Chargers halten Chiefs-Reserve in Schach

Es ist eine "Gretchenfrage" für viele Fans: Wenn es für ein Team um nichts mehr geht am letzten Spieltag vor den Playoffs, soll man Leistungsträger schonen oder durchspielen lassen, um ihren Rhythmus nicht zu unterbrechen? Erfolgstrainer haben dazu offensichtlich eine klare Meinung - so wie Jürgen Klopp beim FC Liverpool schon mal in einem der vielen Nebenpokalwettbewerbe zur englischen Premier League das B-Team losschickte hat auch Andy Reid vom amtierenden Super-Bowl-Champion Kansas City Chiefs gegen die Los Angeles Chargers am 17. Spieltag die Reserve aufs Feld gelassen.

Die Chiefs hätten noch ihren Clubrekord von 14 Saisonsiegen steigern können, Travis Kelce hätte noch Top-Receiver nach Yards werden können, als erster Tight End in der NFL-Geschichte überhaupt. Das was für manchen das Salz in der Suppe ist, die Rekorde von Mannschaften oder einzelnen Spielern - es interessiert keinen der Beteiligten so wirklich. Alles was zählt, ist der Blick auf den möglichen Erfolg im Ganzen am Ende - und nachdem die Chiefs uneinholbar als Top-Team der AFC feststanden, war ihnen der Besuch der Chargers kurz nach Neujahr sowas von egal.

Justin Herbert nutzte die Gelegenheit, um noch einmal zu demonstrieren, dass er unter den Rookie-Quarterbacks - eben allerdings auch nur nach solchen individuellen Statistiken - die Nummer eins der Saison war. Los Angeles gewann 38:21, Herbert warf bei 31 Passversuchen 22 vollständige Pässe (71,0 Prozent) für 302 Yards und drei Touchdowns ohne Fehlpass - was ein Passer Rating von 134,1 ergab. Für Herbert war es das siebte Spiel mit einem Rating oberhalb der 100, für die Chargers allerdings auch nur der siebte Saisonsieg (und er war halt mehr oder weniger geschenkt).

Mal abgesehen davon, dass Tua Tagovailoa mit den Dolphins im letzten Saisonspiel ziemlich eindeutig demontiert wurde: Die Dolphins kamen mit ihrem Rookie dann doch weiter (aber auch nicht in die erhofften Playoffs) als die Chargers. Die Hoffnung bei den Chargers ist aber, dass sich in der kommenden Saison Herbert als der gefestigtere Zweitjahr-Quarterback entpuppen könnte und man dann zumindest Las Vegas im Kampf um Rang zwei in der AFC West auch in ernsthaften Vergleichen herausfordern kann, zumal man ja auch dieses Jahr schon in der Glücksspielmetropole den Sieg entführen konnte.

416 Yards Gesamtangriffsleistung markierten die Chargers nun gegen die Chiefs. Die Entscheidung fiel schon im dritten Viertel, als die Chargers mit dem Touchdown-Pass von Justin Herbert auf Mike Williams 31:14 in Führung gingen. Auf dem Weg zum Touchdown-Pass überbrückte Los Angeles 70 Yards mit sechs Spielzügen in etwa drei Minuten. In der ersten Hälfte hatten die Chiefs-Backups die Partie lange offen gehalten und zweimal auch mit Touchdowns die Führung erobert. Chad Henne als Quarterback sowie Running Back Darwin Thompson (mit sieben Fängen und mit 45 Yards aus Läufen sowohl Top-Receiver als auch Top-Rusher der Chiefs und in beiden Metiers auch je einmal mit Touchdowns erfolgreich) empfahlen sich zumindest dafür - sollte es zu einer erneuten Vergabe von Super-Bowl-Ringen an das Team kommen - sich nicht ganz hinten anstellen zu müssen und das Juwel als reines Geschenk ansehen zu müssen. Henne warf bei 32 Passversuchen 23 gültige Pässe (71,9 Prozent) für 218 Yards und zwei Touchdowns ohne Interception.

Den Schlussstrich unter das muntere Shootout der ersten eineinhalb Viertel setzte von Seiten der Verteidiger Isaac Rochell für die Chargers. Kurz zuvor hatte Herbert bei einem vierten Versuch die Goal Line nach Begutachtung per Video Review nicht überquert - die Chiefs-Reservisten hatten stattdessen die heikle Aufgabe, von der eigenen 1-Yard-Linie wegzukommen. Das mündete beim zweiten Anlauf in den Quarterback Sack von Rochell an Henne, und anschließend nutzten die Chargers den resultierenden abermaligen Ballbesitz für eine 59-Yard-Serie, die schließlich doch mit einem Herbert-Lauf in die Endzone beschlossen wurde.

So ging es mit 24:14 in die Kabinen, und obwohl dort Coaches und Stammspieler der Chiefs-Reserve sicherlich Mut zugesprochen haben, dass nicht aller Tage Abend wäre, hielten die guten Vorsätze nur während der ersten beiden Angriffsserien. Die der Chargers stoppte man durch zwei Quarterback Sacks in Folge, die eigene brachte man bis an die 30-Yard-Linie von Los Angeles. Dort aber scheiterte Thompson im vierten Versuch am fehlenden Yard zum First Down - und im Gegenzug marschierten die Chargers zum 31:14. Mit je einem Lauf-Touchdown auf beiden Seiten stellte man anschließend das Endergebnis her.

Auerbach - 04.01.2021

Justin Herbert spielte eine vielversprechende Rookie-Saison (© Getty Images)