Rückblick auf die erste Runde der Broncos

Vic FangioDer Draft 2021 ist Geschichte, aber seine Auswirkungen werden uns noch eine Weile beschäftigen. In diesen Tagen müssen sich die Franchises entscheiden, ob sie die Fith-Year Option für die First-Round Picks 2018 ziehen oder nicht. Heute ist noch nicht abzusehen, welcher der 32 Spieler, denen am Donnerstag die große Bühne gewährt wurde, sein fünftes Jahr an dem Ort verbringen darf, wo er inzwischen angekommen ist.

Die Bewertung der Draft kurz nach seiner Beendigung ein schwieriges Unterfangen, denn wir kennen nicht die Gründe für die Auswahl eines spezifischen Spielers. Das beliebte Spiel in der Argumentation nach Need auszuwählen, funktionert nicht immer. Zumal wir nur bedingt bis gar nicht in den Evaluierungsprozess involviert sind. Uns sind die Werte der Scouting Combine bekannt, aber die Grundlage für das Auswählen oder Wegstreichen verschiedener Spieler bleiben uns verborgen.
Der zweite Aspekt, den wir nicht kennen, ist die Einschätzung des Kaders und die teaminterne Einschätzung der weiteren Entwicklung der unter Vertrag stehenden Spieler. Natürlich spielt es auch eine Rolle, welche jeweilige Draftstrategie die Franchise gewählt hat.

Ein wichtiger Part, auf den die Vereine achten, ist die jeweilige Vergangenheit eines Spielers. Die NFL Franchises wissen genau, welche Art Verfehlungen ein Spieler gemacht hat und wenige bekommen die Chance zur Wiedergutmachung. JaMarcus Russel ist ein sehr gutes Beispiel dafür und die Wahrscheinlichkeit, dass er jemals wieder in der NFL spielen wird, ist gleich null. Hat ein Spieler seinen Ruf ruiniert, ist eine Rehabilitation beziehungsweise Fortsetzung der Karriere nicht wahrscheinlich.
Auch Colleges haben derartige "Red Flags". Ohio State Quarterbacks zum Beispiel haben in der NFL nicht unbedingt funktioniert. Nicht jeder war ein Bust wie Art Schlichter, aber wirklichen Erfolg als Starter sucht man in der NFL Geschichte vergebens.
Mike Tomczak gewann als Backup Super Bowl XX. Tom Tupa kann auf eine sehr lange Karriere in der NFL zurückblicken, allerdings schulte er auf Punter um. Dwayne Haskins hat nicht mal seinen Rookie Vertrag bei Washington erfüllen können und steht nun als dritter Quarterback in Pittsburgh unter Vertrag.
Nichts davon sagt etwas über die Fähigkeiten eines Justin Fields aus und sollte auch nicht in seine Bewertung einfließen, aber das Vertrauen in ein College, welches noch keinen guten NFL Quarterback ausbildete, ist nicht sonderlich groß.

Springen wir in den NFL Draft 2021 und der neunte Pick ist der nächste in der Reihenfolge. Die Denver Broncos waren in der Off Season aktiv und verbesserten sich sehr intensiv auf der Cornerback Position. Kyle Fuller und Ronald Darby wurde in eine Secondary eingefügt, die bereits Bryce Callahan und Justin Simmons unter Vertrag hatte. Die größte Baustelle war laut Meinung vieler Experten die Quarterback Position, da Drew Lock nicht nachgewiesen hat, dass er Starter Potenzial hat. In den vorangegangenen acht Picks wurden sieben Mal ein Spieler für die Offensive gewählt, davon immerhin drei Quarterbacks. Mit Justin Fields und Mac Jones waren noch zwei Spielmacher, die noch in der ersten Runde hätten ausgewählt werden können, verfügbar.
Einen Pick vor Denver hatte Carolina den ersten Abwehrspieler – CB Jaycee Horn – ausgewählt. Der General Manager der Broncos George Paton wird später sagen, dass sie Justin Fields mochten, aber Partick Surtain mochten sie etwas mehr. Das Denver keinen Quarterback und auch keinen Linebacker pickte, stattdessen lieber einen Cornerback auswählte, war die Überraschung des Abends. Warum wählte Denver diesen Spieler aus?
Auch ich habe nicht nur ein paar Minuten, sondern einige Tage gebraucht, um eine entsprechende Erklärung zu finden.
Die einfachste Antwort ist, dass Denver sich mit dem Pick von Patrick Surtain wohl gefühlt hat. Nach einem genauen Blick auf den Kader erschien es den Verantwortlichen vermutlich als die beste Wahl und der Spieler selbst hatte eine sehr gute Zeit am College. Sein Vater war ebenfalls CB in der NFL und spielte elf Jahre für die Miami Dolphins und Kansas City Chiefs. Patrick Surtain II zu picken, kann also kein offensichtlicher Fehler sein. Fuller, Darby und Callahan sind für sich starke Cornerbacks, eine zusätzliche Option zu haben, falls einer von Ihnen ausfällt, ist Luxus. Darby hat in seiner Karriere nur eine und Callahan noch keine Saison ohne Verletzung absolviert.
Gerade die Position des Cornerbacks ist nicht nur sehr schwer zu spielen, sie ist auch mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. Glaubt das Front Office und der Trainerstab, dass Darby und Callahan fit bleiben? Zumindest fühlen sie sich besser mit einem weiteren Cornerback.

Viel mehr erscheint es, dass die Postion, die Denver nicht verbesserte, die grundsätzliche Problematik ist. Eine mögliche Option wäre es gewesen, einen Inside Linebacker wie Micah Parsons von Penn State auszuwählen. Dieses College bringt seit Jahren immer wieder erstklassige Linebacker hervor. In diesem Fall hat aber seine Nichtberücksichtigung, eher etwas mit disziplinaren Problemen abseits des Platzes oder der mangelnden Erfahrung als ILB zu tun. Dies hat die Dallas Cowboys nicht davon abgehalten, Parsons an Position 12 zu picken. Sie ersetzen den ehemaligen Penn State Linebacker Sean Lee durch einen anderen.

Die offensichtliche Wahl wäre ein Quarterback gewesen und wie erwähnt, waren zwei Optionen da. Die Frage warum nicht Fields oder Jones genommen wurde, dürfte wohl unbeantwortet bleiben. Vielleicht wird irgendwann diese Frage zum Bumerang, denn wenn es die Möglichkeit gibt, einen Franchise Quarterback zu picken, dann muss sie genutzt werden. Es sei denn, du bist davon nicht überzeugt. Jones, so die Meinung einiger Experten (u.a. Bucky Brooks), ist noch nicht fertiger Spieler und benötigt noch etwas Zeit. Justin Fields wiederum ist wesentlich weiter in seiner Entwicklung und führte Ohio State in der letzten Saison bis in das Endspiel um die nationale Meisterschaft, was gegen Alabama angeführt von Mac Jones verloren ging.
Denver entschied sich gegen die beiden Spieler und vertraut dem eigenen Personal, was wir nicht akzeptieren müssen. Wir sollten bedenken, dass Experten und Fans lediglich die 60 Minuten am Spieltag erleben, die Trainer sehen die Spieler fast täglich. Bedeutet, dass Head Coach Vic Fangio und Offensive Coordinator Pat Shurmur, die zusammen auf 75 Jahre Trainererfahrung zurückblicken können, durchaus Potenzial in Drew Lock sehen, welches noch nicht zum Vorschein gekommen ist.
Es gibt wohl keine Position im American Football, die derart komplex ist und von den Protagonisten soviel erwartet wird, wie von einem NFL Quarterback. Einige können sehr sich recht schnell anpassen, manche benötigen etwas mehr Zeit und diverse Spieler schaffen es gar nicht. Drew Lock hat bislang 18 Spiele in zwei Jahren bestritten und dürfte bestenfalls in die zweite Kategorie gezählt werden. Ein Abrutschen in die dritte ist möglich, genau wie ein Aufsteigen in die erste. Allerdings ist dies, noch nicht abzusehen.

Denver vertraut den Spielern, die sie kennen, weil sie daran glauben, dass sie sich noch entwickeln oder weil sie davon überzeugt sind, dass weder Fields noch Jones ihren Kader verbessern werden. Diese Überzeugung hatte sie von Patrick Surtain II. Die Strategie des "Best-Players Avaible" ist ähnlich akzeptiert, wie die nach Needs zu draften. Ob es richtig oder falsch war, entscheidet sich nicht im Mai, sondern erst viel später.

Stefan Demps - 07.05.2021

Vic Fangio

Vic Fangio (© Getty Images)

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