Die Los Angeles Rams haben im abgelaufenen Draft insgesamt neun Spieler gepickt. Doch statt für Antworten zu sorgen, gibt es nun noch mehr Fragezeichen, welchen Plan das Front Office um General Manager Les Snead verfolgt.
Die Rams gingen wie in den Jahren zuvor ohne First Round Pick in den diesjährigen Draft und pickten so erst am zweiten Tag. Die Entscheidung der Verantwortlichen fiel dabei auf Running Back Cam Ackers von Florida State. Ackers wird wohl früh Snaps gehen, denn mit seinen Yards after Contact und seinem Laufstil passt er perfekt in das System von Head Coach Sean McVay. Er könnte dabei durchaus die Rolle von Gurley einnehmen, auch wenn er um einiges kleiner als sein Vorgänger ist.
Während das Value also definitiv vorhanden ist, sorgt die Position von Ackers für Diskussionen. Running Backs werden in der heutigen NFL immer weniger wertgeschätzt, weswegen viele Analysten und Experten hohen Picks für diese Position sehr kritisch gegenüberstehen. Zudem waren an Nummer 52 mit Linebacker Josh Uche (ging an 60 zu den New England Patriots) und O-Liner Josh Jones (ging an 82 zu den Arizona Cardinals) noch bessere Talente da waren, die bei den Rams wichtige Needs abgedeckt hätten.
Die nächste Überraschung folgte fünf Picks später, als sich die Rams für Wide Receiver Von Jefferson gezogen haben. Nachdem Trade von Brandin Cooks zu den Houston Texans, haben die Rams durchaus einen Need für einen Receiver. Daher ist es auf den ersten Blick auch nicht verwunderlich, dass die Rams sich früh einen Receiver geholt haben. Doch viele Experten sehen in Jefferson sehr viele Ähnlichkeiten zu Cooper Kupp. Beide sind gute Route-Runner und machen viele Dinge sehr gut. Daher befürchten die Rams-Fans bereits, dass Jefferson der Nachfolger ist, denn Kupps Vertrag läuft 2021 aus und es ist noch unklar, ob er verlängert wird.
Außerdem nannte McVay den Trade von Cooks "einen Vertrauensbeweis" für Josh Reynolds, der mehr Snaps bekommen sollte. Dies darf nun angezweifelt werden, denn ein Spieler, der so hoch gepickt wurde, wird mit Sicherheit seine Snaps sehen. Außerdem haben die Rams in der letzten Saison vermehrt ihre Tight Ends Tyler Highbee und Gerald Everett eingesetzt und so weniger mit drei Receiver-Sets gespielt als noch in der Saison zuvor. Deswegen könnte möglicherweise auch Reynolds auf dem Sprung sein, denn sein Vertrag läuft auch im kommenden Jahr aus.
Tight End ist ein gutes Stichwort, denn die Rams haben in der vierten Runde mit Brycen Hopkins einen neuen Mann für die Position geholt. Hopkins ist ein interessanter Mann, der für Pro Football Focus in dieser Draftklasse der Tight End ist, den man gerne zugeguckt hat. Er verfügt über Explosivität und zeigte einige tolle Catches. Doch sein großes Problem sind Drops, denn 22 Drops bei 152 fangbaren Bällen sind einfach zu viel. Des Weiteren verfügen die Rams bereits über zwei gute Tight Ends, weswegen er wohl nicht viel Spielzeit in diesem Jahr sehen wird.
Das könnte sich 2021 oder vielleicht auch schon vorher ändern, denn der Vertrag von Everett läuft im kommenden Jahr aus und eine Verlängerung scheint nun zunehmend unwahrscheinlich. Dieser Pick zeigt zwar Weitsicht, dennoch wäre an Nummer 126, den man an die Texans abgaben (dafür erhielten sie die Picks Nummer 136, 248 und 250), bessere Spieler wie Linebacker Troy Dye (ging an 132 zu den Minnesota Vikings) verfügbar gewesen, die Needs sofort adressiert hätten.
Drei Spieler für eine Position haben sie nun auch auf der Position des Kickers. Bereits vor dem Draft verpflichteten die Rams Austin MacGinnis und Lirim Harjalluh zwei Kicker und entschieden sich dann dazu, an Nummer 248 Sam Sloman zu picken. Der Kicker von Miami (Ohio) verwandelte im letzten Jahr 86,7 Prozent seiner Field Goals und verpasste am College nur drei von 115 Extrapoints. Damit läuft nun alles auf einen harten Wettkampf der drei hinaus, an dessen Ende sich die Fans einen verlässlichen Nachfolger von Greg Zuerlein erhoffen. Da er nur sieben Spots vor dem Ende des Drafts gepickt wurde, hätten die Rams aber durchaus auch einen anderen Spieler, beispielweise dringend benötigte Hilfe für die O-Line, holen können.
Den ersten und einzigen Pick für die O-Line gab es dann an Nummer 250, wo sie Guard Tremayne Anchrum holten. Er startete 30 Spiele am College und wird ein Backup-Rolle einnehmen werden. Warum es aber nicht vorher schon Hilfe für die O-Line, die gerade in der Mitte letztes Jahr Probleme hatte, nicht gegeben hat, erklärte Snead wie folgt: "Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren junge Spieler gedraftet. Ich habe bereits mehrfach gesagt: Viele der Spieler wie David Edwards und Bobby Evans haben im letzten Jahr Spielzeit bekommen, obwohl wir sie eigentlich noch ein Jahr als Backup entwickeln wollten. Wir haben ein gutes Gefühl, dass wenn wir die Spieler weiterentwickeln, wir eine solide Offensive Line haben werden."
Damit hat Snead durchaus Recht, draften sie doch neben Edwards und Evens Joseph Noteboom, Brian Allen und Austin Corbett zahlreiche O-Liner. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Noteboom und Allen bis zu ihrer Verletzung nicht überzeugen konnten. Beide wurden zu oft nach hinten geschoben, weswegen Quarterback Jared Goff nicht die benötigte Zeit bekam.
Bei aller berichtigten Kritik für die Picks oder der nicht gewählten Spieler hat Snead aber in der Defense mit Outside Linebacker Terrell Lewis, Safety Terrell Burgess und Inside Linebacker Clay Johnston drei gute Spieler für die Defense geholt. Zwar ist Lewis aufgrund seiner Verletzungshistorie ein Risiko, doch sollte er fit bleiben, halten ihn die Experten für einen Spieler, der zweistellige Sack-Zahlen auflegen kann.
Burgess hingegen ist ein vielseitiger Safety, der auch als Slot Cornerback aufgestellt werden kann. Er wird damit David Long Jr. Konkurrenz machen und den Rams ermöglichen, viel in Dime und "Big Nickel" Formationen zu spielen. Damit wird wahrscheinlich auch nur ein Inside Linebacker auf dem Feld stehen und das könnte Johnston werden, der sich sehr darüber freute, von den Rams gepickt zu werden.
Alles in allem bleibt es aber ein Draft, der mehr Fragen als Antworten gibt. Wie wird die Starting O-Line aussehen? Wird Darrell Henderson Starting Running Back oder Cam Ackers? Wer wird die neue Nummer 3 im Receiver Corps? Werden Kupp, Reynolds und Everett die Rams im nächsten Jahr verlassen? Und wer wird für der nächstbeste Pass Rusher hinter Aaron Donald sein? Antworten wird dafür wird es in naher Zukunft wohl nicht geben.
Sebastian Mühlenhof - 28.04.2020
Ist es Cooper Kupps letztes Jahr im Rams-Trikot? (© Getty Images)
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