiel in einem einseitigen dritten Viertel auch deswegen, weil sich Düsseldorfs QB Steve Calhoun eine Brustbeinprellung zuzog und sich Estrus Crayton später beklagte, dass niemand bei den Panthern es wagte, die Verantwortung an sich zu ziehen. Im Hamburger Lager blühte andererseits das Angriffsspiel auf und Craig Pettigrew, beziehungsweise Dino Bucciol wechselten sich auf der Spielmacherposition ab, ohne dass es zu nennenswerten Qualitätsverlusten kam. Beide einte, dass sie über eine Vielzahl von Anspielstationen verfügten, die beliebig den Ball nach vorne beförderten. Einen Sieg dank der besseren Tagesform, nicht nur körperlich, sondern auch gedanklich im Kopf landeten die Gastgeber. Bis zur Halbzeit sah es keineswegs so aus, als wenn Hamburg die Nase vorn hätte, sondern Düsseldorf verstand es nicht, die Fehler der Devils auszunutzen. Im weiteren Verlauf wurde die Fehlerquote drastisch minimiert und Düsseldorf erhielt keine Chancen mehr, den Spieß noch einmal umzudrehen, ohne aber von den Hamburger Strategen an der Sideline zermalmt zu werden. Groß spielte auch an diesem Abend die Hamburger Defense auf, allen voran der junge 19 jährige Christopher Malewski, der den jeweils zweiten Panther Receiver neben Crayton zu bewachen hatte. Seine Aufgabe löste er mit zwei gefangenen Interceptions so gut, dass er zum MVP der German Bowls gewählt wurde.

Die Bundesliga Spielzeit 1996 war sicherlich für den deutschen American Football innerhalb der 90er Jahre das Jahr mit der größten symbolischen Bedeutung. Es war nicht nur das Jahr, in dem die Blue Devils zwei wichtige Titel errangen, sondern es war auch die Herausbildung der kommenden wichtigsten Gegner der nächsten Jahre. Während in Braunschweig und etwas zeitversetzt auch in Kiel und Köln erkannt wurde, dass die Sportart, sofern sie einem breiten Publikum präsentiert werden sollte, auch professionell vermarktet werden musste und das Element Entertainment für die Massen nicht zu kurz kommen durfte, vermuteten nicht wenige, dass aus sportlicher Sicht für die nächsten Jahre ein großer Zuschauerspruch gleichbedeutend mit kontinuierlichem sportlichem Erfolg gleichzusetzen war. Zumindest mit dieser Vermutung, hatten die Optimisten nicht Recht behalten. In Hamburg errangen die Blue Devils zwar noch zwei weitere Eurobowls, aber bis zur Jahrtausendwende keine weiteren deutschen Meistertitel mehr. Von einer Dynastie, also der Gewinn von mindestens vier Titeln einer Kategorie innerhalb von zehn Jahren konnte in der Hansestadt keine Rede sein, auch wenn die großen und hochwertigen Duelle und Derbys zwischen den Devils, den Crocodiles, den Lions und Hurricanes noch kommen sollten. Somit bleibt das Jahr 1996 auch als die Lehrzeit der Braunschweig Lions im Gedächtnis, die ab 1997 mindestens zehn Jahre lang die Bundesliga und später die GFL viel dominanter anführen sollten, als die Devils es jemals mit ihrem Manager und Präsidenten Axel Gernert verstanden.

Schlüter - 02.09.2021

German Bowl XVIII in Hamburg am 5. Oktober 1996.

German Bowl XVIII in Hamburg am 5. Oktober 1996. (© Schlüter)

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