Das Ende naht

Der Assistant Director des Michigan Athletic Departments, Chad Shepard hat schon viele Höhen und Tiefen erlebt, doch so tief, wie das Footballteam der Wolverines in den letzten Wochen gefallen ist, ist sicherlich nicht der Michigan See tief. Natürlich kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand erwarten, dass Shepard der Erste sein wird, der den Abgang von Head Coach Jim Harbaugh verkünden wird, das wäre vor allem die Sache des Athletic Directors und seines Chefs Wade Manuel. Der AD hüllt sich natürlich zunächst in Schweigen, doch in den Gängen der Schembechler Hall in Ann Arbor hat sich nach der Niederlage gegen Wisconsin eine Art von tiefer Depression verbreitet, die für einen baldigen Rauswurf des glücklosen, aber stets kreativen Head Coaches spricht. Seit 1967 ist Michigan nicht mehr so schlecht in eine Saison gestartet und der 0:28 Pausen-Rückstand gegen Wisconsin war der höchste Rückstand aller Zeiten im Michigan Stadion, dass mittlerweile 93 Jahre alt ist.

Gegen Harbaugh spricht auch, dass er in seinen sechs Jahren noch nie einen Top 50 Quarterback rekrutiert hat und dass seine Spieler offen aussprechen, was sie über die aktuelle Situation denken: "Wir sind einfach tief unten, ganz tief unten", so Cornerback Gemon Green. Jim Harbaugh selbst sagte am Montag während der Pressekonferenz, dass sich das Team nicht selbst bedauert, sondern nicht anhält und auch nicht den Glauben an sich selbst verloren hat. So etwas klingt nicht wie eine Strategie, da andere Teams sich in gleicher Zeit nach einer Krise viel schneller erholt haben. So ist Ohio State sportlich so weit von Michigan entfernt, wie noch nie zuvor. Harbaugh und Michigan haben zusammen gegen die beiden größten Rivalen (Micgigan State und Ohio State) in den letzten sieben Matches nur einmal gegen die Spartans gewonnen und eine solche desaströse Bilanz wiegt in den Augen vieler Fans schwerer, als die verlorenen Spiele gegen Notre Dame.

Was nun Harbaugh noch retten könnte, weiß Chad Shepard andererseits aber auch nicht. Der Vertrag läuft sowieso im Januar 2022 aus, nach einer Verlängerung sieht es momentan wirklich nicht aus und die Causa Harbaugh ist sowieso grundsätzlich kompliziert. Dreimal konnte er am Ende der Saison jeweils zehn Siege nachweisen. Harbaugh war schon einmal Super Bowl Teilnehmer und vor der Saison 2020 galt er mit seiner Win-Rate (0.723) als ein recht solider FBS College Coach. In diesem Jahr bewegt sich das Trend-Barometer allerdings in eine ganz andere Richtung, Die bisherigen Niederlagen weisen darauf hin, dass es die schlechteste Saison innerhalb seiner 13 jährigen Trainerlaufbahn werden könnte und sein Team von echten Selbstzweifeln betroffen ist. Kompliziert ist aber auch die Seele der Michigan Fans. Sie würden gerne ihr Team als ein Spitzenteam betrachten, diese hat allerdings zuletzt 1905 12 Saisonsiege eingefahren! Ohio State hat 12 Saisonsiege seit 2012 gerechnet, insgesamt sieben Mal errungen! Oder anders ausgedrückt: Die Buckeyes haben in den letzten drei Jahren so viele Spiele verloren, wie Michigan in den letzten drei Wochen.

Immerhin galt Harbaugh lange als der Messias und Michigan Absolvent, der die Wolverines, der in die Stadt geritten kam, die größte Universität der USA zu neuen Ufern führen sollte und jedem versprach, dass alles besser werden wird. Und so schnell werden die Michigan Supporters auch nicht untreu, doch dieser Plan ist auf jeden Fall kolossal gescheitert und am Ende wird er nur einen Bowlgewinn und einen Besuch beim Papst in Rom auf der Habenseite verbuchen können, selbst wenn der nächste Gegner (Rutgers) tatsächlich geschlagen werden sollte. Selbst für die härtesten Fan ist das eine mehr als magere Bilanz für ein Jahresgehalt von über 7 Millionen US-Dollar.

Schlüter - 18.11.2020

Wie lange kann sich Jim Harbaugh noch halten? (© Getty Images)