Offene Fragen für die Colts

Carson WentzAm 28.Juli werden die Indianapolis Colts ihr Trainings Camp beginnen. Anreisetag für die Spieler ist einen Tag vorher. Danach beginnen 19 Trainingstage für den 90-Mann Kader der Indianapolis Colts inklusive zweier Sessions mit den Carolina Panthers. Für die Spieler beginnt dann die kritische Zeit ihre Coaches und den Head Coach Frank Reich davon zu überzeugen, Teil des Kaders zu bleiben. Am 31. August müssen die 53-Mann Kader der Franchises feststehen, was für mindestens 37 Spieler mit der Entlassung endet.

"Football in Shorts", diese etwas despektierlich klingende Aussage wird häufig genutzt, um die OTAs und Minicamps zu beschreiben, die seit April stattfinden. Das Trainingscamp ist der Ort, wo die Pads angelegt werden und getackelt werden darf. Traditionell wird der dritte Tag im Camp mit angelegter Schutzausrüstung trainiert.

Trainer und General Manager werden in dieser Zeit eine Vorstellung davon bekommen, wie der Finesszustand ihrer Spieler ist. Ebenfalls bekommen die Verantwortlichen die Möglichkeit einzuschätzen, ob die neu verpflichteten Spieler und die Grundidee zusammenpassen. Die entscheidene Fragen sind dabei, ob das offensive und defensive Playbook umsetzbar ist. Was weiterhin wichtig sein wird für die Colts:

Was ist mit Carson Wentz und der Offense der Colts?

Die Philadelphia Eagles und ihr damaliger Quarterback Carson Wentz waren eine der negativen Überraschungen der NFL Saison 2020. Als möglicher MVP Kandidat ging der Signal Caller in die Spielzeit, während sein Verein als sicherer Playoff Kandidat gehandelt wurde. Am Ende wurde der Nummer 2 Pick von 2016 gebencht und die Eagles verpassten in der schwächsten Division die Playoffs deutlich. Ein Neuanfang für beide Seiten erschien nötig. Über die Beziehung von Wentz zu seinem neuen Trainer ist bereits alles gesagt worden, aber die Frage welche Version wir von dem neuen QB der Colts sehen werden, ist erst in der Saison möglich. Eine erste Idee, wie das neue System mit ihm geplant ist, wird uns vorher eine erste Stippvisite ermöglicht.

Die Statistiken seiner letzten Saison waren Karrieretiefstwerte, sei es bei den Yards oder im Rating. Mit 15 Interceptions warf der 28-jährige mehr als in 2018 und 2019 zusammen. Dass er 50 Mal gesackt wurde, hat dabei eine weitere Rolle gespielt. Die Offensive Line in Philadelphia hat auch aufgrund vieler Verletzungen nicht funktioniert. Selbes kann auch über das Receiving Corps gesagt werden, bei dem einzig Greg Ward alle Spiele bestreiten konnte. Mit 539 Yards war Travis Fulgham bester Passempfänger, was zeigt, dass die Qualität nicht hoch war.

Auch bei den Colts ist das Receiving Corps nicht das stärkste, indem der 32-jährige TY Hilton weiterhin die Nummer Eins ist. Michael Pittman jr. zeigte in seiner ersten Saison Ansätze und könnte der neue Go-to-Guy werden. Mit Parris Campbell steht ein weiterer ehemaliger Zweitrundenpick im Kader, der war aber in seiner NFL Karriere häufig von Verletzungen geplagt. Auf der Tight End Position, die in Philly mit Zach Ertz und Dallas Goedert sehr gut besetzt war, hat bei Indy mit Jack Doyle und Mo Allie-Cox zwei Spieler, denen das Prädikat ordentlich aber nicht überragend attestiert werden darf. Wentz und die Passing Offense düften nicht zu den Stärken der Mannschaft zählen.

Was dem Signal Caller entgegen kommen düfte, ist, dass er mehr Zeit haben wird. Die Offensive Line wird ihn nicht mehr so hängen lassen wie ihr Pendant in Philadelphia, obwohl auch dort eine Position fraglich ist (dazu weiter unten mehr). Philip Rivers, der 2020 für die Colts spielte, wurde nur 19 Mal gesackt.

Wer spielt LT und RB?

Das überraschende Karrierende von Anthony Costanzo hat auf der Blindside des Quarterbacks eine Vakanz hinterlassen, die es aufzufangen galt. Die Off-Season ist der geeignte Zeitraum und der Draft schien der perfekte Ort zu sein. Nicht minder überraschend war, dass sich General Manager Chris Ballard entschied erst mit dem letzten Pick der Colts einen Tackle zu draften. Stattdessen wurden in der Free Agency drei Spieler unter Vertrag genommen.

Eric Fisher (30): Der First-Overall von 2013 spielte acht Jahre für die Kansas City Chiefs und wurde mit der Franchise 2019 Super Bowl Sieger. 2018 und 2020 wurde Fisher jeweils in den Pro Bowl gewählt. Als die Chiefs sich entschlossen, ihre O-Line neu zu gestalten, wurde der 30-jährige entlassen. Aufgrund eines Achillessehnenrisses, den er sich im Conference Final gegen Bufallo zu zog, ist erst nach Saisonbeginn mit seiner Rückkehr ins Training zu rechen. Inwieweit da optimal sich mit den Kollegen einstudiert werden kann, ist nicht nur fraglich.

Sam Tevi (26): Der Sechtsrundenpick von 2017 kam von den Los Angeles Chargers und war dort seit 2018 Starter. Die O-Line, die eigentlich Rookie Quarterback Justin Herbert schützen sollte, war regelmäßig überfordert. Der Offensive Rookie of the Year stand dauerhaft unter Druck, dem er sehr gut auszuweichen wusste. Tevi bekam von Pro Football Focus eine 52.9 Bewertung. Nun erhält er bei den Colts die Chance zu zeigen, dass das letzte Jahr ein Ausrutscher war. Seine Nebenmänner sind besser als diejenigen, mit denen er 2020 spielte.

Julién Davenport (26): Ebenfalls 2017 wenn auch zwei Runden früher drafteten die Houston Texans einen anderen Tackle. Davenport blieb zwei Jahre in Texas und war dann Teil des Pakets, welches nach Miami geschickt wurde, um Laremy Tunsil zu erhalten. Davenport konnte in beiden Stationen nachweisen, dass er auf beiden Tacklepositionen spielen kann. Diese Flexibilität macht ihn wertvoll, aber da seine Leistungen als Starter überschaubar waren, wird er vermutlich nur der Backup sein. Oder folgt nun der Durchbruch?

Der 18. November 1985, als Washingtons Quarterback Joe Theismans sich so schwer verletzte, darf als der Tag verstanden werden, wo klar gemacht wurde, wie wichtig der Blindside Tackle ist. Ob Fischer, Tevi oder Davenport eine dauerhafte Lösung verspricht keiner der Spieler und ob die O-Line weiterhin so dominant auftreten wird, ist keineswegs gesichert.

Was grundsätzlich auch das Laufspiel der Colts beeinträchtigen kann. Nur wer spielt eigentlich?

Kein Teilbereich der Colts verfügt über eine derartige Tiefe wie die Running Back Position. Der Zweitrundenpick von 2020 Jonathan Taylor zeigte, dass er in der Lage ist, das Laufspiel zu schultern. Seine 1169 Yards Rushing und 5 Yards im Schnitt pro Lauf waren gut genug, um den Running Back in das All-Rookie Team der Saison zu berufen.

Theoretisch sollte die weitere Rollenverteilung im Backfield klar sein, aber die Alternative hat ebenfalls ihr Tauglichkeit in der Liga unter Beweis gestellt. Marlon Mack 2017 in der vierten Runde gedraftet, kratzte 2018 mit 908 Yards noch an der 1000 Yards Marke, die er 2019 mit 1091 überwand. In der vergangenen Saison war bereits im ersten Saisonspiel ein Achillessehnenrisses der Grund für sein vorzeitiges Saisonende, da sein Rookievertrag ausgelaufen, schien ein Wechsel wahrscheinlich. Doch Mack blieb und wird mit Taylor ein starkes Backfield bilden. Die Frage ist, wie die Verteilung sein wird. Beide werden die gegnerischen Defensive Coordinatoren vor Herausforderungen stellen. Wie wird allerdings die Verteilung sein? Ist Mack der zwei Jahre lang die klare Nummer Eins war, zufrieden die zweiten Geige zu spielen? Welche Rolle werden Nyhein Hines und Jordan Wilkins einnehmen? Hines, dessen Rookievertrag nach der Saison ausläuft, hat sich als Komplementär Running Back zu Taylor bewärt. Dabei zeigte der 24-jährige sowohl im Lauf- als auch im Passspiel seine Qualitäten.
Wilkins, der in seiner Karriere einen Schnitt von 4.9 Yards hat, wird ebenfalls seine Momente haben wollen. Auch für ihn geht es darum, wenn sein Rookievertrag nach der Saison auslaufen wird, eine weitere Anstellung finden zu können. Bleibt der 27-jährige aber dauerhaft auf der Bank, wird die Liste der Interessenten überschaubar sein.

Vier Running Backs, wovon zwei bewiesen haben, dass sie Starter sein können, ist eine Luxussituation, die aber Konfliktpotential beinhaltet. Head Coach Frank Reich ist hier gefordert, seine Spieler bei Laune zu halten.

Wie gut ist die Abwehr?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Letztes Jahr waren die Colts die Mannschaft, die am seltensten geblitzt hat. Häufig war es nur die D-Line die Druck ausgeübt hat. Der Vorteil war eine Zonenverteidigung mit sieben Spielern, die es dem Gegner schwer gemacht haben, dauerhaft zu punkten.

In diesen Defensivsystem kommt der D-Line sehr große Bedeutung zu, da ihr "Four-Men-Rush" dominant genug sein muss, um das Laufspiel zu stoppen und das Passspiel zu limitieren. Kommt kein entsprechender Druck durch, wird es für die Verteidiger dahinter schwerer, dauerhaft ihre Zonen sauber zu halten.

Enstsprechend hat das Front Office investiert und holte bereits 2020 DeForest Buckner für einen First-Round Pick von den 49ers und 2021 draftete General Manager Chris Ballard mit Kwity Paye und Dayo Odeyingbo weiteres Personal. Der Fokus lässt den Schluss nahe, dass an der grundsätzlichen Ausrichtung der Abwehr wenig verändert wird.

Das Personal dazu hat sich im Vergleich zur letzten Saison kaum verändert. DE Denico Autry und LB Anthony Walker jr haben sich anderen Vereinen angeschlossen, während DE Justin Houston noch vereinslos ist. Die beiden D-Line Spieler zeigten sich 2020 für 15.5 Sacks verantwortlich und waren damit nach Buckner die besten Pass Rusher ihres Teams. Al-Quadin Muhammed und die beiden Rookies sind gefordert, auf einem ähnlichen Level zu spielen.

Die Secondary wird verstärkt durch DB Marvel Tell, der nach seinem Opt-Out wieder in den Kader zurückkehrt. Gerade die Cornerbacks werden sich über dessen Rückkehr freuen. Xavier Rhodes ist 31 Jahre alt und die klare Nummer Eins weiterhin, Rock Ya-Sin ist weiterhin dabei, sich an die Liga zu gewöhnen. Mit Khari Willis und Julian Blackmon stehen den Colts zwei gute junge Safeties zur Verfügung, die beide ihre Tauglichkeit unter Beweis gestellt haben, dies gilt es zu bestätigen.

So richtig einzuschätzen, ist die Abwehr der Colts noch nicht. LB Darius Leonard ist der Star der Abwehr und einer der besten Cover LB der Liga, aber allein kann er die Abwehr nicht führen. Houston als Leader wird fehlen. Eine Gruppe, die sich über das Schema als Einheit verstanden sieht, kann sich eine Schwäche einer der Teile nicht erlauben, und so bleibt die Frage, ob genug Qualität vorhanden ist, bis zur Saison stehen.

Stefan Demps - 27.07.2021

Carson Wentz

Carson Wentz (© Getty Images)

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