Ein überraschender Star mehr

Die Dallas Cowboys haben mit einer späten Neuverpflichtung für Aufsehen gesorgt: Free Agent Defensive End Everson Griffen, bisher ausschließlich bei den Minnesota Vikings unter Vertrag, unterschrieb für ein Jahr.

Der mittlerweile 32jährige wurde nach seiner Zeit am College bei USC (unter dem damaligen Head Coach Pete Carroll, der seit Jahren bei den Seahawks erfolgreich tätig ist), wo er in drei Jahren auf 18 Sacks kam, von den Minnesota Vikings in der vierten Runde mit Pick 100 gedraftet. Ein Grund für diese vergleichsweise späte Ziehung dürften auch die Probleme abseits des Spielfelds gewesen sein, die Griffen in unschöner Regelmäßigkeit hatte (wo er aber bei den Cowboys alles andere als eine Ausnahme darstellt).

Auf dem Platz gab es jedoch selten etwas zu beanstanden: Nach einem eher langsamen Karrierestart mit elf Spielen ging es stetig bergauf: In den Spielzeiten 2011 bis 2017 verpasste er nur zwei Hauptrundenstarts und holte sich beeindruckende 61 Sacks. Er durfte insgesamt viermal zum ProBowl (2015-2017 und dann noch einmal 2019) und wurde 2017 ins Second All-Pro Team gewählt. Viel wichtiger für ihn: Nach seinem mit 2,33 Millionen übersichtlich dotierten Rookievertrag wurde er mit einem neuen Fünf-Jahres-Vertrag über 42,5 Millionen Dollar belohnt und drei Jahre später mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung um vier Jahre und 58 Millionen. Im Februar 2020 zog er aber seine Option auf eine vorzeitige Kündigung des Kontrakts und wurde so zum Free Agent.

Rein finanziell eine Wahl, die sich jetzt nicht wirklich ausgezahlt hat: Bei den Cowboys wird er für die kommende Spielzeit mit sechs Millionen Dollar entlohnt, die Hälfte davon garantiert. Lange Zeit hatten die Seahawks und Vikings mit dem Agent von Griffen verhandelt, bevor die Cowboys still und heimlich eingestiegen waren und den Pass Rusher überraschend geholt hatten. Die drei verbliebenen Jahre in Minnesota hätten ihm offiziell noch 43 Millionen gebracht.

Rein statistisch gibt es seit 2014 nur einen erfolgreicheren D-Liner in der Liga – Aaron Donald von den Rams (55+ Sacks, 135+ Quarterback Hits und mindestens vier Pro Bowl Nominierungen).

Zusammen mit Demarcus Lawrence, Tyrone Crawford, Randy Gregory (falls seine unbeschränkte Suspendierung aufgehoben wird) sowie den neu verpflichteten Gerald McCoy, Dontari Poe und Aldon Smith haben die Cowboys jetzt eine furchteinflößende Line. Im Vorjahr hatten die zurückkehrenden Defensive Linemen zusammen gerade einmal acht Sacks (Lawrence hatte fünf, Dorance Armstrong zwei und Tyrone Crawford einen) – Griffen schaffte genau diese acht alleine bei den Vikings. Hier können die Cowboys jetzt eine unglaubliche Menge Erfahrung (und auf der negativen Seite ein hohes Alter) aufbieten: Everson Griffen und Gerald McCoy sind bereits 32 Jahre alt, Aldon Smith ist 30 und Dontari Poe bekommt nächste Woche ebenso die 30 auf die Lebensuhr.

Es bleibt zu hoffen, dass Everson Griffen jetzt auch seine psychischen Probleme im Griff hat: 2018 rief seine Ehefrau die Polizei, da er sich in einem Ausnahmezustand befand. Er wurde in eine Klinik eingeliefert und unterzog sich schließlich einer Therapie. Dazu erklärte er im vergangenen April NFL Networks Tom Pelissero, dass er damals für drei Monate – während der Spielzeit 2018 - in einer Entziehungsanstalt gewohnt hätte, was jedoch kaum jemand gewusst hatte.

Probleme, die man bei den Cowboys in ähnlicher Art und Weise von anderen Spielern kennt; Neuzugang Aldon Smith kommt z.B. ebenfalls mit einem Rucksack voller Ballast, aber es gibt zum Glück auch erfolgreiche Beispiele von Spielern in Dallas, die trotz "Vorgeschichte" schließlich erfolgreich auf und neben dem Platz waren.






Carsten Keller - 13.08.2020

Everson Griffen jubelte bislang nur bei den Vikings (© Getty Images)