Todd Downing - eine logische und riskante Wahl

Derrick HenryDas Geschäft eines Trainer ist schwierig. Hast du keinen Erfolg, wird ein anderer deinen Job übernehmen. Bist du erfolgreich, werden die Bausteine deines Erfolges, möglicherweise an anderer Stelle weiterbeschäftigt. Das betrifft sowohl Spieler als auch Assistenztrainer. Je länger du bei einem Verein tätig bist, desto höher ist die Fluktuation.

Der derzeit am längsten im Amt befindliche Trainer der National Football League ist Bill Belichick, der seit 2000 bei den New England Patriots tätig ist. In dieser Zeit haben zehn seiner Assistenztrainer das Angebot angenommen und haben ihre eingene Mannschaft übernommen. Die Anzahl der Spieler, die die Franchise verlassen haben, ist um einiges höher. Um dauerhaften Erfolg zu gewährleisten, ist es wichtig, dass der Head Coach in der Lage ist, diese Ausfälle zu kompensieren. Dass Belichick dies erstklassig erledigt hat, ist unbestritten.

Mike Vrabel, seit 2018 Head Coach der Tennessee Titans, war zwar nicht als Assistenztrainer bei den Patriots, blickt aber auf eine sehr erfolgreiche Zeit als Spieler unter Belichick zurück. Dreimal gewann Vrabel den Super Bowl als Spieler und fing in zwei Super Bowls als Linebacker sogar zwei Touchdown Pässe von Tom Brady.

In den drei Jahre seiner Tätigkeit als Head Coach konnten die Titans in jedem Jahr mehr Siege als Niederlagen verbuchen. Dabei erwies sich die Arbeit der Offensive Coordinatoren scheinbar als integraler Bestandteil dieses Erfolges, so dass diese nun selbst Head Coach geworden sind. 2019 verließ Matt LaFleur Tennessee, um mit Aaron Rodgers und den Green Bay Packers, um Titel zu spielen. Als neuen Offensive Coordinator bestimmte Vrabel Arthur Smith, der seit 2011 bei den Titans angestellt war und seit 2015 Tight End Coach gewesen war. Mit Smith als Play-Caller qualifizierte sich die Franchise zweimal in Folge für die Playoffs und konnten einmal die AFC South gewinnen. Das Schema, welches LaFleur eingeführt hatte, wurde unter Smith beibehalten, nur an einigen Stellen an die Spieler angepasst. Die Arbeit des 39-jährigen verhalf Quarterback Ryan Tannehill 2019 Comeback Player of the Year zu werden. Running Back Derrick Henry gewann zwei Jahre in Folge den Titel als bester Läufer und ist seit 2020 Mitglied des "2000 Yards Club". Dass solche Erfolge nicht unbemerkt bleiben, ist selbstverständlich. Nicht überraschend verließ Arthur Smith die Titans und heuerte als neuer Head Coach bei den Atlanta Falcons an.

Als Nachfolger bestimmte Vrabel den bisherigen Tight End Coach Todd Downing. Der 40-jährige folgt Smith damit das zweite Mal nach. Allerdings verfügt Downing dabei über deutlich mehr Erfahrung als sein Vorgänger. Seit 2005 ist der neue Offensive Coordinator in der NFL tätig und war dabei in allen drei Bereichen als Assistent angestellt.

Highlights seiner Tätigkeit waren die Jahre, die er als Quarterback Coach bei verschiedenen Franchises verbracht hat. Von 2010-2013 war er erst als Assistant dann hauptverantwortlich QB Coach bei den Detroit Lions. Abgesehen von der 2010er Saison, in der sich Stafford zweimal an der Schulter verletzte und nur drei Spiele machen konnte, warf der jetzige Signal Caller der Los Angeles Rams immer über 4000 Yards und 2011 sogar über 5000 Yards. Nach dieser Zeit, in der Downing einem jungen Quarterback half, sich in der Liga zurecht zu finden, erhofften sich die Buffalo Bills ähnliches mit EJ Manuel.

Ähnlich wie Stafford war Manuel in seinem zweiten Jahr und hatte Probleme in der Anpassung. Doch es war nicht der 16. Pick des NFL Drafts von 2013, der von der Arbeit des Coaches profitierte, sondern dessen Backup. Kyle Orton war zu jener Zeit bereits seit zehn Jahren in der NFL und die Bills waren sein fünfter Verein. 2010 im Dress der Denver Broncos schaffte er es für mehr als 3000 Yards zu werfen. Zuletzt war er nur als Backup im Kader und machte 13 Spiele in vier Jahren. Auch bei den Bills war er für diese Position eingeplant, aber nachdem Manuel in den ersten vier Spielen keine gute Leistungen gebracht hat, entschied sich Head Coach Doug Marrone für einen Wechsel. Orton führte die Bills noch zu einem 9-7 Record und zur ersten positive Bilanz seit 2004. Am Ende fehlte ein Sieg, um sich für die Playoffs zu qualifizieren. Orton beendete danach seine Karriere und Downing ging zu den Raiders.

In Oakland folgten drei Jahre, die sowohl als erfolgreich aber auch ernüchternd beschrieben werden sollten. Wiederum arbeitete Downing mit einem jungen Quarterback zusammen, der in seine zweite Saison ging. Nach Matthew Stafford und EJ Manuel war es 2015 Derek Carr, den er als QB Coach trainieren sollte. Der junge Signal Caller wurde am Ende jener Saison als Ersatz für Aaron Rodgers in den Pro Bowl berufen und Downing von Pro Football Focus zum "QB Coach of the Year" ernannt. Ein Jahr später konnte sich Carr erneut steigern und führte die Raiders in die Playoffs, die er allerdings aufgrund einer Verletzung verpasste. In das von Spielern gewählte Ranking "NFL Top Players of the Year" stieg er von Platz 100 (2015) auf 11.

Nach diesen zwei sehr erfolgreichen Jahren sowohl für den QB als auch dessen Positionscoach, wurde Todd Downing neuer Offensive Coordinator der Raiders. Ein zu diesem Zeitpunkt logischer Schritt, nachdem der bisherige Offensive Coordinator Bill Musgrave keinen neuen Vertrag erhalten hatte. Mit Downing als Play Caller konnte der Erfolg der Vorsaison nicht wiederholt werden und der komplette Trainerstab wurde am Ende der Saison entlassen. War im Jahr zuvor die Offensive noch auf Platz sechs, fiel diese unter dem neuen Offensive Coordinator auf Platz 18 ab. Downing trägt die Verantwortung dafür, dass die von ihm designte und gecallte Offensive nicht annähernd das gleiche Niveau hatte wie bei seinem Vorgänger. Waren seine ersten beiden Jahre als Positionscoach sehr erfolgreich und erhöhten seine Renommee, stellte sein drittes Jahr den ersten Dämpfer seiner Karriere dar.

Dennoch wurde Downing keine zwei Monate nach seinem Ende bei den Raiders von den Minnesota Vikings unter Vertrag genommen. Doch nicht als Offensive Coordinator oder QB Coach, sondern als Senior Offensive Assistant. Nachdem der Offensive Line Coach Tony Sparano unerwartet verstorben war, gab es einige Veränderungen in der Zusammensetzung der Positionscoaches an deren Ende Downing die Tight Ends um Kyle Rudolph coachen sollte. Die Saison 2018 beendete Rudolph mit 64 Receptions und 634 Yards, welches bis heute die jeweils zweihöchsten Werte seiner Karriere sind.

Nach der Saison wurde Downing von den Tennessee Titans unter Vertrag genommen und folgte auf Arthur Smith, der Offensive Coordinator geworden war. Eine Situation, die sich nun wiederholt. Diese Ernennung ist nach den vorherigem Verlauf (erneut) die logische Wahl. Die Argumente für Downing sind erneut ähnlich: er kennt den Kader und das System, welches vermutlich wenige Änderungen haben wird. Die Schlüsselspieler um QB Ryan Tannehill, RB Derrick Henry und Wide Receiver AJ Brown sind weiterhin Teil der Mannschaft. Reicht das aus, um erneut die AFC South zu gewinnen und in die Playoffs einzuziehen?

Mit TE Jonnu Smith und WR Corey Davis haben zwei wichtige Bausteine die Titans verlassen. Durch diese Abgänge verliert die Franchise zwei Spieler, die zusammen 106 Pässe für 1432 Yards gefangen haben. Hier könnte eine mögliche Verpflichtung von Julio Jones natürlich sehr helfen. Ob am Ende mit oder ohne Jones gewisse Fragen bleiben mit der Beförderung, die nur teilweise vor Beginn der Saison beantwortet werden können.

Gab es andere Kandidaten?

Nach jeder Saison sind aus verschiedenen Gründen Trainerposten frei, und im Zuge der Neubesetzung werden oft die gleichen Namen an verschiedenen Stellen genannt. Im Zeitraum zwischen Dezember und Februar waren sehr oft der QB Coach der LA Chargers Alfonza "Pep" Hamilton als neuer Mann zu lesen. So auch in Tennessee. Inwieweit diese Berichte zutrafen, ist am Ende schwer nachvollziehbar. Ebenfalls genannt wurde der Name Tim Kelly, der Offensive Coordinator der Houston Texans. Ihm und Mike Vrabel wird eine sehr enge Bindung nachgesagt, die aus der gemeinsamen Zeit in Texas resultierte. Hamilton war ein sehr häufig genannter Name bei einigen Klubs als neuer Offensive Coordinator oder QB Coach, aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit mit den Offensive Rookie of the Year Justin Herbert. Die Gerüchte waren schnell verstummt, nachdem 14 Tage nachdem Arthur Smith zum Head Coach der Falcons ernannt wurde, Downing in seine neue Tätigkeit befördert wurde. Kelly wurde im März in seiner Postion bestätigt, Hamilton wechselte als QB Coach und Passing Game Coordinator nach Houston.
Warum wurde Downing befördert?

Die Gründe, warum ein Trainer auf eine andere Position gesetzt wird, obliegen der Entscheidung des Head Coaches. Downing zu befördern, hatte verschiedene Gründe. Die anderen internen Optionen im Trainerstab wären Pat O'Hara (QB), Tony Dews (RB), Rob Moore (WR) und Keith Carter (OL). Alle vier Positionscoaches sind seit 2018 bei den Titans. Dews kann sogar auf eine längere Zeit als Trainer zurückblicken, allerdings waren diese Engagements bis 2018 an verschiedenen Colleges. Das bedeutet, dass Downing auf NFL-Niveau die meiste Erfahrung sammeln konnte. Seine Zeit als Offensive Coordinator der Raiders, die er mit überschaubarem Erfolg absolvierte, ist ein zusätzliches Plus, da er die Drucksituation bereits kennt. Vrabel beweist mit der Entscheidung pro Downing Kontinuität, was im Sinne der Spieler sein dürfte. Nicht die Sehnsucht nach dem ultimativen Offensiv-Guru bestimmt das Handeln, sondern der Wunsch die Dinge nicht unnötig zu verkomplizieren. Mit dem System, dass Matt LaFleur eingeführt und Arthur Smith weiterentwickelt hat, verfügt Tennessee bereits über ein modernes Offensivschema.


Wer profitiert von Downings Beförderung?

Ein Trainer, der seit 1999 auf verschiedenen Funktionen eingesetzt war, verfügt über einiges an Erfahrung. Ihm dürfte in dieser Zeit schon diverse knifflige Situation untergekommen sein. Dementsprechend ist es fast selbstverständlich zu sagen, dass alle Spieler von dieser Erfahrung profitieren können. Seine Zeit als QB Coach, in der er Stafford und Carr geholfen hat, Fuss zu fassen, dürfte Ryan Tannehill zu Gute kommen. Statt ein neues Schema lernen zu müssen, dürfte Downing Nuancen anpassen, was dem Signal Caller in noch bessere Umstände packen könnte. Dies betrifft auch alle anderen Offensivspieler im Kader, die ein System vorfinden sollte, das sich kaum was letztjährigen unterscheidet.

Als TE Coach kennt er im Kader stehende Spieler dieser Position und wird wissen, was diese zu leisten im Stande sind. Anthony Firkser, Jared Pinkney und Geoffrey Swain haben die schwere Aufgabe den Abgang von Jonnu Smith aufzufangen.

Wäre eine externe Lösung die bessere Wahl gewesen?

Diese Frage vor dem ersten Pass zu beantworten, ist nicht möglich. Je nachdem, wie sich die Saison entwickelt, wird das Pro und/oder Contra erörtert werden können. In der Tat ist die Entscheidung Vrabels nicht ohne Risiko, aber welche Auswahl ist das nicht. Bestätigt die Offensive von Downing die letztjährige Leistung, darf die Beförderung gelobt werden. Scheitert Downing erneut an seiner Aufgabe, dürfte mit Kritik nicht gespart werden. Meistens kommt dann die Forderung nach dem frischen Wind. An diesem Punkt sei kurz daran erinnert, dass in den USA die Devise "If it ain't broke, don't fix it." Grundlage vielen Handelns ist. Tennesse verfügt über ein System, dass funktioniert, deren handelnde Personen weiterhin unter Vertrag stehen und die gezeigt haben, dass sie in diesem Schema erfolgreich agieren können. Diese erfolgreiche Verbindung aufs Spiel zu setzen, macht keinen Sinn. Dennoch werden sich am Ende der Saison sowohl Vrabel als auch Downing am Erfolg messen lassen.

Der Analyst von NFL Network Gil Brandt, der fast 30 Jahre für die Dallas Cowboys tätig war, schätzte die Titans auf Platz drei der "most vulnerable defending division champs" ein. Vor der Franchise rangieren die New Orleans Saints und die Pittsburgh Steelers. Brandt schreibt als Begründung, dass der Verlust von Jonnu Smith und Corey Davis nicht adäquat aufgefangen wurde. Dass Arthur Smith nach Atlanta gegangen ist, erschwert seines Erachten die Situation zusätzlich. Als Hauptgrund sieht der Experte die positive Entwicklung der Indianapolis Colts an, welche in den vergangenen Jahre einen schlagkräftigen Kader zusammengestellt haben. Dennoch glaubt Brandt an ein Kopf-an-Kopf Rennen um den Titel zwischen den Colts und Titans, da Houston und Jacksonville noch nicht stark genug sind.

Einen Erfolg zu bestätigen, ist eine der schwersten Aufgabe im Sport. Und bevor der erste Pass nicht geworfen worden ist, kann das Ende noch niemand absehen. Downing wird sich der eigenen Situation bewusst sein. Ein Scheitern könnte das Ende seiner Ambitionen im Trainergeschäft sein, ein Erfolg könnte ihn auf ähnliche Wege wie LaFleur und Smith führen. Neuer Tight End Coach und damit Nachfolger von Downing ist Luke Steckel. Dies sei nur erwähnt für den Fall, dass der neue Offensive Coordinator Erfolg haben wird.

Stefan Demps - 01.06.2021

Derrick Henry

Derrick Henry (© Getty Images)

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