Winston wird Backup

Noch ist nicht sicher, ob der Vertrag bereits unterschrieben ist, aber es fehlen wenn überhaupt nur noch kleine Details und dann wird Jameis Winston als Backup bei den New Orleans Saints offiziell vorgestellt.

Sicherlich hatte sich Winston mehr interessierte Teams und vor allem einen Platz als Starter vorgestellt. Das gab der Free Agent Markt aber nie her und womöglich auch aus gutem Grund: Vor ihm hatte nie ein anderer Quarterback in einer Spielzeit 30 Interceptions (und 33 Touchdowns) geschafft. Dazu kamen noch fünf Fumbles.

Den Starterplatz hätte er bei den Saints aber vorerst so oder so nicht bekommen. Drew Brees bleibt natürlich völlig zurecht die Nummer 1; dazu wurde der Vertrag von Quarterback Taysom Hill gleichzeitig um ein Jahr (und 16,3 Millionen Dollar) verlängert.

Jameis Winston, der Nummer 1 Pick des NFL Drafts 2015 der Tampa Bay Buccaneers hatte dort für die Dauer seines Rookievertrags (vier Jahre) plus die Option (ein fünftes Jahr) gespielt. Bereits von College (Florida State) war er mit sogenannten "roten Flaggen" gekommen: Ladendiebstahl und ein konkreter Vergewaltigungsvorwurf aus seiner Zeit bei der Florida State University hielten die Verantwortlichen der Buccaneers nicht davon ab, ihn an Position 1 zu draften. Sportlich verständlich, allerdings schlug 2018 auch noch das "erhöhte Sperrenrisiko" zu, als ihn die NFL nach einer sexuellen Belästigung einer Uber-Fahrerin für drei Saisonspiele sperrte. Die Tat (die nie angezeigt, sondern nur durch eine interne Beschwerde der Fahrerin bekanntgeworden war) hatte er lange bestritten, bevor er sich dann doch entschuldigte.

Darüber hätte wohl das ein oder andere Team sogar hinweggesehen, aber Winston leistete sich auf dem Platz viel zu viele Turnover: Trauriger Höhepunkt seiner sorglosen Spielweise waren die 33 Interceptions der vergangenen Saison, die zwischenzeitlich zum Running Gag wurden. Verständlich, dass die Buccaneers nach fünf Jahren nicht bereit waren, die ganz großen Summen für ihn auszupacken (und in Tom Brady quasi das Gegenteil von Winston nach Florida lockten).

Bei den Saints könnte Winston die Aufgabe übernehmen, die Teddy Bridgewater im Vorjahr (und zum Teil auch schon 2018) eingenommen hatte: Backup für Brees und im Bedarfsfall zuverlässig einspringen. Bridgewaters fünf Starts während Brees‘ verletzungsbedingter Abwesenheit wurden allesamt gewonnen (und das gegen zum Teil hochkarätige Gegner wie die Seahawks auswärts, Dallas und in Chicago) und so durfte sich Bridgewater jetzt über einen Drei-Jahres-Vertrag und 63 Millionen Dollar (von denen 33 auch garantiert sind) als Starter in Carolina freuen.

Perspektivisch könnte Winston sogar die Starterrolle in New Orleans bekommen: Drew Brees ist mittlerweile 41 Jahre alt und auch, wenn es wünschenswert wäre – ewig wird das nicht so weitergehen können.

In ein bis zwei Jahren wird auch hier der "bislang unbesiegte Vater Zeit" (um einen amerikanischen Footballspruch zu zitieren) die Oberhand behalten. Sollte sich Winston in seinem Jahr bewähren, so hätte er sicherlich nicht allzu schlechte Karten auf eine Nachfolge, wenn er bis dahin das System der Saints verinnerlicht hat. Und seine Interceptions abstellen kann.

Allerdings dürfte der Gedankengang von "Schweizer Taschenmesser" Taysom Hill ähnlich sein. Der hat zwar in drei Jahren in New Orleans noch nicht einen Touchdown in der Hauptrunde erworfen, zeigte abert im Vorjahr genug, um seine Ansprüche auch deutlich zu formulieren.

Sicher kann man sich auf jeden Fall sein, dass die Saints für nächste Spielzeit kaum besser auf der wichtigsten Position aufgestellt sein könnten.

Carsten Keller - 26.04.2020

Jameis Winston wechselt innerhalb der NFC South zu den Saints (© Getty Images)